Samstag, 28. Februar 2015

Wochenostern!

Wenn ich meine Schülerinnen und Schüler frage, warum an den Sonntagen in der Fastenzeit nicht gefastet wird, ist meist nicht bekannt, dass oder gar warum das so ist. Auch Erwachsene halten das "Fastenbrechen" am Sonntag oft für inkonsequent oder eine fast schon unmoralische Erleichterung – wenn sie fasten, möchten sie ihr Experiment lieber ununterbrochen "durchziehen".
Dabei hat die Fastenzeit offiziell 40 Tage und wer vom Aschermittwoch ab rechnet, wird feststellen, dass es bis Ostern 46 Tage sind, die sechs Fastensonntage also nicht als Fasttage mitgezählt werden.
Warum aber wird sonntags nicht gefastet?

Donnerstag, 26. Februar 2015

Was ist normal? - Kulturkritik im Roman "Herr Jensen steigt aus" von Jakob Hein

Der alleinstehende Herr Jensen steckt nach seiner Entlassung in einer Lebenskrise. Zum einen hat er sein Studium nicht abgeschlossen, da er sich nach und nach immer mehr auf seinen ursprünglich zur Finanzierung des Studiums begonnenen Job als Postbote konzentrierte und nun ohne Ausbildung oder Beruf da steht, zum anderen, weil ihm nur wegen seiner langanhaltenden Tätigkeit gekündigt wird, und er fest übernommen werden müsste, was sich die Firma nicht leisten kann. Dergestalt vom Arbeitsmarkt ausgespuckt beginnt er, wie viele Menschen mit seinem Schicksal, exzessiv fernzusehen. Nach und nach durchsucht der pedantische und ordnungsliebende Einzelgänger das Fernsehprogramm nach einem versteckten Sinn, zeichnet auf, vergleicht, notiert, führt Listen. Plötzlich kommt ihm die Erkenntnis:

Sonntag, 22. Februar 2015

Seine Einstellung ändern - Ein Übersetzungsreigen zu Mk 1,15

Am Ersten Sonntag der Fastenzeit wird Jesu erstes Wort nach dem Markusevangelium vorgetragen (Mk 1,15).
Es ist die Zusammenfassung seiner ganzen Heilsbotschaft für die Menschen – und sie wird, je nach Übersetzung, in sehr unterschiedlichen Worten verdeutscht.

Samstag, 21. Februar 2015

"Gott gottungleich" bei Jan Twardowski - Über Distanzlosigkeit

Die beginnende Fasten- oder Passionszeit stellt Jesu leidende Menschlichkeit in den Mittelpunkt des liturgischen Gedenkens. Als ganz auf der Seite der Menschen Stehender nimmt er jede Distanz zwischen Gott und seinen Geschöpfen fort.
Aber kommt Gott so auch heute noch an? Macht die Distanzlosigkeit Gottes ihn in Jesus nicht verletzbar, zum Beispiel durch religiöse Satire und ihre ganz anders geartete Distanzlosigkeit?

Mittwoch, 18. Februar 2015

Sich selbst fasten - Über ein Gedicht von Andreas Knapp

Sich selbst fasten - so ließe sich das Gedicht auch überschreiben, das Andreas Knapp mit "Fasten"1 betitelt. Dabei geht es wiederum nicht in erster Linie um Fasten als Spaßbremse oder vornehmlich darum, die Fastenzeit als "Sieben Wochen ohne" irgendetwas zu leben, sondern um eine Neufokussierung. 

Das Thema des Gedichtes und der Fastenzeit lautet damit: Weg von der eigenen einsamen Enge hinein in die Weite Gottes! Mit Jesus von der Selbstbezogenheit zur Freigiebigkeit

Samstag, 14. Februar 2015

"Werde rein!" - Oblationstheorie im Vollzug

So wie Jesus den Aussätzigen im heutigen Evangelium (Mk 1,40-45) heilt und ihn mit dem Satz "Ich will es – werde rein!" (v41) in die soziale und kultische Gemeinschaft zurückführt, so feiern die Christen Sonntag für Sonntag ihr heilendes Eintreten in die Versammlung um den Tisch des Herrn.

So wie in der Eucharistiefeier die Gaben zum Altar gebracht werden, so bringen auch die Gläubigen sich dorthin. Denn mit Brot und Wein bringen sie ihre ganze Welt zu Gott hin, wie schon an den vorhergehenden Bitten deutlich wird.

Mittwoch, 11. Februar 2015

Kühlschränke sehen, Zukunft denken

Eine Gesellschaft, die mit der Institution Kühlschrank sowie den Werten und Prinzipien dieser weißen Riesen zunehmend weniger anzufangen weiß, benötigt vor allem zwei Dinge: Einmal eine Antwort darauf, wie die Sehnsucht nach Kühle und (neudeutsch) Coolness in der postinstitutionellen Ära befriedigt werden kann. Und zum anderen intelligente Umnutzungskonzepte für die nun nicht mehr gebrauchten alten Modelle mit ihrer spezifischen Aura und den darin liegenden Möglichkeiten.
Zur ersten Frage einige grundsätzliche Thesen, zur zweiten eine repräsentative Bilderreihe aus der Region.

