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Freitag, 1. Januar 2021

Am Anfang steht der Name. Neujahrsgedanke

Am Anfang eines neuen Jahres stehen oft gute Vorsätze und Wünsche. Am Anfang dieses Jahres steht vor allem die Hoffnung, dass die Corona-Pandemie bald vorbei ist. 

Am Anfang der Geschichte Jesu steht sein Name. Das heutige Evangelium am Fest der Gottesmutter Maria betont: „Man gab ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, bevor das Kind im Mutterleib empfangen war.“ (Lk 2,21)

Über dieses Leben, von dem noch niemand etwas wissen konnte, stellt Gott in der Botschaft des Engels diesen Namen: Jesus. Es ist wie ein Motto, eine Überschrift, fromm ausgedrückt eine Verheißung. 

Donnerstag, 8. Oktober 2020

Gutes nicht übersehen! Zum Tod von Ruth Klüger

Nachdem ich bei meinem Freiwilligendienst vor fast zwanzig Jahren in der Ukraine mit vielen Überlebenden aus deutschen Konzentrationslagern zu tun hatte, las ich sehr eine Menge KZ-Erinnerungen.

Kein Zeugnis hat mich so nachhaltig beeindruckt wie das von Ruth Klüger, die am 6. Oktober diesen Jahres in Kalifornien gestorben ist.

Die analytische und völlig unpathetische Weise, den Schrecken ihrer Erfahrungen zu schildern, driftet nie ins Unpersönliche oder Empathielose. Trotz aller kritischen Härte spricht große Menschlichkeit und Weisheit aus ihrem Erinnerungsbuch "weiter leben".1

Beim Durchblättern meiner vor einigen Jahren erst gelesenen Ausgabe habe ich gerade eine Reflexion wiederentdeckt, die mich damals sehr nachdenklich machte.

Mittwoch, 12. August 2020

"There is a crack in everything" - "damit die Kraft Christi auf mich herabkommt." Ein Gedanke zu Paulus und Leonard Cohen

Auf der Suche nach einem tröstlichen Kalenderspruch für eine schwierige Situation (ja, auch das gehört manchmal zu meiner seelsorglichen Tätigkeit) fiel mir neulich eine Verwandtschaft zwischen Paulus und Leonard Cohen auf.

Samstag, 26. Oktober 2019

Alles richtig machen reicht nicht. Predigt am 30. Sonntag im Jahreskreis

1. Der Pharisäer

Die kommen doch alle nur wegen dem Kuchen“ ist der Satz, der mir zu diesem Evangelium (Lk 18,9-14) als erstes einfällt.
Manchmal sagt ein Inhaftierter diesen Satz zu mir über diejenigen, die hier im Gottesdienst sitzen – aber der das sagt, kommt selbst nicht. Möglicherweise betet er tatsächlich selbst, wie mancher das behauptet. Möglicherweise ist er wirklich ein frommer Mensch.
Aber trotzdem habe ich ein ungutes Gefühl dabei. Das hängt auch mit diesem Evangelium zusammen – denn selbst wenn einer alles richtig macht, was man an religiösen Übungen so probieren kann, so wertet er doch einen anderen durch diese Aussage ab.

Ich weiß weder, ob die Einen nur wegen des Kuchens hier sind, noch ob der Andere tatsächlich betet. Und das ist auch nur begrenzt wichtig.

Freitag, 20. September 2019

Die Gnade der Diaspora. Zu einem Vortrag von Kardinal Arborelius

Während der letzten Tage hat der schwedische Kardinal Lars Anders Arborelius das Erzbistum Berlin besucht und mehrere Male öffentlich gesprochen. Ich kannte ihn vorher nicht und habe ihn das erste Mal bei der Wallfahrt des Pastoralen Personals nach Brandenburg (Havel) am Mittwoch dieser Woche gehört.

Es war ein inspirierender Vortrag.
Zunächst hat der Kardinal sich über die Suche nach Gott im Alltag geäußert. Die Anwesenheit Gottes in jedem Moment entdecken war eines der hauptsächlichen Themen. Dazu gehört für ihn auch die Möglichkeit, Gottes Ebenbild im Nächsten zu entdecken. Soweit, so bekannt.

