Freitag, 31. Juli 2015

Ignatius und die Spiritualität der Art und Weise


Anfang Juli hat der Generalobere der Jesuiten, Adolfo Nicolás, bei einem Treffen von Ordensleuten in Taizé ein kurzes Referat gehalten, in dem er, der viele Jahrzehnte in Japan verbracht hat, die Weisheit Asiens würdigte und sie in Beziehung setzte zum Denken und zur Spiritualität des heiligen Ignatius.

Östliche und westliche Spiritualität. Ujazdów,
Warschau, 2015.
Die christlichen Missionare legten, so stellte er dar, bei ihrer Tätigkeit lange Zeit viel Nachdruck auf die Wahrheit des Christentums, getreu der Aussage Jesu im Johannesevangelium, dass Er selbst die Wahrheit sei. Es zeigte sich aber, dass die weisheitlichen Traditionen Asiens besser Jesus als den Weg verstünden.

Dies sei nun eine Schnittstelle zur ignatianischen Spiritualität – ohne dass hier ein Gegensatz zwischen „Weg“ und „Wahrheit“ aufgebaut werden soll, immerhin haben Jesuiten über Jahrhunderte auch in Deutschland kräftig für die Wahrheit der katholischen Kirche gestritten.
Ignatius ging es jedoch zuerst, so Nicolás, um die Vermittlung eines Weges, um ein „how to“.

Auf die Art und Weise, wie etwas zu tun sei, zu achten und dementsprechend vorzugehen, ist ein Schlüssel zum ignatianischen Denken. Bekannt geworden sind besonders die ignatianischen Regeln zur Unterscheidung der Geister, mit denen die inneren Regungen erkannt und eingeordnet werden können. Auch das Exerzitienbuch ist ja als ganzes ein Werkbuch und eine Anleitung zum Gebet und zur Ordnung des eigenen Lebens.
In seinen Briefen an die in die Welt verstreuten Mitbrüder gibt Ignatius vielerlei Hinweise dazu, wie bestimmte Dinge zu tun seien – zugleich lässt er aber auch die Freiheit, anders zu entscheiden, wenn die Umstände anders sind.
Für Entscheidungen legt er als ein Kriterium vor, ob die entscheidende Person die Art und Weise, wie entschieden wurde, auch auf dem Sterbebett noch guten Gewissens bejahen könnte.
Drei nicht-ignatianische Haltungen und ein Pferd.
Lazienki Królewskie, Warschau, 2015.

Zurück zu den Ausführungen von Adolfo Nicolás: Damit eine solche gute Entscheidung möglich wird, braucht es seiner Meinung nach innere Freiheit – und die werde erlangt durch Konversion, also durch eine erneute Hinwendung zu Gott. Erst wenn sich das Unbewusste, also die menschliche Intuition „bekehrt“ hat – und damit die innerste Haltung, mit der „automatisch“ entschieden, gehandelt und mit Gott kommuniziert wird, dann ist Freiheit möglich. 
Ignatius betont in diesem Zusammenhang die „ungeordneten Anhänglichkeiten“ mit denen Menschen etwas ersehnen. Solange diese Abhängigkeiten herrschen, gibt es keine Freiheit.

Wenn wir aber, so Nicolás weiter, mit dem Tiefsten in uns in Kontakt kommen und es annehmen können, dann ist Freiheit möglich. Dazu wollte Ignatius eine Methode vermitteln. Wer mit Hilfe dieser Methode vorangeht, wird sich selbst vor Gott und den Menschen besser verstehen können und dementsprechend handeln.