Dienstag, 5. Januar 2016

Krippe mit Mauer und Pyramide ohne Mitte - Heilige Drei Könige

Seit 2013 begleitet mich die abgebildete Krippe, die ich von einer Reise ins Heilige Land mitgebracht habe und die mir immer wieder zu denken gibt.

Krippe mit Mauer.
1. Die Kommenden
Im Osten packt es ein paar Leute. Wir erfahren aus den Quellen nicht, wie viele es waren, wir wissen nicht, was genau sie sich erhofften. Aber es hat sie motiviert, sich aus dem Eigenen zu erheben und den Zeichen nachzugehen in der Hoffnung auf etwas Heiles. Bis sie gestoppt werden und nicht weiterkommen.
Diese Beschreibung würde sowohl auf die DDR-Flüchtlinge wie auch auf die heutigen Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak zutreffen.
Und eben auch auf die so genannten Drei Heiligen Könige. 

Diese aber werden nicht aufgehalten von des Herodes Angst und Hass, sondern reisen weiter, nachdem sie mit dem Herrscher und seinen Beratern Informationen ausgetauscht haben.

Theologisch bedeutet es, dass sich aus der Ferne die Nichtjuden aufmachen, um den fremden Gott zu verehren. Menschen von außerhalb zeigen auf diese Weise denen, die "drinnen" sind, hier den Juden im Lande Israel, was wirklich wichtig ist. Möglicherweise lässt sich hier auch von den Flüchtlingen lernen, die uns aus unserer Bequemlichkeit reißen und uns auf unsere "christlichen" Werte stoßen.

Ein Fazit lautet also: Die Kommenden können die Sitzenden bescheren.
Das andere dagegen: Zur Gemeinschaft mit Jesus sind alle berufen; die ersten Christen bezeugen nicht umsonst von Gott, "dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist." (Apg 10,35)

2. Das Hindernis
Was hindert Menschen, zur Krippe zu kommen?
Der politische Kontext, in dem ich die Krippe erstanden habe, spricht zunächst für sich: Die Trennungsmauer vor Bethlehem schließt nicht nur Terroristen, sondern alle muslimischen wie christlichen Palästinenser vom Kontakt mit Israel aus - genauso wie Touristen und Pilger es schwerer haben, nach Bethlehem zu gelangen. Die politischen Gründe für den Mauerbau und ihre beabsichtigten oder unbeabsichtigten Folgen für die Zivilbevölkerung bilden einen Hexenkessel an Vorwürfen, Anschuldigungen und Gewalt.

Weiter gedacht – wer kann nicht zur Gemeinschaft mit Christus kommen, aufgrund welcher Mauern auch immer? Schließen Angehörige anderer Religionen sich selbst aus, wenn sie kein Bekenntnis zum "eingeborenen Sohn Gottes" ablegen? Schließen kirchliche Hierarchen Menschen mit gebrochenen Lebensentwürfen aus oder solche, die von sexualethischen Normen abweichen, besonders Homosexuelle?
Schließe ich mich selbst von der Gemeinschaft mit Jesus Christus aus und errichte Mauern, wenn ich nicht meines Herzens Tore und Türen weit und hoch mache?

In theologischer Perspektive muss gesagt werden, dass wir von uns aus nicht fähig sind, zu Gott zu gelangen. Diese grundsätzliche Mauer ist da. Aber durch die Geburt im Stall, durch die Krippe, durch die Verkündigung an die Ärmsten weit draußen, die Hirten, kam Gott herunter zu uns und bricht seinerseits alles weg, was im Wege steht.
Nur von Seiten der Menschen errichten wir in unserer Hartherzigkeit und Kaltschnäuzigkeit immer wieder Mauern zwischen uns und ihm und zwischen uns Menschen.

3. Das Ziel
Die sternkundigen Weisen finden statt des gesuchten Königs – ein Arme-Leute-Kind in einem Stall an der Peripherie der Macht. Von Enttäuschung steht nichts geschrieben, aber wer weiß, wie es ihnen damit ging, den erwarteteten König ausgerechnet so zu sehen.
Was Flüchtende heute Erwartbares oder Enttäuschendes in unserem Lande vorfinden, sehen wir gerade mit eigenen Augen. 

Pyramide ohne Mitte.
Was allerdings der Großteil der deutschen Bevölkerung an Weihnachten findet, weiß ich nicht so recht. Mir kommt es oft so vor, als sei es ein Rennen um eine leere Mitte, als wäre da nichts, was den Menschen einen Halt geben könnte, so dass sie sofort zum nächsten verkaufsoffenen Sonntag (jedenfalls in Berlin) in die Läden laufen und weiter konsumieren müssen. 
Auch für diesen Eindruck findet sich zugegebenermaßen in meinem Haushalt ein Objekt, das nebenan zu sehen ist. Rasende Pyramidenfiguren und eine schöne Kulisse – allein Jesus fehlt.
Es ist ein wenig wie die Berichterstattung der Nachrichtenanstalten über die Festtagspredigten – immer wird zu Frieden und Solidarität aufgerufen, so als würde der Grund unseres Friedens dort nie erwähnt, als wäre Weihnachten tatsächlich nur ein familienseliges Lichterfest ohne näher bestimmbaren Inhalt.

Das schließlich sollten wir als Christen wieder mehr im Munde führen: nicht nur die allgemeinverständlich und human klingenden Floskeln von Nächstenliebe und Friedensverantwortung. Sondern die unterscheidend christliche Botschaft, dass Gott uns sein Leben anbietet – denn in Jesus Christus will er uns "Leben in Fülle" schenken (Joh 10,10).

Dieses sein eigenes Leben bietet er allen Menschen an, woher auch immer sie kommen und welche Hindernisse zwischen ihnen und seiner Liebe auch noch stehen mögen.
Er selbst will unser Ziel, unser Leben, unser Mauerbrecher, unser Aufbruch sein.