Donnerstag, 15. August 2019

Vorsicht: Frau mit Krone. Mariä Himmelfahrt in der Kritik

In einer feministisch sensibel gewordenen Gesellschaft kann dieses Bild bestenfalls peinlich wirken. Eher noch wird es – noch schlimmer – wie eine paternalistische Geste wirken: Es zeigt die Mutter Jesu als die im Himmel Gekrönte und ist eine der häufigsten Darstellungen Marias im Mittelalter und darüber hinaus. Die "Krönung Mariens" – das Bild zum Fest Mariä Himmelfahrt.

Heute würden bei einem solchen Motiv sofort alle roten Lampen angehen: Ein Mann setzt einer hübschen jungen Frau eine Krone auf.
Das Motiv ist altbekannt: Schmuck und Geld, Macht und Scheinwerferlicht ersetzen bei reichen weißen (und meistens alten) Männern oft genug andere Formen der Beziehungsgestaltung oder gar der Männlichkeit.
Ihr Glanz ist die junge Frau, mit der sie sich schmücken.
Das öffentlichkeitswirksame Überreichen von goldenem Schmuck ist eine Variante, um dies sinnenhaft manifest zu machen.

Samstag, 6. April 2019

Vergeben kann, wer Vergebung erfährt. Jesus und die Ehebrecherin

Schriftgelehrte und Pharisäer wollen Jesus im Sonntagsevangelium (Joh 8,1-11) auf die Probe stellen und degradieren dafür die sowieso schon beim sexuellen Akt erwischte Frau nun auch noch zum Instrument ihres Ärgers auf Jesus.
Durch Jesu bekannte Antwort auf die Frage, was angesichts des eindeutigen Gesetzesverstoßes zu tun sei, ergibt sich ein klarer Fokus auf das Thema Schuld: Jesus fordert die Schuldlosen auf, die Schuld zu sühnen und die Strafe zu vollziehen (v7). Die betretene Reaktion und der Verzicht auf die Bestrafung seitens der Männer (v9) zeigt, dass sie sich ihrer Schuld bewusst werden.
Ob dies auch auf die Schuld der Instrumentalisierung eines Menschen zutrifft, bleibt unklar.

Schaut man die ganze Szene aber nicht aus der Perspektive der Schuld, sondern aus Sicht der Vergebung an, dann verschiebt sich etwas.

Dienstag, 19. März 2019

War Josef der leibliche Vater Jesu? Zwei Antworten von Joseph Ratzinger

Zum Fest des heiligen Josef möchte ich kurz zwei unterschiedliche Antworten zu oben genannter Frage referieren. Zwei Antworten, die interessanterweise von ein und dem selben Autor stammen, allerdings liegen zwischen ihnen 44 Jahre.

Samstag, 28. Juli 2018

Die wunderbare Speisung. Vier Thesen zum Sonntagsevangelium

Die neutestamentliche Geschichte von der Speisung der 5000, die den Kern des heutigen Sonntagsevangeliums (Joh 6,1-15) bildet, ist so bekannt wie unverstanden.
Darum vier kurze Gedanken dazu, was die Bedeutung aufschließen könnte.
Dabei spielt für mich keine entscheidende Rolle, ob sie genau so historisch geschehen sind oder literarische Konstrukte darstellen.

Samstag, 12. Mai 2018

Gott ist weg – was nun? Eine Gemeindepredigt.

Gott ist weg.
Das ist die Situation, in der sich die Jünger zwischen Himmelfahrt und Pfingsten befunden haben.
Ich weiß nicht, ob Sie sich in die Lage hineinversetzen können, in der sich die Jünger befunden haben müssen, nachdem Jesus zuerst verhaftet wurde, dann am Kreuz gestorben war und schließlich zu Himmelfahrt gänzlich verschwand.
Der Lebensmittelpunkt der Jünger war damit verschwunden. Monate- oder sogar jahrelang waren sie mit Jesus durch Galiläa und Judäa gelaufen, hatten dafür ihre Familien verlassen und sich ganz auf dieses neue Leben des Messias eingestellt. Und nun ist er weg, auf den Schock seines Todes folgte zunächst der Schock seiner Auferstehung, aber selbst darauf aber hatten sie sich eingelassen. Aber nun ist er weg. Keine Erscheinungen mehr, kein Brotbrechen mit dem Auferstandenen, keine Sicherheit, dass da überhaupt jemand ist.

Freitag, 30. März 2018

Karfreitag. Von einem, der die Schulden übernimmt.

Am Karfreitag ist keine lange Predigt vorgesehen. Die Texte und die Liturgie wirken für sich.
Zugleich wird hier das Zentrum des christlichen Glaubens gefeiert und da wäre es doch schade, wenn es keine Erläuterungen gibt. Darum einige wenige Gedanken.

Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Haufen Schulden. Ich weiß, gerade hier im Gefängnis werden viele sich das sehr leicht vorstellen können und schon bei dem Gedanken Herzrasen bekommen. Die Anderen kennen es mindestens aus der Nähe. Anwalts- oder Gerichtskosten, Schulden wegen des Tabakkonsums ohne vorherigen Einkauf, Privatinsolvenz, Geldstrafen und so fort.
Fast alle der Männer, mit denen ich spreche, kennen dieses Problem, Schulden zu haben.
Aber niemand spricht gern darüber.
Es ist peinlich, es ist schweißtreibend, es ist versklavend und zermürbend, es sitzt einem ständig im Nacken. Ein ekelhaftes Gefühl, dass immer irgendjemand etwas haben will von mir.

Montag, 12. März 2018

Lass Dir helfen! vs. Du schaffst das! Gnadentheologie und Erziehung

In der erzieherischen Interaktion mit Kindern, noch dazu den eigenen, stellt sich mir als Theologen immer mal die Frage, welches Gottes- und Menschenbild ich denn durch mein praktisches Handeln vermittle. Konkret formuliert: Wie müssten meine Kinder sich Gott vorstellen, wenn sie (unbewusst) Maß nehmen an meinem Eingehen auf sie und diese Erfahrungen auf ihr Gottesbild übertragen?
Damit will ich natürlich keine quasigöttliche Anmaßung vornehmen, sondern gehe einfach davon aus, dass menschliche Beziehungserfahrungen Einfluss haben auf unsere Vorstellungen von Gott – im Guten wie im Schlechten.

Freitag, 23. Februar 2018

Das Sterben spüren 2 – John Williams' "Stoner"

Einer der traurigsten Romane, die ich in den letzten Jahren las, endet passenderweise mit einer langen und tiefgehenden Sterbeszene.

Der in den letzten Jahren wiederentdeckte John Williams hat mit "Stoner" die Geschichte eines überraschend aus einer bildungsfernen Bauernfamilie aufgestiegenen Literaturdozenten geschrieben.
Trotz seiner sicheren Stelle an einer Provinzhochschule ist Stoner nicht angekommen im erfüllten Leben, durch akademische Triebe ebenso wie seine unglückliche Ehe steht er eher am Rande und nimmt die Entwicklungen seiner Umwelt eher aus der Distanz wahr.
John Williams hat dafür eine eindrückliche Sprache gefunden, die in der Beschreibung des Sterbens aus Stoners eigenem Blickwinkel zu ihrem verdichteten Höhe- und Endpunkt gelangt.

Samstag, 3. Februar 2018

Kranker und Freund Gottes zugleich sein. Eine Predigt im Gefängnis.

Was sind das für Leute, die heute in Deutschland noch in die Kirche gehen, beten, sich zum christlichen Glauben bekennen? Was für Leute sind das, die Gott suchen?

Das heutige Evangelium (Mk 1,29-39) gibt zwei Antworten auf die Frage, wer Gott sucht, zwei Antworten, die in sehr unterschiedliche Richtungen gehen.

1
Zu Beginn wird berichtet von den „Kranken und Besessenen“, die zu Jesus gebracht werden (v32).
Unter dieser Bezeichnung finden wohl weder wir hier Versammelten uns vollständig wieder, noch der Großteil derjenigen, die in Deutschland regelmäßig in die Kirche gehen und ihr Leben aus dem Glauben gestalten.
Vielleicht könnte man die Frage also eher so formulieren: Was suchen Menschen, die Gott suchen?
Und bei dieser Frage gibt es sicher einige Schnittpunkte mit den im Evangelium Genannten.

Donnerstag, 1. Februar 2018

Erfüllung mit langem Anlauf. Ein Gedanke zum Fest der "Darstellung des Herrn"

Das heutige Fest feiert die Erfüllung einer Verheißung. Es ist die alttestamentliche Verheißung eines von Gott gesandten Retters.
Symbolisch für diese Hoffnung stehen Simeon und Hannah, die beiden Alten, denen die Eltern Jesu mit ihrem Kind im Tempel begegnen.
In diesem Tempel, dem zentralen Kultort der jüdischen Religiosität, finden die Alten und mit ihnen die von alters her überlieferten Traditionen und Sehnsüchte einen neuen Zielpunkt – in diesem Kind Jesus. Der Evangelist Lukas, dessen Texte und Theologie dieses Fest prägen (Lk 2,22-40), zeigt, dass das Alte an sein Ziel gekommen ist, indem es über die Maßen erfüllt wird.

