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Mittwoch, 23. Juli 2025

"Alles hat seine Zeit!" - Semesterabschlussgottesdienst in der Ausstellung "Wo liegt eigentlich dieses Ostdeutschland?"

 Biblischer Text für den Semesterschlussgottesdienst in der Ausstellung „Wo liegt eigentlich dieses Ostdeutschland?“ in der Friedenskirche Frankfurt (Oder):

Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: eine Zeit zum Gebären / und eine Zeit zum Sterben, / eine Zeit zum Pflanzen / und eine Zeit zum Ausreißen der Pflanzen, eine Zeit zum Töten / und eine Zeit zum Heilen, / eine Zeit zum Niederreißen / und eine Zeit zum Bauen, eine Zeit zum Weinen / und eine Zeit zum Lachen, / eine Zeit für die Klage / und eine Zeit für den Tanz; eine Zeit zum Steinewerfen / und eine Zeit zum Steinesammeln, / eine Zeit zum Umarmen / und eine Zeit, die Umarmung zu lösen, eine Zeit zum Suchen / und eine Zeit zum Verlieren, / eine Zeit zum Behalten/ und eine Zeit zum Wegwerfen, eine Zeit zum Zerreißen/ und eine Zeit zum Zusammennähen, / eine Zeit zum Schweigen / und eine Zeit zum Reden, eine Zeit zum Lieben / und eine Zeit zum Hassen, / eine Zeit für den Krieg / und eine Zeit für den Frieden. (Koh 3,1-8)

 

Oliver Barth, "Mein letzter Arbeitstag" in 
"Wo liegt eigentlich dieses Ostdeutschland?" in 
der Friedenskirche Frankfurt (Oder).
Alles hat seine Zeit!

Wir haben diesen biblischen Text gehört und uns dafür heute vor dieses Bild von Oliver Barth gesetzt.

Mein letzter Arbeitstag“ – für Studierende wirkt das vielleicht erst mal nicht passend, weil der Einstieg ins Erwerbsleben in der Regel erst noch bevorsteht.

Aber bevor wir uns inhaltlich mit dem Titel und seiner Botschaft auseinandersetzen, schauen wir das Bild zunächst genauer an: Es ist mehrfach aufgeteilt. Oben und unten große Farbflächen. Orange, braun und rot bestimmen das Farbspektrum. Rechts und links vom Zentrum verschiedene Anzeigen, Knöpfe und Regler auf wüstem Grund, auch Fotos und Schilder mischen sich darunter. Und in der Mitte: ein Maschendrahtzaun, der scheinbar geöffnet wurde und den Blick freigibt auf eine trockene Landschaft. In die Ferne ziehen sich Risse im Erdboden. Über allem ein dunkler Himmel, in dem steht: „Mein letzter Arbeitstag“.

Angewendet auf unser Thema wirkt es, als wäre außen eine Zeit für Arbeiten – und in der Mitte eine Zeit für… ja für was eigentlich?

Ist es Freiheit? Ungewissheit? Eine Zukunft ohne Zäune und Grenzen?

Zum Verstehen des Bildes ist sicher wichtig zu wissen, welcher Kontext dahinter steht: Es geht in diesen Bildern und in der Ausstellung um Ostdeutschland. Und deshalb sind Erfahrungen und Geschichten ostdeutscher letzter Arbeitstage in dieses Bild eingeflossen.

Es zeichnet ein eher trübes Bild vom Leben nach der Erwerbsarbeit – denn in Ostdeutschland bedeutete das in den 90er Jahren in erster Linie Massenentlassungen. Aus den Betrieben, die neben der Erwerbsarbeit auch ein soziales Umfeld schufen und viel von den Möglichkeiten und Grenzen in der Freizeit prägten, aus diesen Betrieben, aus Kollektiven und Gruppen wurden viele hinaus entlassen. Und standen nun, in der Zeit der offenen innerdeutschen Grenzen und dann des vereinten Deutschland vor einer unklaren Situation. Anders als erhofft, kam es nicht sofort zu blühenden Landschaften, vielmehr traten Brache und Ödnis im Kontrast zum neuen Westen erst jetzt richtig krass hervor.

Eine Zeit zum Arbeiten – und eine Zeit, um entlassen zu werden.
Eine Zeit der offenen Grenzen – und eine Zeit der Orientierungslosigkeit.“

So könnte der Kontext Ostdeutschland das Bild erhellen.

Ich möchte jetzt aber noch einen weiteren, allgemeineren Blick wagen: Was heißt es, drinnen zu sein – und was, draußen?

Auch hier ist das Kunstwerk interessant: Wir befinden uns in einem Kirchenraum, in dem ein Bild einen Blick nach außen darstellt. Aber eben nicht den Blick auf ein Außen vor der Kirche oder in Frankfurt, sondern auf ein imaginiertes Außen irgendwo und nirgends.

Soweit, so normal. Das ist ja eine der Aufgaben von Kunst – zeigen, was nicht ist oder was sein könnte.

Für mich schließen sich daran einige Fragen an, die über das Bild hinausgehen:

1. Welches Außen zeigen wir als Kirchen in unserer Verkündigung?

Ist es die „böse Welt“, das fremde Außen, mit dem wir am liebsten nichts zu tun haben wollen? Ist es das Bild einer feindlichen Welt, vielleicht wüst und karg, weil hier im Osten das Christentum nicht mehr blüht?

Oder ist es das Bild von Gottes guter Schöpfung, die zu gestalten wir berufen sind, eine Welt, in der Spannungen dazugehören, die aber unser Zuhause ist und an deren Schönheit wir uns freuen können?

Eine Zeit der bösen Welt – und eine Zeit der guten Schöpfung Gottes“ – in welcher Zeit des Blicks nach draußen befinden wir uns gerade?

Natürlich gibt es auch hier eine gewisse Vielfalt, je nach Mentalität und Erfahrungen.

Ausstellungsansicht 
"Wo liegt eigentlich dieses Ostdeutschland?"
2. Und wenn wir unsere inneren Augen öffnen – das Studium, die Lage der Welt, die eigenen Pläne, Freunde und Familie…

Sehe ich dann vielleicht eher eines der farbenfroheren Bilder von Anja Beeken vor mir – oder doch die Wüste?

Welche Zeit ist in mir? Sind die Zäune schon durchbrochen – oder hänge ich noch an den Maschinen mit ihren Anzeigen und Reglern?

3. Und, weil wir ja in einem Gottesdienst die ganz grundsätzlichen Fragen angehen können:

Was ist dieses Draußen? Bin ich als Mensch wirklich im Gegenüber zum Draußen – oder gehöre ich nicht vielmehr an die frische Luft, in den Wald, ins Wasser?

Mit einem nicht wirklich berechenbaren Körper (und vom Geist ganz zu schweigen), bin ich selbst Teil des wilden Draußen, bin Natur und nicht eingehegt. Und nur teilweise ein „Innen“, das mir meine Kultur oder mein Verstand oder meine Kleidung manchmal nahelegen.

Mich inspiriert gerade ein Buch, das „Wilde Kirche“ heißt. Darin erzählt der Autor Jan Frerichs von seinen Erfahrungen mit sich selbst und der Natur – und mit Gott, den er ganz neu kennenlernt. Denn ohne die oft etwas verkopften Vorstellungen vom Glauben geht es ihm auch darum, dass wir (ähnlich wie ich es gerade beschrieben habe) uns selbst als Teil eines Ganzen wahrnehmen. Als Teil der Welt und als jene, die von Anfang an in der Wildnis Gott begegnen können. So wie es in der Bibel oft berichtet wird – Gott in der Wüste, auf einem Berg, in der Einsamkeit.

Wenn ich auf das Bild schaue, dann ist das Draußen nicht sehr einladend.
Aber vielleicht sind meine Augen auch vorgeprägt. Vielleicht sehen meine Augen ein Draußen, das stark von meinem Drinnen-Blick geprägt ist. Also von einem Blick, der ordnet und sortiert und vielleicht lieber auf Nummer Sicher geht.

