Mittwoch, 13. Januar 2021

Großzügige Schöpfung. Ein Radiowort

In dieser Woche wird täglich ein kurzes Wort für den Tag auf rbb Antenne Brandenburg (9:10 Uhr), rbb Kultur (6:45 Uhr) und rbb 88.8 (5:55 Uhr) von mir gesendet. Hier der Text des heutigen Wortes:


Wald vor Bäumen.
Grünheide, 2018.
Während des Lockdowns zieht es mich immer wieder hinaus in die Wälder rings um Berlin. Ich fahre einfach mit der S- Bahn zu einer Endhaltestelle und gehe los.

Besonders der Tegeler Forst hat es mir angetan, mit einem Weg am See entlang, mit dem ältesten Baum Berlins, der "Dicken Linda" und vielen schönen Aussichten.

Dort ist mir beim Spaziergang aufgegangen, von welcher großen Pracht wir umgeben sind. Natürlich gibt es bessere Jahreszeiten als die weitgehend schneefreien Berliner Winter und natürlich haben die heißen Sommer der letzten Jahre viel totes Holz hinterlassen. Aber sogar wenn man sich die Wälder noch schöner vorstellen kann, sind sie mir trotzdem jedes Mal ein großer Genuss. Ich nehme die Vielfalt der Vegetation wahr, atme die frische Luft, höre das Rauschen des Windes und genieße es, wie meine Schritte mich Stück für Stück tiefer in die Natur führen.

Als religiös fühlender Mensch spüre ich dort: Die Welt ist so voll von der Großzügigkeit Gottes! Die Vielfalt des Lebens, das Miteinander und Durcheinander von Bäumen und Pilzen und Käfern und Farnen, all das sich gegenseitig bedingende Leben!

Wer sehenden Auges und offenen Herzens durch die Natur geht, kann erfahren: Gott teilt seine Gaben im Überfluss aus und wer sich diesem Reichtum öffnet, wird selbst damit beschenkt.

Wenn der graue Himmel über Berlin sich wieder mal ein paar Tage zu lang über der Stadt wölbt, dann hilft mir ein solcher Gang durch die Natur, um das Leben in seiner Weite und Größe neu zu erahnen. Und sei es nur auf einem umgefallenen Baumstamm.

Mitten in der Pandemie mit ihren vielen Beschränkungen und Problemen macht sich dann ein Gefühl der Dankbarkeit in mir breit. Dankbarkeit für die berauschende Überfülle an Leben und Dankbarkeit, dass ich mittendrin sein darf.

Aber es spielt auch etwas Angst hinein. Werde ich das in zwanzig Jahren auch noch sehen können? Oder vertrocknen unsere Waldböden vorher? Sind wir in der Lage, all dieses überschießende Leben am Leben zu lassen oder führt unser Lebensstil zum Kollaps?

Ich bin überzeugt: Ein Gespür für die großzügige Fülle der Natur und das Gefühl der Sorge für sie sind eine wichtige Basis dafür, mehr Verantwortung aufzubringen.

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