Schriftgelehrte und
Pharisäer wollen Jesus im Sonntagsevangelium
(Joh 8,1-11) auf die Probe stellen und degradieren dafür die sowieso
schon beim sexuellen Akt erwischte Frau nun auch noch zum Instrument
ihres Ärgers auf Jesus.
Durch Jesu bekannte
Antwort auf die Frage, was angesichts des eindeutigen
Gesetzesverstoßes zu tun sei, ergibt sich ein klarer Fokus auf das Thema Schuld: Jesus
fordert die Schuldlosen auf, die Schuld zu sühnen und die Strafe zu
vollziehen (v7). Die betretene Reaktion und
der Verzicht auf die Bestrafung seitens der Männer (v9) zeigt, dass
sie sich ihrer Schuld bewusst werden.
Ob dies auch auf die
Schuld der Instrumentalisierung eines Menschen zutrifft, bleibt
unklar.
Schaut man die ganze Szene
aber nicht aus der Perspektive der Schuld, sondern aus Sicht der
Vergebung an, dann verschiebt sich etwas.
Schmutziges Zeugs überall... Grünheide, 2018. |
Denn als Negativfolie
lässt sich ein anderer Satz Jesu über eine "sündige"
Frau im Angesicht anklagender Pharisäer über das Verhalten dieser
Männer legen.
Als eine stadtbekannte
Sünderin Jesus im Hause des Pharisäers Simon die Füße salbt und
sich einige darüber aufregen antwortet Jesus: "Ihr sind ihre
vielen Sünden vergeben, weil sie viel geliebt hat. Wem aber nur
wenig vergeben wird, der liebt wenig." (Lk 7,47)
Im Umkehrschluss heißt
das, dass diese Schriftgelehrten und Pharisäer wohl deshalb so
unbarmherzig sind, weil sie selbst nicht erfahren haben, wie gut
Vergebung tut.
Oder ganz kurz: Vergeben
kann, wer Vergebung erfahren hat.
Wer aber sein Leben auf
die möglichst genaue Erfüllung von Geboten abstellt, für den gerät
die Möglichkeit von Vergebung, die über Gebote hinaus geht, aus dem
Blick.
Die Einsicht in die eigene
Bedürftigkeit jedoch öffnet das Herz auch für die Bedürftigkeit Anderer
und verzweckt sie nicht, auch nicht aus einem noch so frommen Grund.