Als Christen leben wir nun eigentlich in dieser Überfülle göttlicher Zuwendung, die uns in Jesu Leben, Sterben und Auferstehen geschenkt wurde.
Aber unser Lebensgefühl ist eben nicht, dass wir ständig aus der Überfülle Gottes leben würden. Es besteht aus Trägheit, Schwäche, nervendem Alltag, manch kleiner Freude und ein bisschen Glück.

Samstag, 6. Januar 2018

Warum meine Kinder nicht getauft sind. Ein Beitrag zum Fest der Taufe des Herrn

Es war das kirchenpolitische Aufregerthema der letzten Tage: In Berlin werden die Christen immer weniger. Nur noch 25% der Berliner gehören einer der beiden großen Kirchen an.
Ich gebe zu - auch ich bin mit schuld daran.
Denn auch meine Kinder sind nicht getauft.

Dazu ein paar Worte:
Ja, es hat auch damit zu tun, dass meine Frau nicht katholisch ist. Wahrscheinlich wären die Kinder einfach getauft worden, wenn es anders wäre.
Doch würde meine Frau selber es jetzt vorschlagen, wäre ich wahrscheinlich dagegen.
Denn es gibt eine Reihe theologischer Gründe gegen die Kindertaufe, die ich, je mehr ich mich mit ihnen beschäftige, immer überzeugender finde.

Samstag, 30. Dezember 2017

Muss ich als Katholik die Jahreslosung kennen?

Nein.

Aber hier ist trotzdem die Losung für 2018: „Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ (Off 21,6 - Luther 2017)

Lebensquell? Neukölln, Berlin, 2017

Sonntag, 24. Dezember 2017

Weihnachten ist eine Heilungsgeschichte. Predigt im Gefängniskrankenhaus.

Engel vor der Tür.
Stella Maris, Binz (Rügen), 2016.
Weihnachten ist eine Geschichte von Heilung.
Gott will uns heilen. Es ist sein Weihnachtsgeschenk an uns, dass wir geheilt werden.
Und es ist zugleich der einzige und wahre Grund der Menschwerdung: dass wir geheilt werden.

Allerdings nicht in körperlicher oder psychologischer Hinsicht.
So wichtig das körperliche und psychische Heilwerden ist, Gottes Heilung geht tiefer, sie umfasst den ganzen Menschen.
Denn Gott heilt die Wunden des Menschseins – indem er selbst Mensch wird. Dazu gleich noch mehr.

Und Heilung ist Arbeit – aber nicht wir müssen diese Arbeit erledigen. Vielmehr ist es hier ähnlich wie in der Medizin – manche Krankheiten können die Selbstheilungskräfte des Körpers nicht allein besiegen – dann braucht es Hilfe von außen.
Genau das tut Gott in seiner Menschwerdung, er tritt dort an die Stelle der fehlenden Kräfte, wo es eine Heilung braucht.
Wir kennen das beispielsweise von der Dialyse, wenn die Niere nicht mehr entgiften kann und eine Maschine dafür einspringen muss.

Was macht nun diese Heilung aus? Ich nenne drei Aspekte.

Freitag, 8. Dezember 2017

KinderStück 8 - Hauchzart gehalten nach schwerer Geburt

Der Josephsroman von Thomas Mann bietet in vielerlei Hinsicht interessante Deutungen der Heilsgeschichte und der frühbiblischen Religiosität an.
Auch die Geburt des Josef ist ein (im Gegensatz zur biblischen Erwähnung in Gen 30,22ff) seitenlanges und mit vielerlei Andeutungen aufgeladenes Stück des Romans. Die lange auf ihre Mutterschaft wartende Rahel hat die Geburt bis kurz vor den eigenen Tod durchlitten, als Jakob kommt, um nach ihr und dem Kind zu sehen:

Donnerstag, 7. Dezember 2017

KinderStück 7 – Sie treiben mich in den Wahnsinn

Eigentlich sollte an dieser Stelle ein anderer Beitrag stehen, eine fromme und beschaulich-schöne Reflexion zum Thema.
Aber um der Wahrheit Genüge zu tun und aus meinem Herzen keine Mördergrube zu machen, gehört auch das hierher: