So unglaublich es klingt: Der böse König Herodes und die Weisen aus dem Morgenland brauchen einander.
Als die Besucher aus dem Osten in Jerusalem auftauchen, fragen sie: „Wo ist der neugeborene König der Juden?“ (Mt 2,2)
Nachdem Israels Schriftgelehrte auf Geheiß des entsetzten Königs Herodes in der Bibel recherchiert und Betlehem als Ort der Geburt des Gegen-Königs identifiziert hatten, ließ sich Herodes von den Weisen heimlich „sagen, wann der Stern erschienen war“ (v7).
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Mittwoch, 5. Januar 2022
Sie brauchen einander! Provokation der Drei Könige
Donnerstag, 23. Dezember 2021
Erlöst er uns? Maria kurz vor der Niederkunft
„Jetzt wird’s langsam wirklich eng. Ich habe das Gefühl, mein Bauch könnte jeden Moment platzen.
Immerhin haben wir es schon nach Jerusalem geschafft.
Aber diese Stadt ist echt anstrengend – zum Glück müssen wir nicht hier zur Zählung aufs Amt.
Allein die hohen Häuser sind ja eine Zumutung! Und dann die Leute! Ohne Rücksicht rennen die hier durch und rempeln sich durch den Tag!
Samstag, 4. April 2020
Palmsonntag: Kleider liegen auf der Straße
Mit diesen Worten werde ich am
Palmsonntag um ca. 10 vor 10 Uhr auf rbb 88,8 zu hören sein:
Massen sind in Jerusalem unterwegs. Es
ist fast kein Durchkommen mehr an den Eingangstoren zur Stadt. Denn
dieser Wunderheiler aus Nazareth soll kommen. Ein berühmter Mann,
den muss man gesehen haben.
Und da ist er endlich, auf einem Esel
reitet er ein, seine Jünger bahnen ihm einen Weg durch die Menge.
Die Leute reißen Zweige von den Bäumen. "Viele Menschen
breiteten ihre Kleider auf der Straße aus" und jubeln ihm zu.
So ähnlich beschreibt die Bibel den Einzug Jesu in Jerusalem.
Normalerweise feiern Christen auf der
ganzen Welt am heutigen Palmsonntag mit großen Gottesdiensten den
Beginn der Karwoche. Ihr Höhepunkt ist nach der Erinerung an den Tod
Jesu am Karfreitag die Feier seiner Auferstehung an Ostern.
Samstag, 12. Oktober 2019
Jesu miese Erfolgsquote. Von Heilung und Dank und Glaube und Liebe
Im Vordergrund des Evangeliums vom Sonntag (Lk
17,11-19) steht Jesus als Heiler.
Jedenfalls auf den ersten Blick.
Denn schnell schiebt
sich etwas ganz anderes in den Vordergrund – nämlich die Tatsache,
dass da einer der Geheilten zu Jesus zurückkehrt, um ihm zu danken.
Doch auch daran schließt sich in der Lesung noch ein weiteres Thema
an: Die Frage, was für Jesus ein Erfolg gewesen wäre – die
Heilung all dieser Kranken oder ihre dankbare Umkehr.
Es wird also in meiner
Predigt drei Punkte geben: 1. Aussatz und Heilung, 2. Dankbarkeit und
Glaube, 3. Erfolg und Misserfolg.
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Samstag, 8. Juni 2019
Pfingsten: Die "stages of change" und der Geist
"Viele Beratungsaktivitäten
basieren auf der Annahme, dass die Adressaten bereit sind, ihr
Verhalten zu ändern ... Dies trifft aber nur für einen ganz kleinen
Teil der Bevölkerung wirklich zu. Wesentlich mehr Menschen befinden
sich zum Zeitpunkt der Beratung in Stadien der Absichtslosigkeit
(Precontemplation) oder der Absichtsbildung (Contemplation)."1
Mit anderen Worten: Es passiert nichts,
weil die Betreffenden einfach nicht motiviert sind. Veränderung ist
gar nicht gewollt, es existiert kein Problembewusstsein.
Wer mit diesen Gedanken aus der
Motivationspsychologie im Hinterkopf auf die Anfänge der Kirche
schaut, wie sie am Pfingstfest gefeiert werden, dem kann ein Licht
aufgehen.
Samstag, 13. April 2019
Palmsonntag - Gedanken aus der Menge
Ein Jünger, der mit Jesus in die Stadt einzieht (J)
Ein Pharisäer, der schon seine Meinung zu Jesus hat (P)
Ein Mensch in der Menge, der mal schauen will (M)
J: Wow, wie die Leute UNS zujubeln!
P: Da vorne ist er also, der Hampelmann, so sehe ich ihn jetzt auch endlich mal!
M: Wer ist das? Lasst mich doch mal durch, ich sehe überhaupt nichts!
Sonntag, 6. Januar 2019
Die wollen nix haben, sondern was bringen! Predigtgedanken zum Dreikönigsfest
1. Auf der Suche
Die Geschichte ist
altbekannt: Nach dem Matthäusevangelium
(Mt 2,1-12) machen sich Weise aus einem fernen Land auf den Weg, um
den neugeborenen König der Juden zu finden. Sie werden als "Magoi"
bezeichnet und kennen sich mit Sternenkonstellationen aus, so dass
sie in den deutschen Übersetzungen mal als Magier, mal als
Sterndeuter, mal einfach als Weise bezeichnet werden. Von den alten
Völkern des Ostens (im heutigen Irak und Iran) war bekannt, dass sie
sich mit den Sternen beschäftigten, deshalb lag die Herkunftsbezeichnung nahe. Es waren also keine gläubigen
Juden und trotzdem hatten sie Interesse daran, was in Israel an
wichtigen Ereignissen passieren würde, wenn schon so besondere
Sternenkonstellationen zu sehen waren. Ihre Daten aus den Sternen
glichen sie darum bei den Schriftgelehrten Jerusalems mit den Angaben
aus der Bibel ab (vv4-6).
Suche nach dem Richtigen. Comenius-Garten, Neukölln, Berlin, 2018. |
Die Sterndeuter bemerkten
etwas Besonderes, das sie in ihrer Lebenswelt (Sternbeobachtung)
anspricht. Sie deuten dieses Besondere als das Zeichen eines neuen
Königs.
Und nun kommt das
Entscheidende: Als sie das Zeichen für die Ankunft des neuen Königs
gesehen haben, bleiben sie nicht in ihren Sesseln sitzen, sondern
machen sich auf den Weg und suchen ihn.
Erst gehen sie dafür ins
Zentrum der Macht dieses kleinen Landes, in den Königspalast nach
Jerusalem – aber dort finden sie den neugeborenen König nicht.
Also lassen sie sich beraten und gehen weiter.
Mir gefällt das: Losgehen
auf ein Zeichen hin, das mir was sagt. Suchen. Mich nicht irre machen
lassen, wenn ich nicht sofort am ersten Ort was finde. Und
schließlich gut beraten weiter gehen.
Gott sagt ja im Alten Testament von sich: "Ihr werdet mich
suchen und ihr werdet mich finden, wenn ihr nach mir fragt von ganzem
Herzen. Und ich lasse mich von euch finden" (Jer 29,13f.).
Jesus bestätigt das
später im Neuen Testament: "Bittet und es wird euch gegeben;
sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet!
Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer
anklopft, dem wird geöffnet." (Mt 7,7f)
Das ist auch an uns
gerichtet: Wenn wir uns auf den Weg machen und Gott suchen, dann
finden wir ihn. Nur müssen wir losgehen; manchmal jeden Tag neu.
Aber wie macht man das,
werden manche sich fragen. Hier im Gefängnis würden ja viele sehr
gern losgehen, egal wohin.
Der Theologe Karl Rahner
hat die Antwort darauf kurz auf den Punkt gebracht: "Das Herz
muss sich bewegen!" Auch wenn viele andere "mit der
verdrossenen Lebensklugheit ihrer engen Herzen zu Haus sitzen bleiben
und solche abenteuerliche Reisen des Herzens für Kindereien halten"1
– unser Herz soll sich auf den Weg machen und Gott suchen. Die
Leute aus dem Osten haben das vorgemacht, während diejenigen, die
nah dran waren, in Jerusalem sitzen geblieben sind.
