Jesus lässt sich taufen und wird von oben bestätigt. Als er betet, tut der Himmel sich auf, der Geist kommt herab, eine Stimme ertönt (Lk 3,15-16.21-22).
Wie oft wünschte ich mir eine solche Vergewisserung, während ich bete! Eine Stärkung im Glauben. Einen Kraftakt Gottes, der mir zeigt, wie es um mich steht, was er wirklich will und dass er an meiner Seite ist.
Aber so etwas gibt es selten oder gar nicht.
Wir normalen Christ*innen sind zwar auch getauft, aber die Bestätigung bleibt oftmals aus. Wenn wir beten, fühlt es sich oft an, als würden wir ins Leere sprechen. Was unser Gebet wirklich bringt – und ob es etwas bringt, bleibt unklar. Ich selbst fühle mich unwohl mit manchen vorgeprägten Formulierungen. Wenn ich selbst formuliere, bleibe ich hinter meinen Erwartungen zurück oder fühle gar nicht, was ich eigentlich meinte.
Sonntag, 9. Januar 2022
„...während er betete, öffnete sich der Himmel…“ Taufe des Herrn als Hoffnungsbild
Sonntag, 19. Dezember 2021
Begegnung mit dem Heiligen. Etty Hillesum zum 4. Adventssonntag
Der Besuch Marias bei Elisabeth wird für Elisabeth zur Begegnung mit dem Heiligen (Lk 1,39-45). Sie „wurde vom Heiligen Geist erfüllt“ (v41), jubelte und spürte die Bewegung des künftigen Propheten in ihrem Bauch.
Ähnliches geschieht 1942 Etty Hillesum – inmitten eines übermächtig bedrohlichen Alltags, mitten im Krieg als Jüdin in den Niederlanden, abends in ihrem Schlafzimmer.
„Ja, wie war das gestern abend in meinem kleinen Schlafzimmer?
Ich war früh zu Bett gegangen und schaute durch das große, offene Fenster hinaus. Und mir war wieder, als wäre das Leben mit all seinen Geheimnissen mir sehr nahe, als könne ich es berühren. Mir war, als ruhte ich an der nackten Brust des Lebens und hörte seinen leisen, regelmäßigen Herzschlag. Ich lag in den nackten Armen des Lebens und fühlte mich sicher und beschützt. Und ich dachte: Wie sonderbar doch das ist. Es ist Krieg. Es gibt Konzentrationslager.
Montag, 1. November 2021
Alle gehören dazu! Anstoß an Allerheiligen
Wenn an den Tagen rund um den 1. November Kerzen auf viele Gräber gestellt werden, dann denken wir an unsere verstorbenen Angehörigen und Freunde. Denn es ist Allerheiligen und Allerseelen. „Du bist nicht vergessen!“ wollen diese Kerzen sagen, „Wir halten dich in unseren Herzen!“ Wir als Christ:innen drücken damit zugleich unser Vertrauen aus, dass Gott unsere Lieben (und später auch uns selbst) im Tod nicht verlässt.
Montag, 14. Dezember 2020
Heilszeit 14 – Abstand am Gedenktag des heiligen Johannes vom Kreuz
Johannes vom Kreuz, das muss man fürs bessere Verständnis vorwegschicken, war ein Ordensmann. Er liebte die geistliche Strenge und wollte zusammen mit Teresa von Avila seinen Orden, die Karmeliter, reformieren. Seine Strenge aber war kein Selbstzweck, sondern stand im Dienst der Gottesnähe und Heilung des Einzelnen vom Egoismus.
Davon zeugen auch die "Klugheitsregeln", die er 1578/1579 für die Karmelitinnen von Beas verfasste. Der Anfang der ersten Regel hat viel von der buddhistischen Spiritualität des Loslassens:
Sonntag, 13. Dezember 2020
Heilszeit 13 – Licht in der "Legenda Aurea" von Jacobus de Voragine
Im 13. Jahrhundert sammelte Jacobus de Voragine Heiligenlegenden und gab sie in der "Legenda Aurea" heraus. Auch die heilige Lucia kam darin vor, derer die Kirche heute gedenkt. Sie war eine frühchristliche Märtyrerin, die von ihrem Verlobten verraten wurde und einen qualvollen Tod gestorben sein soll (mehr hier).
In der "Legenda Aurea" wird ihrer Geschichte eine Reflexion ihres Namens vorangestellt:
Dienstag, 8. Dezember 2020
Heilszeit 8 – Rein in "Milchmann" von Anna Burns
Im folgenden Text wird der Freund der Erzählerin in den höchsten Tönen gelobt.
Und wie das geschieht, erinnerte mich doch sehr an das heutige Fest der "Unbefleckten EmpfängnisMariens" – Inhalt des Festes ist der Glaube daran, dass Maria von Geburt an rein war, also schon vorweg von den Leiden und Sünden des Menschseins geheilt, um Jesus auf die Welt zu bringen. Klingt vielleicht verrückt, aber nicht viel verückter als das folgende Liebesbekenntnis:
Sonntag, 6. Dezember 2020
Heilszeit 6 – Spende am Gedenktag des heiligen Nikolaus von Myra
Nikolaus von Myra wird weithin als ein
Heiliger der Kinder wahrgenommen, denn die Erinnerung an diesen
altkirchlichen Bischof hängt an unserem Brauchtum: Schuhe putzen –
Süßes rein.
Doch diese Verkürzung wird seinem aufwühlenden Leben nicht gerecht: Nachdem er als junger Bischof um 310 in einer der letzten Verfolgungen von Christen im Römischen Reich gefangen genommen und gefoltert wurde, war er eine Autorität: Denn er hatte seinen Glauben auch unter großem Druck nicht verleugnet.