Und wenn wir weiter über das Bild hinausgehen, dann stellt sich natürlich die Frage, wie ich drauf bin. Wie ich jetzt gerade bin. Wie ich in mich und auf Gott und auf die Welt um mich herum schaue.
Oder um mit dem Thema des Gottesdienstes zu sagen:

Alles hat seine Zeit – eine Zeit für drinnen und eine Zeit für draußen.“

Und wenn Drinnen für das Menschengemachte steht, für die den Fokus auf eine Hierarchie, auf eine geordnete Glaubensvermittlung durch Katechese und Glaubenskurse, dann ist das Draußen die eigene Erfahrung.

In diesem Drinnen haben wir ja sehr lang gelebt als Menschen, als Gläubige.

Mit Heiligen Schriften, mit Tempeln und Kirchen, mit Riten und Feiern – und die können uns auch wirklich helfen.

Aber schon mein Atem kann mich zu Gott führen – in mir und außerhalb, unsichtbar und belebend, immer in Bewegung.

Auch die Natur ist eine Spur Gottes – mit dem Blick über den Nebel der Oder an einem Herbstmorgen, mit den überwältigenden Ausblicken von Berggipfeln, mit dem unendlichen Kommen und Gehen der Wellen am Strand.

Nicht umsonst ist in der Bibel die Rede von Abraham, Mose, Elija, ja auch von Jesus, die Gott begegnen in der Wildnis – in der Wüste, auf Bergen, an Gewässern.

Die Wüste auf dem Werk von Oliver Barth scheint keine Verheißungskraft zu haben. Und das ist verständlich, wenn wir die ostdeutschen Erfahrungen im Hinterkopf haben. Aber mit der Erfahrung der Menschen aus den biblischen (und vielen anderen religiösen) Traditionen lässt sich sagen, auch in der Wüste gibt es:

Eine Zeit, in wüster Verzweiflung Gottes Spuren zu entdecken – und eine Zeit in großer Weite Hoffnung zu schöpfen.“

Und ganz allgemein: Wir können beide Wege nutzen – Gott zeigt sich uns in der Verkündigung der Kirche (hoffentlich) genauso gut wie in dem „bestirnten Himmel über mir“, von dem Immanuel Kant mit „Bewunderung und Ehrfurcht“ sprach.

Aber wer entscheidet, für was es jetzt Zeit ist – für mich – für dich?

Das müssen wir wohl selbst tun – und können darauf vertrauen, dass Gott unsere Bitte hört, wenn wir dabei Orientierung suchen.

 

Infos zum Ausstellungsprojekt: Wo liegt eigentlich dieses Ostdeutschland?

Träger: Oecumenisches Europa-Centrum Frankfurt (Oder) e.V.

Freitag, 6. Oktober 2023

SORRY in FFO. Ansprache bei der Finissage

Herzlich willkommen – und vielen Dank, dass ihr heute Abend hierhergekommen seid!

Besonderen Dank für die Performance als Auftakt!

Ich werde ein wenig stichprobenartig auf verschiedene Ebenen von SORRY in Frankfurt (Oder) schauen.

Die Performance hat die Vielfalt unserer Veranstaltungen rund um SORRY angerissen:Denn es gab in diesem Sommer sehr viele unterschiedliche Aktionen, die wir hier erleben und gestalten konnten:

Hier wurde gesungen und musiziert – auf polnisch, deutsch und ukrainisch.
Hier wurde gemalt und geschrieben bei einem Workshop für die Oder.
Es wurden Texte auf belarussisch deklamiert.

Donnerstag, 13. Juli 2023

Sorry, not Sorry - Predigt zum Semesterabschlussgottesdienst

Um Entschuldigung bitten, bereuen, sich versöhnen – das sind Grundmotive, die dem Christentum schon seit seinem Ursprung innewohnen. Denn vieles kreist darum, wie die Beziehung zwischen Mensch und Gott wieder in Ordnung gebracht werden kann.

Tun wir Menschen das dadurch, dass wir uns an die Regeln halten, die Gott aufgestellt hat? Müssen wir Opfer bringen, wenn es nicht klappt? Droht uns harte Strafe, wenn es nicht zur Versöhnung kommt?