Als Hinweis diente ihnen
auf ihrer Suche zuerst der Stern ihrer Sehnsucht, dem auch wir folgen
können – der Sehnsucht unseres Herzens nach Mehr, nach einem neuen
Anfang, nach Gerechtigkeit, nach der großen Umarmung Gottes.
Dazu tritt die Heilige
Schrift mit den Schriftkundigen, die sie ihnen auslegten. Und auch
das können wir, lesen und uns die schwierigen Stellen auslegen
lassen – angesprochen sein durch das Wort Gottes in der Bibel.
Für uns kommt nun noch
das Wissen dazu, dass Gott nicht dort zu finden ist, wo die weltliche
Macht ist, sondern dass wir uns einfach nur dem kleinen Kind in der
Krippe zuwenden müssen. Dort ist Gott zu finden – in der Unschuld,
im Kleinen, und in der Einfachheit.
2. Geschenke dabei
Die Anzahl der Suchenden
bleibt uns der Evangelist schuldig, immerhin wird erwähnt, dass sie
drei Geschenke mitbringen (v11), so dass wir getrost von drei
Personen sprechen können. Dann hat jeder was in der Hand gehabt.
Vielleicht hatten auch sie
das Problem, was man denn diesem Kind sinnvollerweise schenken kann.
Was sie letztlich
mitbringen, wird von den Theologen traditionell so gedeutet, dass die
Gaben für drei Funktionen Christi stehen. Sie weisen hin auf Jesus
als Priester, König und Propheten. Der Weihrauch für das
Priestersein mit seiner liturgisch-kultischen Aufgabe im Tempel, das
Gold für das Königtum und seine Assoziation mit Macht und Reichtum,
die Myrrhe, das "Bitterkraut" auf das bittere Schicksal des
Propheten.
All das sah in Jesu Leben natürlich anders aus als die Bibel
es für Priester, Könige und Propheten des Volkes Israel berichtet, aber das ist eine andere Geschichte.
Sie bringen also etwas
mit, das etwas aussagt über den Beschenkten.
Geschenke!? Alt-Buchhorst, 2018. |
Das ist aus zwei Gründen
interessant.
Einmal: Die wollen nix
haben, sondern die wollen was bringen. Wenn sie den neuen König
besuchen und schon so einen langen Weg auf sich nehmen, hätte es ja
durchaus sein können, dass wenigstens etwas für sie dabei
herausspringen soll. Aber nein, sie bringen lieber etwas mit.
Und dann: Sie schenken
nicht sinnlos etwas, das überall und zu jeder Zeit geschenkt werden
könnte. Sondern sie haben sich Gedanken gemacht, was das für einer
ist, zu dem sie kommen.
Sie wollen etwas schenken,
was zu ihm passt und was ausdrückt, was ihnen an ihm wichtig ist.
Für unser
Gottesverhältnis kann das heißen: Anstatt immer nur zu bitten und
nur dann zu Gott zu kommen, wenn wir etwas haben wollen, könnten wir
ihm etwas bringen.
Und zwar etwas, das etwas
aussagt darüber, was uns an Gott wichtig ist.
