Donnerstag, 21. April 2022

Achtsam für Wunden, nicht in sie verbohrt! Predigt zum Semesterstart

 Als ich vor ziemlich genau 20 Jahren in Lwiw in der Ukraine einen Freiwilligendienst gemacht habe, bekam ich eine Menge Wunden zu sehen. Denn meine Aufgabe war damals, ehemalige Häftlinge der deutschen Konzentrationslager zu besuchen.
Manchmal waren die Begegnungen eher belanglos, manchmal schwierig (vor allem wegen meiner anfangs sehr geringen Sprachkenntnisse), manchmal auch erfrischend. Aber an irgendeinem Punkt kam die Rede fast immer auf die Verwundungen in ihren Leben.
Nicht immer, das muss ich betonen, waren es die Erfahrungen aus den Konzentrationslagern, die am meisten obenauf lagen und als am schlimmsten erinnert wurden. Manchmal waren es Erfahrungen mit Schikanen in der Sowjetunion, manchmal der Verlust eines Familienmitglieds in der jüngsten Zeit, manchmal die Einsamkeit, die aus der Tatsache folgte, dass der Sohn oder die Tochter zum Arbeiten nach Westeuropa gegangen waren.

Sonntag, 17. April 2022

Das Leben ist stärker als der Tod?! Ostern 2022

Das Leben ist stärker als der Tod.
Die Liebe ist stärker als der Hass.
Die Wahrheit ist stärker als die Lüge.
Der Frieden ist stärker als der Krieg.

Dieses Jahr kann ich das nicht überzeugt und fröhlich sagen, sondern angesichts des Krieges in der Ukraine nur in ohnmächtiger und banger Hoffnung.

Freitag, 15. April 2022

Karfreitag: Wissen sie, was sie tun? Von Opfern und Tätern

Nach der Farbattacke.
Magistrale, Frankfurt (Oder), 2022.
Seit Jahrhunderten schauen Christinnen und Christen auf den leidenden Christus. Sein damaliges Leiden lässt sie nicht kalt und im Gebet wissen sie sich verbunden mit ihm.
Denn Jesus hat sich auf die Seite all derer gestellt, die leiden müssen. Er hat selbst gelitten, hat ausgehalten und ist für viele Menschen der Leidende schlechthin geworden.

Heute schauen wir auf das Leiden der Menschen in Mariupol, in Kramatorsk, in Charkiw und an vielen anderen Orten in der Ukraine, aber auch auf der Flucht, in Polen, in Rumänien, in Deutschland. Manchmal können wir uns den vielen schrecklichen Bildern und Nachrichten nicht entziehen und es wird uns zu viel. Dann müssen wir auch wegschauen lernen und auf die schöneren Seiten der Welt sehen.

Samstag, 9. April 2022

Gesegnet, die da kommen im Namen des Herrn! Radiobeitrag an Palmsonntag

Ankunft am Bahnhof.
Frankfurt (Oder), März 2022.

So ähnlich werde ich morgen früh um ca. 10 vor 10 im Radio auf rbb 88,8 zu hören sein:

Ich war in den letzten Wochen immer wieder auf unserem Bahnhof in Frankfurt / Oder. Dort sind seit den ersten Tagen des Krieges in der Ukraine täglich mehrere tausend Menschen durchgefahren.
Fast immer sind es Frauen mit ihren Kindern gewesen. Oftmals waren sie mehrere Tage im Zug unterwegs. Sie hatten wenig geschlafen und waren unruhig und ausgelaugt. Diejenigen, die ausstiegen, wollten oft einfach nicht mehr weiterfahren und suchten etwas Ruhe. Manchen war noch nicht einmal klar, dass sie nun in Deutschland waren.