Samstag, 7. Februar 2015

Durch ihn und mit ihm und in ihm

Eine liturgische Formel, die ich immer schon faszinierend finde, ist die Große Doxologie am Ende des Eucharistischen Hochgebets. Nach der Erinnerung an die Heilstaten Gottes in der Geschichte, nach der Einreihung in die weltumfassende Christenheit, nach der Vergegenwärtigung der himmlischen Kirche und nach der Hoffnungsbitte für die Verstorbenen, wenn also alle und alles im Geiste vor Gott gebracht wurde, dann spricht der Priester als dankenden Abschluss all dessen im Blick auf Jesus Christus:

Dienstag, 3. Februar 2015

Evangelische Gedanken zum kirchlichen Einheitsamt von Wolfhart Pannenberg

Nachdem ich schon zwei Mal fremde und eigene Gedanken zum Thema eines Papstamtes an dieser Stelle präsentierte, fielen mir gerade einige "Thesen zur Theologie der Kirche"1 des jüngst verstorbenen evangelischen Systematikers Wolfhart Pannenberg zu dieser Frage in die Hände, die ich kurz vorstellen will.

Zunächst kamen hier Papst Johannes Paul II. und Papst Franziskus sowie die Ökumenische Forschungsgruppe von Farfa Sabina zu Wort, später traten einige Gedanken von Frère Roger und dem orthodox-katholischen Dialogdokument von 2007 hinzu, nun also folgt ein dritter Anlauf aus evangelischer Sicht.

Samstag, 31. Januar 2015

"Wovon sollen wir träumen?" - Frida Gold und die Dämonen

Wenn es um Religiöses in der zeitgenössischen Popmusik geht, ist man gut beraten, genau hinzuschauen. Denn nicht überall will es sich so leicht zu erkennen geben wie bei Herbert Grönemeyers kritischem "Stück vom Himmel" oder im neulich hier betrachteten "OMG!" von Marteria.
Gerade in Frida Golds Hit "Wovon sollen wir träumen" werden am laufenden Band religiöse Themen angestoßen und existenzielle Fragen aufgerissen, die in ihrer Aktualität doch religiöse Erfahrungen schon der ältesten Zeiten reflektieren – auch wenn sie sich zunächst hinter der klagenden Beschreibung der typischen Lebensweise vieler junger Leute in Berlin und anderswo verbergen.

Dienstag, 27. Januar 2015

Jakob Wassermann - Es ist vergeblich

Bundespräsident Gauck hat ihn heute in seiner Rede während der Gedenkstunde des Bundestages für die Opfer des Nationalsozialismus erwähnt – Jakob Wassermann, den großen Erzähler, den meisten nur durch den Caspar Hauser bekannt.
Beim Zitat des Bundespräsidenten fielen mir die folgenden Zeilen aus dem autobiographischen Buch Wassermanns "Mein Weg als Deutscher und Jude" ein, das ich vor einigen Jahren mit großem Interesse gelesen habe – und das mit einem gewaltigen Klage-Monolog schließt.
Die Resignation und Enttäuschung des deutschen Juden muss beim Abfassen 1921 schon gewaltig gewesen sein.

Sonntag, 25. Januar 2015

Ausrottung und Würde – Gedanken zum Holocaust und seinen Opfern

Die Zeitungen sind voll von diesem Thema, jetzt, da sich der Tag der Befreiung von Auschwitz zum siebzigsten Mal jährt und nur wenige Zeitzeugen noch leben. In mir kommen eine Menge Gedanken wieder, vor allem wenn ich auf mein Jahr Freiwilligendienst mit ehemaligen Häftlingen in der Westukraine vor 13 Jahren zurück schaue – und darauf, wie ich seitdem von diesen Erfahrungen geprägt bin.

Samstag, 17. Januar 2015

Zugehörigkeit? - Gedanken über "The Homesman"

Dies ist ein sehr drastischer Film. Nicht in erster Linie wegen der vielen intensiven Szenen voll körperlicher und seelischer Versehrtheit. Sondern mehr noch wegen der moralischen und philosophischen Fragen, die er aufwirft.

Montag, 12. Januar 2015

Sonnenfinsternis oder Universalismus? Was der Gewalt folgt

Der erste Schock nach den grausigen Taten der islamistischen Terroristen in Frankreich ist gerade vorbei. Sicherheitsmaßnahmen und öffentliche Trauer bestimmen das mediale Bild. Zugleich versuchen der Front National und die deutschen Pegidisten, die Angst auf ihre islamophoben Mühlen zu leiten, während andere dem interreligiösen Dialog und sozialer Einhegung das Wort reden.
Doch was folgt aus diesem Exzess der Gewalt, wenn man von politischen Reden, polizeilichen Vorsichtsmaßnahmen und religionsdialogischen Absichten absieht? Einige unspezifische Gedanken.

Dienstag, 6. Januar 2015

Ausrasten vor Freude – Ein Übersetzungsreigen zu Matthäus 2,10

Es ist, wie es immer war: Aus dem Morgenland kommen Leute, die den Eingesessenen Angst machen. Der sich andeutende Statusverlust gebiert Panik (vgl. Mt 2,3f.16).