Zugleich war er tatsächlich ein großer Wohltäter, davon zeugen die vielen Überlieferungen, wie die geheime Spende für junge Frauen durch das Fenster:
Donnerstag, 3. Dezember 2020
Heilszeit 3 – Kraft am Gedenktag des Heiligen Franz Xaver SJ
Dem großen Missionar und Gefährten des heiligen Ignatius lag das Heil der Seelen besonders am Herzen. Deshalb bricht er in die nichtchristlichen Länder Asiens auf und tauft (aus heutiger Sicht) fast manisch, um nur ja viele Menschen vor ewiger Verdammnis zu retten. Am 03.12.1552 stirbt er auf einer Insel vor dem chinesischen Festland.
Noch zehn Monate vorher, am 29.01.1552, schreibt er enthusiastisch aus Cochin (Indien) an die Väter der Gesellschaft Jesu in Europa:
Sonntag, 29. November 2020
Heilszeit – Ein Adventskalender im Corona-Jahr 2020
Als ich im Laufe des Jahres über ein Thema für diesen Blog-Adventskalender nachdachte, kam mir schnell der Gedanke an Heilung und Heil. 2020, so dachte ich, braucht an seinem Ende eine Pause – eine Zeit, um zu heilen.
Nun ist es leider anders gekommen: Wir können uns (in der Mehrzahl) noch nicht darauf konzentrieren, die Krankheit hinter uns zu lassen, sondern müssen uns weiter vor der Ansteckung und dem Krankwerden schützen. Die fortwährenden Einschränkungen während des Lockdown light haben keinen adventlichen Glanz, auch wenn sie, ganz wie der Advent, vorbereiten sollen auf ein schönes Weihnachtsfest.
Mittwoch, 11. November 2020
Vox populi 2. Wie der heilige Martin zum Bischof wurde
Dies ist das Gegenstück zum letzten Beitrag. War ich dort skeptisch, bin ich hier euphorisch, habe ich dort die kritische Zurückhaltung geprobt, erhoffe ich hier einen Fortschritt.
Denn bei Martin können wir sehen, wie Bischofsernennungen auf katholisch auch funktionieren können. Nicht von oben, aus Rom, käme dann das Machtwort, sondern von unten, aus dem Volk Gottes, würde ein Bischof legitimiert.
Martin, der Soldat, der zum Einsiedler geworden war, wurde nach dem Tod des vorherigen Bischofs von Tours vom Volk gesucht, damit er, der heilige Mann aus der klösterlichen Abgeschiedenheit, der neue Bischof werde. Die Legende erzählt, dass Martin gar nicht wollte und sich sogar im Gänsestall versteckte, bis die Gänse ihn durch ihr Geschnatter verrieten.
Sonntag, 1. November 2020
Allerheiligen: Halo-Effekt und echte Heiligkeit
Theoretisch weiß jeder, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Trotzdem fallen wir immer wieder auf Blender herein.
In der katholischen Kirche ist das in den letzten Jahren auch bei einigen Gründern Geistlicher Gemeinschaften und Orden der Fall gewesen: der lang protegierte Gründer der Legionäre Christi Marcial Maciel mit seinen diversen Liebschaften und Kindern oder ganz aktuell der des vielfachen Missbrauchs beschuldigte Gründer der Schönstattbewegung Josef Kentenich sind besonders populäre Beispiele dafür, wie Charisma und religiöse Schönrederei den Blick für die dunklen Stellen getrübt haben.
Die Sozialpsychologie bezeichnet dieses Phänomen als "Heiligenschein" oder "Halo-Effekt":
Samstag, 17. Oktober 2020
Unter Gottes Prägestempel. Ignatius von Antiochien und die zwei Münzen
Während ich noch in den Briefen des altkirchlichen Bischofs Ignatius von Antiochien blätterte und anfing, die ganz unten stehenden Gedanken in den Computer zu tippen, fiel mir ein Kapitel aus seinem Brief an die Magnesier ins Auge, in dem er das Motiv der Münzen aus dem morgigen Evangelium (Mt 22,15-21) variiert – und das sich darum viel besser für einen Beitrag an diesem Tag eignet.
Im fünften Kapitel schreibt der Märtyrerbischof:
"Es gibt zwei
Möglichkeiten: Tod oder Leben, und jeder wird dorthin gelangen,
wohin er gehört.
Es gibt ja auch zwei
Sorten Münzen, die einen gehören Gott und die anderen der Welt. Und
jede Münzsorte weist eine besondere Prägung auf. So tragen die
Ungläubigen die Prägung dieser Welt – die aber glauben, tragen
die Liebe als Prägestempel Gottes, des Vaters, den Jesus Christus
uns aufgedrückt hat. An seinem Leiden haben wir nur Anteil, wenn wir
uns freiwillig dafür entscheiden, nach dem Vorbild seines Leidens zu
sterben."1
Donnerstag, 1. Oktober 2020
Mauern vor dem Himmel. Die Schattenzeiten der Theresa von Lisieux
Schein und Wirklichkeit klaffen bisweilen weit auseinander.
Besonders wenn es um Heilige geht, stellen wir uns gern glaubensstarke Persönlichkeiten vor, die heroisch Gutes tun und vorbildliche Gottesbeziehungen pflegen.
Entsprechend groß war der allgemeine Schrecken über das erschreckend dunkle Glaubensleben der Mutter Teresa von Kalkutta, wie es vor einigen Jahren in ihren veröffentlichten Tagebüchern zum Ausdruck kam.
Aber auch die "Selbstbiographischen Schriften"1 der so genannten "kleinen" Theresa von Lisieux bringen dies zum Ausdruck. Schwach und kränklich wie sie ist, schreibt sie im Auftrag der Priorin Marie de Gonzague im Juni 1897 ihre Lebens- und Glaubensgeschichte auf.