Als ich im Laufe des Jahres über ein Thema für diesen Blog-Adventskalender nachdachte, kam mir schnell der Gedanke an Heilung und Heil. 2020, so dachte ich, braucht an seinem Ende eine Pause – eine Zeit, um zu heilen.
Nun ist es leider anders gekommen: Wir können uns (in der Mehrzahl) noch nicht darauf konzentrieren, die Krankheit hinter uns zu lassen, sondern müssen uns weiter vor der Ansteckung und dem Krankwerden schützen. Die fortwährenden Einschränkungen während des Lockdown light haben keinen adventlichen Glanz, auch wenn sie, ganz wie der Advent, vorbereiten sollen auf ein schönes Weihnachtsfest.
Licht! Bad Muskau, Bahnhof der Waldeisenbahn, 2020. |
Dennoch ist der Advent eine willkommene Unterbrechung. Er stellt unsere Vorbereitung auf das Kommen Gottes in diese heillose Welt ins Zentrum.
Und darum passt das Thema "Heilszeit" vielleicht doch ganz gut. Denn die Erinnerung an das, was Heil oder Geheiltwerden ausmacht, kann uns ja anstiften und inspirieren, uns mit unserem eigenen Gebrochensein, mit unserer Sehnsucht nach Heilsein und mit unseren vielleicht schon geheilten oder heiligen Seiten auseinanderzusetzen.
Ohne akademisch zwischen Heil und Heilung zu unterscheiden, geht es mir darum, anhand von ausgewählten literarischen Texten ein Tableau rings um den Themenkreis Heil, Heilung, ganz, heilig, geheilt, aufzumachen. Auch die adventlichen Heiligen sollen dabei in den Blick kommen.
Einige Stichworte, die mir bei der Vorbereitung aufgefallen sind:
Viele Heilige waren in ihrem Leben ganz und gar nicht heil und gesund, sondern krank oder schwach oder anderweitig gebrochene Existenzen. Trotzdem ahnten ihre Mitmenschen in ihnen ein tieferes Heilsein.
Aktuell: Durch die Kirche verursachte Wunden werden immer wieder aufgerissen, wenn der Umgang mit Missbrauchserfahrungen und ihrer Vertuschung selbst auch wieder vertuscht wird – oder wenn wenigstens der dringende Verdacht im Raum steht, dass wieder einmal vertuscht werden soll, wie dies gerade im Erzbistum Köln der Fall ist. Auch die Kirche selbst kann nicht heilen, wenn sie sich der Auseinandersetzung mit dem Fehlverhalten der eigenen Führungsgestalten verweigert.
„Loving can heal“ singt Ed Sheeran in "Photograph". Liebe hat eine heilende Kraft, ebenso wie auch der Glaube oder die Hoffnung. Aber es gilt eben auch, was Ed Sheeran davor singt: "Loving can hurt", und auch das stimmt für Glaube oder Hoffnung. Wir leben in Ambivalenzen. Vielleicht kann der Advent unseren Blick dafür schärfen, wann tatsächlich Heilkräfte in der Liebe liegen.
Zuletzt: Ist Heil und Heilwerden überhaupt eine gute Kategorie? Nach der Lektüre eines Artikels auf feinschwarz.net habe ich darüber noch einmal mehr nachgedacht. Wo Heilwerden gemeinhin als eine Rückkehr von der Abweichung hin zur rettenden Normalität verstanden wird, dort sind alle ausgeschlossen, die nicht "normal sind oder sein wollen. Heilsein hat dann auch etwas mit Diversität und nicht mit einem normierenden Druck zu tun.
Mit diesen Stichworten (und auch trotz dieser Stichworte) lade ich Euch ein auf einen Weg, durch den Advent in dieser Corona-Zeit.
Im Adventskalender hier auf dem Blog gibt es täglich kurz nach dem Aufstehen einen kurzen Gedanken zur adventlichen "Heilszeit".
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