Dienstag, 16. Dezember 2014

Kind frisst Geist – Über Pfingsten im Advent

1   "Komm Du Heiland aller Welt" vs. "Komm herab, o Heilger Geist"
Klar sind da Ähnlichkeiten: In adventlicher Vorfreude bitten Christen singend um das Kommen des Heilands und im nachösterlichen Rufen um den Beistand des Geistes.

Durch. Kanal, Neukölln, Berlin, 2014.
Die Geburt des Sohnes und die Ausgießung des Geistes – das Herabsteigen, die Kenosis Gottes vollzieht sich also in zweifacher Weise. Im Sohne wandelte er leibhaftig auf Erden, im Geist wirkt er durch die Menschen. Doch das dergestalt Ungreifbare und Hintergründige im Wirken des Geistes ist nicht ohne Weiteres auf den Punkt zu bringen – wohl einer der Gründe für die vielbeklagte Geistvergessenheit in der Westkirche.
Ein guter Grund, die Nähe Gottes im Sohn und im Geist immer wieder im Gebet zu erbitten.


2   Geisterfüllte Jungfrau vor und nach der Geburt?
Wie das wohl ging: Nachdem die vom Heiligen Geist überschattete Jungfrau geboren hatte, war sie sicher immer noch des Geistes voll – ein Theologe spricht darum auch vom "ersten Pfingsten"1. Aber ließen sich Broterwerb, Haushaltsführung, Gebetsleben und Kindererziehung damals so einfach unter einen heiligen Hut bringen? Sicher ließ sich manches auslagern, aber sollte das Jesuskind viel geschrien haben, fürchte ich aus eigener Erfahrung etwas um die Durchsetzungskraft des Gottesgeistes in der jungfräulichen Mutter.
Vielleicht kann Maria ja gerade hier Vorbild sein – als geduldige und liebevolle, resolute und geistvolle Frau.


3   Leerer Lehrer
Ich nehme nichts zurück: Doch allen Freudenbekundungen angesichts der Geburt meines Töchterchens zum Trotz gebe ich zu, dass das Leben nicht nur schöner, sondern auch schwieriger wird. Konzentration auf geistige Arbeit und Ruhe für Gebet und stille Zeit sind ein rares Gut in dieser Zeit. Aber da mein Advent dieses Jahr sowieso schon Angekommensein beim Kinde ist, feiere ich Weihnachten eben seit Oktober.
So hoffe ich einfach, dass ich des Geistes Ankunft nicht verpasse und versuche, wach zu bleiben.

Wildwuchs. Neukölln, Berlin, 2014.

1   J. Corbon. Liturgie aus dem Urquell. Einsiedeln 1981, 30.

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