Das kann eine Übung sein, so wie sie auch bei manchen längeren Gebets- und Meditationsübungen angedacht sind – wer ist Gott für mich und finde ich dementsprechend einen Namen für ihn. Bei seinen "Exerzitien auf der Straße" nennt der Jesuit Christian Herwartz das Beispiel einer Frau, die Gott als den erfahren hat, der sie schön ansieht – und ihn eben auch so benennt: "Du, die du mich schön ansiehst".2
Das kann eine Übung sein, so wie sie auch bei manchen längeren Gebets- und Meditationsübungen angedacht sind – wer ist Gott für mich und finde ich dementsprechend einen Namen für ihn. Bei seinen "Exerzitien auf der Straße" nennt der Jesuit Christian Herwartz das Beispiel einer Frau, die Gott als den erfahren hat, der sie schön ansieht – und ihn eben auch so benennt: "Du, die du mich schön ansiehst".2
Andere werden völlig
andere Erfahrungen mit Gott machen:
Vielleicht fällt es mir
nicht immer leicht, so wie oben beschrieben auf die Suche zu gehen
und mich immer wieder neu nach Gott auszustrecken. Das ist so mühsam
und ich bin so schwach. Dann passt als symbolisches Geschenk
vielleicht eine Batterie, die mich ausdauernd genug macht. Oder ein
Jojo, das immer wieder losgeht, wenn es ganz unten angekommen ist.
Vielleicht entdecke ich
Gottes Spuren einfach nicht in meinem Leben, weil so vieles schief
gegangen ist. Zu viele Scherben, zu viel Misslungenes und zu viel
Enttäuschung. Dann kann ich Gott vielleicht eine Lupe bringen, damit
ich ihn besser entdecken kann.
Oder vielleicht bin ich
froh über etwas, das ich gelernt habe und dankbar für Dinge, die
gelungen sind. Dann kann ich mein Lächeln bringen.
Das sind die Gaben, die
wir vor Gott bringen können. Gaben, die sich durchaus auch verändern
können auf dem Weg. Gaben, die zu uns und zu ihm passen.
3. Anders zurückkehren
Die weisen Männer waren
wirklich sehr weise. Entweder hatten sie alle denselben Traum und
fanden das so überzeugend, dass sie nicht mehr zu Herodes
zurückgingen. Oder einer überzeugte die anderen von seinem Traum.
Oder es wurde ihnen klar,
dass ihre Frage nach dem neuen König und das Erschrecken, das sie
damit ausgelöst hatten (v2f), nichts Gutes bedeutete. Vielleicht
wurden sie dann weise durch ihre Unvorsichtigkeit.
Wie dem auch sei, sie
gingen jedenfalls auf einem anderen Weg zurück als sie gekommen
waren.
Nachdem ich gerade aus
einem Urlaub wiedergekommen bin, kann ich nur bestätigen, dass das
besonders dann Sinn macht, wenn man die Umgebung näher kennenlernen
will.
Aber auch darüber hinaus
scheint eine Reise gut dafür zu sein, Veränderungen herbeizuführen.
Verändert. Rudow, Berlin, 2018. |
Wenn wir uns auf die Suche
nach Gott machen und ihm das mitbringen, was wir ihm schon immer
einmal geben wollten, dann werden vielleicht auch wir dadurch
verändert.
Gerade wenn es, wie
hier im Gefängnis ja nicht anders möglich, eine innere
Reise, eben die Reise des Herzens sein wird, von der Karl Rahner sprach,
dann werden wir nicht mehr genauso auf die Welt schauen wie zuvor.
Wer beim Besuch des Kindes in der Krippe mit Gott in Berührung
kommt, wird mehr lieben und mehr verzeihen. Und er wird von Gott
nicht mehr schweigen können.
Zwar werden die
Sterndeuter in der Bibel nie wieder erwähnt, doch das muss nichts
bedeuten. Auch wir werden in der Weltgeschichte vielleicht nie wieder
erwähnt. Aber auch wir können von unserer Suche nach Gott sprechen
und davon, was er für uns bedeutet, was wir ihm also bringen können.
Das macht uns zu anderen
Menschen – und es verändert die Welt.
1 K.
Rahner, Von der seligen Reise des gottsuchenden Menschen. Gedanken
zum Fest der Erscheinung des Herrn, in: Geist und Leben 22 (1949)
405-409, hier: 409. – Zu finden auch unter
https://www.geist-und-leben.de/component/docman/doc_download/954-22-1949-6-405-409-rahner-0.html
und https://www.jesuiten.org/news/der-stern-leuchtet/.
2 C.
Herwartz, Brennende Gegenwart. Exerzitien auf der Straße. Würzburg
2011, 21.