Dienstag, 4. Juli 2023

SORRY in Frankfurt (Oder) - Über innere Widersprüche und die Kirche in der Welt

 (Dieser Text erschien zuerst auf www.feinschwarz.net)


Am Ufer der Oder, direkt neben der Brücke, die Polen mit Deutschland verbindet, steht in diesem Sommer eine massive Mauer, verschlungen und labyrinthisch anmutend. Drei Meter hoch und oben mit Glas bestückt, wirkt sie wie eine Erinnerung an die Zeiten, als sich durch Europa und durch Deutschland noch sichtbare Grenzen zogen.

Ihre eigentliche Wirkung entfaltet die Mauer jedoch, wenn man sie von oben betrachtet, denn dann zeigt sich, dass die Mauern das Wort „SORRY“ formen.

Dienstag, 13. Juni 2023

Unruhe - Gastpredigt in der KSG Berlin

(Hörversion hier: https://ksg-berlin.de/into-the-unknown-2-unruhe/)

Was würde besser zum Semesterthema „into the unknown“ passen als Unruhe – Unruhe als Unsicherheit vor dem Unbekannten, in das wir unterwegs sind.

Als ich mich mit dem Thema Unruhe zur heutigen Predigt gemeldet habe, wusste ich nicht, was genau für eine Unruhe mich noch packen wird. Denn es gibt ja die verschiedensten Formen von Unruhe. Ich erzähle euch von einer.

Gerade arbeite ich an der Umsetzung eines größeren Projektes, bei dem wir eine sehr große Betonskulptur der polnischen Künstlerin Joanna Rajkowska aus Warschau nach Frankfurt an die Oder holen wollen. Dann soll mit verschiedenen Veranstaltungen ein breites Feld an Themen rund um die Skulptur aufgerissen werden, zusammen mit studentischen Initiativen, Lehrpersonen und anderen.
Weil die Skulptur schon ab morgen in Warschau abgebaut wird und wir bis Mitte dieser Woche noch keinen offiziellen Leihvertrag hatten und sich mit Versicherungen, Genehmigungen und Transportfirmen noch eine ganze Reihe unserer Probleme türmten, waren meine Tage bis Fronleichnam sehr unruhig.

Donnerstag, 23. Dezember 2021

Erlöst er uns? Maria kurz vor der Niederkunft

„Jetzt wird’s langsam wirklich eng. Ich habe das Gefühl, mein Bauch könnte jeden Moment platzen.

Immerhin haben wir es schon nach Jerusalem geschafft.
Aber diese Stadt ist echt anstrengend – zum Glück müssen wir nicht hier zur Zählung aufs Amt.
Allein die hohen Häuser sind ja eine Zumutung! Und dann die Leute! Ohne Rücksicht rennen die hier durch und rempeln sich durch den Tag!

Samstag, 16. Januar 2021

Großzügigkeit zulassen. Ein Radiowort

In dieser Woche wird täglich ein kurzes Wort für den Tag auf rbb Antenne Brandenburg (9:10 Uhr), rbb Kultur (6:45 Uhr) und rbb 88.8 (5:55 Uhr) von mir gesendet.
Hier der Text des letzten Wortes:

Mittwoch, 1. Juli 2020

„Schreibt über das, was ihr seht.“ Urlaubslektüre und -impressionen

Meine aktuelle Urlaubslektüre „Der Freund“ von Sigrid Nunez ist ein Buch, in dem die Ich-Erzählerin zu ihrem verstorbenen besten Freund spricht. Verstorben ist allerdings sehr verkürzt ausgedrückt - der ehemalige Schreibdozent hat sich umgebracht. Nun versucht sie, angemessen Abschied zu nehmen. Auch, indem sie sich an seine Prämissen beim Schreiben erinnert.

Eine dieser Prämissen hat es mir besonders angetan - vielleicht auch deshalb, weil sie auf meinem Blog zu wenig vorkommt.

Statt über das zu schreiben, was ihr wisst, hast du zu uns gesagt, schreibt über das, was ihr seht. Geht davon aus, dass ihr sehr wenig wisst und nie viel wissen werdet, außer ihr lernt, zu sehen.“1

Das ist leichter gesagt als getan.