Samstag, 27. Oktober 2018
Was wurde aus Bartimäus? Recherchen und Phantasien zum Sonntagsevangelium
Seine Begegnung mit Jesus
(Mk 10,45-52) ist eine der bekanntesten Heilungsgeschichten des Neuen
Testaments geworden:
Am Rande der Straße nach
Jericho sitzend hört der blinde Bettler Bartimäus, dass Jesus
vorbeikommt und ruft nach ihm: "Sohn Davids, Jesus, hab
Erbarmen mit mir!" (v47) Entgegen dem Widerstand seiner
Begleiter lässt Jesus ihn zu sich kommen und fragt ihn, was er will.
Die gläubige Antwort "Ich möchte sehen können"
(v51) führt zu seiner Heilung.
Anschließend heißt es:
"und er folgte Jesus auf seinem Weg nach." (v52)
Doch dann verschwindet
Bartimäus aus der Bibel. Zwar heißt es in den anschließenden
Kapiteln bei Markus regelmäßig, dass Jesus mit den Jüngern und
nicht nur mit "den Zwölf", also den namentlich bekannten
Aposteln, unterwegs ist, aber Namen aus dieser größeren Gruppe
tauchen nicht mehr auf.
Samstag, 24. März 2018
Palmsonntag – Memento des Zweifels und der Zwiespältigkeit
Seit Zehntausenden von Jahren sind
Menschen religiöse Wesen und suchen nach dem Göttlichen. Die
archaischen Religionen verehren es in heiligen Bäumen, an heiligen
Bergen, in herausragenden Wetterphänomenen, in den verstorbenen
Ahnen, in Tieren und in vielen anderen Dingen.
Glaubt man den Historikern, so finden
sich auch in den Ursprüngen der jüdischen Religion Hinweise auf die
Entwicklung der Verehrung ihres Gottes als Berg- und Wüstengottheit.
Später findet Israel seinen Gott in
der Erfahrung der Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft, erlebt
ihn als Gesetzgeber und sogar als eifersüchtigen Gott, der alle
anderen Religionen vernichtet sehen will.
Davon berichten die Geschichtsbücher
des Alten Testaments. Israels Gottesbild ist im Wandel – aber es
verfestigt sich immer mehr in eine bestimmte Richtung. Gott ist nur
noch unter bestimmten Gegebenheiten zu finden.
Samstag, 3. März 2018
Zentrumsverschiebung und Doppelpassion – Predigt zur Tempelreinigung Joh 2,13-25
Das Johannesevangelium macht es seiner
Hörer- und Leserschaft nicht leicht. Genau genommen ist es ziemlich
unverschämt, wie viele verschiedene Gedanken da in einer kurzen
Textstelle zusammengepfercht und uns hingeworfen werden.
Im heutigen Abschnitt (Joh 2,13-25) ist
die Rede vom Tempel und seinem Abriss, von einem wütenden Jesus,
seinem Tod und seiner Auferstehung, von raffgierigen Händlern und
argwöhnischen Kritikern, vom "Menschen" allgemein und von
"den Juden" im besonderen.
Um hier etwas mehr Verstehen zu
ermöglichen, möchte ich ein paar Verständnisschneisen schlagen,
damit klar wird, worum es eigentlicht geht.
Freitag, 5. Januar 2018
Sie knien vor dem Kleinsten. Erscheinung des Herrn
Am heutigen Fest der Erscheinung des
Herrn hören wir, wie die weisen Männer vor dem Kinde knien. Nach
ihrem weiten Weg aus dem Osten und mit dem Umweg über den
Königspalast in Jerusalem waren sie in Bethlehem angekommen. Sie
hatten einen König erwartet - und ein Kind armer Leute
gefunden.
Dienstag, 26. Dezember 2017
Gott unter widrigen Umständen entdecken. Stephanus und Weihnachten
Im Stress der Feiertage zwischen Küche,
Kirche und Gabentisch? Beim Suchen, Einpacken und Auspacken der
Geschenke? Auf den überfüllten, dauerbimmelnden Weihnachtsmärkten?
Mit Kleinkind in der Kirche?
Wo in den Tagen vor und nach
Weihnachten wäre Gott denn gut zu entdecken?
Mir fällt es bei oben genannten
Gelegenheiten eher schwer, Gott zu entdecken. Ich würde mich am
liebsten irgendwo allein mit einem Buch, und sei es die Bibel oder
das Gotteslob, zurückziehen und in die Stille gehen. Oder wenigstens
in Ruhe in die Kirche. Zur Krippe.
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Freitag, 27. Oktober 2017
Spirituelle Impotenz? Religiöse Erfahrung in "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters"
Die Frage nach der eigenen Identität,
die dieser Tage nicht nur die Katalanen in stürmischer Weise
umtreibt, sondern auch viele verunsichert-besorgte Menschen in den
Demokratien der EU und darüber hinaus, ist eine Frage, die sich auch
alle, die eine Migrationsbiographie haben, immer wieder stellen.
Wo gehöre ich hin, ab wann gehöre ich
dazu, wo will ich überhaupt dazu gehören und wo auf keinen Fall,
welche parallelen oder mehrfachen Zugehörigkeiten habe ich oder habe
ich nicht....?
Der unlängst an diesem Ort schon
erwähnte Roman "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters"
von Dimitrij Kapitelman hat genau dasselbe Thema – der Erzähler
ist mit seinem Vater nicht nur auf eine biographische, sondern auch
auf eine politische und religiöse Identitätssuche gegangen und nach
Israel gereist.
Samstag, 18. März 2017
Die Grenzen und die tiefe Sehnsucht. Über Jesu Gespräch mit der Samariterin (Joh 4)
Das Gespräch am Jakobsbrunnen aus dem
Evangelium des Sonntags (Joh 4,5-42) hat exemplarischen Charakter.
Der Evangelist Johannes stellt anhand der Begegnung Jesu mit der
Samariterin heraus, dass Menschen mit einer existenziellen Frage oder
einer tiefen Sehnsucht im Herzen bei Jesus Gottes Heil und ein Leben
in Fülle finden können.
Im Verlauf des Gesprächs erkennt die
Frau Jesus in immer tieferem Maße – zunächst ist ihr nur klar,
dass er als „Jude“ auf sie zutritt (v9). Nach einigen
Sätzen fragt sie sich (und ihn) schon, ob er denn größer als ihr
gemeinsamer Vorvater Josef sei (v12) und kommt zum Schluss, dass er
ein „Prophet“ sein müsse (v19). Als er dann von der Zeit
spricht, in der Gott unabhängig von einzelnen Anbetungsorten und
-formen zu finden sei, erwähnt sie den verheißenen „Messias“
– als der er sich ihr sogleich zu erkennen gibt (v25.26). Das alles
führt schließlich zum Bekenntnis der ganzen Stadt zu Jesus als dem
„Retter der Welt“ (v42).
Dienstag, 7. März 2017
"Brüder, die auf verschiedenen Wegen gehen" Jehuda Bacon und der jüdisch-christliche Dialog
Die derzeit stattfindende „Woche der Brüderlichkeit“,
die die Beziehung zwischen Juden und Christen stärken und vertiefen
soll, rutscht bei mir meistens unter die Wahrnehmungsgrenze.
Dabei ist der Dialog zwischen Juden und
Christen genauso nötig wie die theologische und lebenspraktische
Auseinandersetzung mit dem Islam.
Deshalb sei an dieser Stelle ein Zeuge
vorgestellt.
Er bietet eine weniger von
theologischen und aktuellen religionsdialogischen Diskursen
aufgeladene Perspektive, sondern schöpft aus seiner Lebenserfahrung
und persönlichen religiösen Reflexionen, die von dieser Erfahrung
gesättigt und von jüdisch-rabbinischem Geist gefüllt sind.
Samstag, 12. November 2016
Keine Weltuntergangsstimmung, bitte! - Eine Predigt im Gefängnis
Es ist so viel passiert, worüber man schreiben könnte... Stattdessen sei hier nur auf zwei Fundstücke im Netz hingewiesen.