Donnerstag, 4. Juni 2020

Das Kreuz auf dem Schloss mit der Schrift. Eine Berliner Farce

Wäre es nicht so bitter, so müsste man es als wirre Komödie ansehen.
Da wird mit ungeheurem Aufwand und nach vielerlei Diskussionen in der bundesdeutschen Politik ein neues Schloss nach altem Maß ins Herz Berlins gesetzt. Die Wierderherstellung des zerstörten Baus von Andreas Schlüter aus der Zeit der preußischen Könige soll mit seinen Ausstellungen und Aktionen fortan für Berlins Aufgeschlossenheit und Multikulturalität stehen.
Schon hier verbergen sich eine Reihe ungelöster Fragen und Probleme zwischen dem architektonisch manifestierten Anspruch der deutschen Monarchen und dem heutigen Wunsch, sich als Wegbereiter von Weltoffenheit und Toleranz zu präsentieren.

Mittwoch, 1. Januar 2020

Erhebet die Herzen. Eucharistie am Jahresanfang 

Ich liebe es, das Jahr mit einer Eucharistiefeier zu beginnen. Die Haltungen des Hörens, Betens, Singens, Kniens, Empfangens sollen mein Jahr prägen.

Heute war ich besonders berührt, als von Versöhnung und Frieden die Rede war. Aber auch die liturgischen Dialoge haben mich angesprochen: Priester und Gemeinde sagen sich am Beginn des eucharistischen Hochgebets gegenseitig Gottes Gegenwart zu. Dann fordert der Priester die Versammelten auf: „Erhebet die Herzen!“ und alle antworten: „Wir haben sie beim Herrn.

Nur gelingt das recht selten.

Dienstag, 20. August 2019

Das Medium der Differenz: Monotheismus als Medienrevolution in "Corpora" von Eckhard Nordhofen.

Mit seinem Buch "Corpora. Die anarchische Kraft des Monotheismus" ist Eckhard Nordhofen ein großer Wurf gelungen.
Die Herausbildung der monotheistischen Religion in Israel führt er zurück auf eine "Medienrevolution": anstatt Götterbilder herzustellen und anzubeten, bezieht sich das kleine Volk Israel auf eine Heilige Schrift.
Den Grund dafür sieht Nordhofen in einer neuartigen Gottesvorstellung.

Dienstag, 2. Juli 2019

Ja, ich höre dich. Betrachtung zu einem Kreuz in Stella Maris, Zinnowitz 

Wer betet, hofft gehört zu werden. Auch wir Christen sind überzeugt, dass Gott die Anliegen der Gläubigen hört und erhört.

In der Kirche Stella Maris, die zum St. Otto-Heim in Zinnowitz gehört, hängt eine Darstellung des Gekreuzigten, die das wunderbar ins Bild setzt und deutlich macht.

Ein gotischer Christus hängt leidend an einem zeitgenössisch schlichten Kreuz. Sein Körper ist ausgemergelt und verwundet. Der Kopf hängt zu seiner rechten Seite herab. Dadurch fallen die Haare über die Schulter und enthüllen ein leicht überdimensioniertes Ohr.
So wirkt es, als würde der Sterbende noch lauschen.

Samstag, 20. April 2019

Karsamstag: Blick in den Abgrund mit Andrea Mantegna

Die aktuelle Ausstellung "Mantegna und Bellini – Meister der Renaissance" in der Berliner Gemäldegalerie zeigt einige eindrucksvolle Karsamstagsbilder. Unter dem Titel "Der Abstieg Christi in die Vorhölle" hat Andrea Mantegna ein bemerkenswertes Motiv kreiert und in vielen Variationen ausgeführt, das der heute gängigen Betonung der karsamstäglichen Grabesruhe entgegensteht.

Vielmehr zeigt der oberitalienische Künstler, was die theologische Spekulation hinter den Kulissen des Todes vermutet: Christus steigt zu den Toten hinunter. Er, der am Karfreitag als Mensch gestorben war, hat nun die erlösende Aufgabe, zu all den anderen Toten hinunterzusteigen und sie teilhaben zu lassen an der kommenden Auferstehung.

Freitag, 19. April 2019

Karfreitag – Zweimal berührt. Bildbetrachtungen

Liebe will den Anderen berühren. Hass leider auch.

Am Karfreitag treffen sich beide Formen körperlicher Berührung auf intensivste Weise. Sie machen besonders deutlich, was Passion alles heißen kann: passiv, erleidend, zulassend...

Zuerst bei der Kreuzigung.

Samstag, 8. Dezember 2018

2. Adventssonntag - Bildmeditation zu "Bereitet dem Herrn dem Weg"

Aus dem Evangelium am Zweiten Adventssonntag: 

"Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt werden, jeder Berg und Hügel sich senken." (Lk 3,4f)

Ankunftszeit 8 – Beschenkt in "Der Typ ist da" von Hanns-Josef Ortheil

Mias Zufallsbekanntschaft aus Venedig ist plötzlich bei ihr in Köln aufgetaucht. Nach und nach bringt er ihr ganzes Leben durcheinander. Denn Matteo ist anders als die meisten Männer, die sie kennt. Er ist still, beobachtet sehr genau, besucht Kirchen, zeichnet.
In dieser Szene sind Mia und Matteo verabredet.

Samstag, 1. Dezember 2018

1. Adventssonntag – Bildmeditation zu "Richtet euch auf und erhebt euer Haupt"

Aus dem Evangelium am Ersten Adventssonntag: 

Wenn ihr den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen seht, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe. (vgl. Lk 21,28)

Mittwoch, 8. August 2018

Wo Liturgie und Widerstand sich treffen. Notizen

Die Feier der Liturgie schafft einen fragilen Begegnungsraum zwischen Gott und Mensch.

Damit dieser Raum entstehen kann, müssen die Versammelten von sich selbst absehen können und Gott suchen. Hinaustreten aus der eigenen Lebenswirklichkeit und tastend eintreten in die Sphäre des Himmels. Denn im Mittelpunkt dieses liturgischen Begegnungsraumes stehen nicht die eigenen Bedürfnisse, sondern Gottes Lobpreis. Alles Weitere tritt erst später dazu.

Dienstag, 20. März 2018

Das Kreuz: Schande und Lichtblick zugleich.

"... das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft. ... Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit.
Denn das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen. ... das Törichte in der Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zuschanden zu machen, und das Schwache in der Welt hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen. Und das Niedrige in der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt: das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zu vernichten, damit kein Mensch sich rühmen kann vor Gott."
(1Kor 1,18.22-25.27-29)

1
In unserer Kultur sind Kreuzabbildungen immer noch an vielen Stellen gegenwärtig. Auf Kirchtürmen und Friedhöfen, als Tätowierung und Kettenanhänger, beim Roten Kreuz und in manchen Gerichtssälen.
Ich persönlich finde das einerseits gut, weil es die überlieferte christliche Kultur markiert, andererseits halte ich es für problematisch, dass das Kreuz so präsent ist, wenn gleichzeitig kein inneres Verständnis für seinen Inhalt vorhanden ist.

Samstag, 28. Oktober 2017

Hütte – Lichtschein – Goldgrund. Von Gottes- und Nächstenliebe

So ungefähr ging meine heutige Predigt im Gefängnis:

Da ist dieser glückliche amerikanische Familienvater Mack, dem es an nichts fehlt und der dann während eines Ausflugs mit seinen drei Kindern das Unglück seines Lebens erlebt: Seine jüngste Tochter verschwindet und bleibt verschwunden, trotz langer und intensiver Suche.
Das hebt sein Leben aus den Angeln.
Über die Zeit verfliegt seine Trauer nicht etwa, sondern verstärkt sich. Er kann den Verlust nicht ertragen und gleitet mehr und mehr in die Depression. Weder seine zwei verbliebenen Kinder noch seine Frau kann er in seinem Schmerz an sich heranlassen und gibt Gott zudem die Schuld an seinem Leiden und an allem Unglück in der Welt.

Das ist die Ausgangslage des Buches "Die Hütte. Ein Wochenende mit Gott" von William Paul Young (2007). Ich habe zugegebenermaßen nur den Film (2017, von S. Hazeldine) gesehen und kann mein Wissen allein daraus ziehen. Trotz der sehr rührseligen und kitschig erzählten Geschichte finden sich im Film einige menschliche und christliche Wahrheiten, die es wert sind, dass man sich mit ihnen beschäftigt.