Angesichts des Todes von Leonard Cohen ist hier einer seiner schönsten Songs, ein imaginärer (Liebes)Brief an einen ehemaligen Nebenbuhler: "Famous blue raincoat".
Angesichts der Wahlen in den USA fand ich einen Text, der nicht Umfrageinstitute zerreißt, über Wählerverhalten aufklären will oder den Untergang der freien Welt wegen der Wahl eines solchen Egomanen an die Wand malt, sondern der kritisch-konstruktiv nach vorn schaut: "What do we tell the children?"
Und damit zu dem, was ich morgen so oder ähnlich im Gefängnis predigen werde:
Samstag, 27. August 2016
Mein Kind kniet neben mir – Ein kurzer Gedanke zum Sonntagsevangelium
Seit wir in Polen waren und einige
Kirchen besucht haben, in denen das Allerheiligste ausgesetzt war,
kniet meine bald zweijährige Tochter regelmäßig neben mir in der
Kirche. Natürlich macht sie währenddessen alles mögliche, aber
wenn sie sieht, dass andere Leute knien, will sie das nun auch. So
ist das also mit der Erziehung durch Vorbildwirkung.
Ich musste daran denken, als ich die
Lesungen des Sonntags las – dort geht es um Bescheidenheit und
Demut als Lebenshaltung . Was auch für das Leben im Allgemeinen
gelten kann, sagt Jesus bei einem Gastmahl: "Such Dir nicht
den Ehrenplatz aus!" (Lk 14,8) und betont: "Wer sich
selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird
erhöht werden." (v11) Insofern scheint das Knien die
angemessene Haltung im feierlichen Mitgehen des Hingabemahles Jesu zu
sein.
Sonntag, 1. Mai 2016
"Einen Tempel sah ich nicht ..." – Revolution der Unmittelbarkeit
Die Vertreter der revolutionären
Utopie der einstmaligen Arbeiterbewegung werden sich zu den bekannten
klamaukartigen Tumulten und Gewaltorgien auch in diesem Jahr wieder
in Berlin und an anderen Orten zusammenfinden.
Da das Christentum eine
Selbstentfremdung durch was auch immer ebenfalls ablehnt und vielmehr
geschwisterliche Gerechtigkeit und umfassende Befreiung sucht, ließen
sich auf inhaltlicher Ebene durchaus Berührungspunkte finden – mit
den bewährten Abgrenzungen gegenüber Hass als Grundlage des
Diskurses und brachialer Gewalt als Mittel seiner Durchsetzung.
Und mit einem anderen Ziel.
Und mit einem anderen Ziel.
Montag, 28. März 2016
Vulkanfeuer im Inneren – Der Herr ist auferstanden!
"Der Tod ist tot – das Leben
lebt. Halleluja!"1
Gott hat den Tod selbst vernichtet, das
Ende jedes lebendigen Wesens ist nicht mehr sein wirkliches Ende,
sondern der Eingang in neues Leben, das nicht mehr an der irdischen
Materie hängt. Im Altgriechischen gibt es dafür zum Glück zwei
verschiedene Worte – das biologische Leben ist βíος (bios) und
das eigentliche (göttliche) Leben ist ζωή (zoe). Das Deutsche
verfügt nicht über diese Differenzierungsmöglichkeiten – und
lädt darum zu Fehldeutungen ein.
Montag, 31. August 2015
Vertrauen lernen - Innenperspektiven eines Fliehenden bei Hilde Domin
Hilde Domin war Flüchtling, als
Flüchtlinge noch Emigranten oder Exilanten hießen. Über Italien
und Großbritannien führte der Weg dieser außergewöhnlich
sprachbegabten Frau aus jüdischem Hause im Jahr 1940 schließlich
nach Santo Domingo, wo sie zu ersten eigenen Texten fand. Aufbruch
und Abschied, Unterwegssein und Suche nach Heimat gehören zu ihren
Themen, auch in den "Liedern zur Ermutigung". Das zweite
Lied1
fängt viele Aspekte aus dem Leben eines Flüchtlings ein:
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