Montag, 28. März 2016

Vulkanfeuer im Inneren – Der Herr ist auferstanden!

"Der Tod ist tot – das Leben lebt. Halleluja!"1

Gott hat den Tod selbst vernichtet, das Ende jedes lebendigen Wesens ist nicht mehr sein wirkliches Ende, sondern der Eingang in neues Leben, das nicht mehr an der irdischen Materie hängt. Im Altgriechischen gibt es dafür zum Glück zwei verschiedene Worte – das biologische Leben ist βíος (bios) und das eigentliche (göttliche) Leben ist ζωή (zoe). Das Deutsche verfügt nicht über diese Differenzierungsmöglichkeiten – und lädt darum zu Fehldeutungen ein.

Licht erscheint. Grünheide, 2016.
Joseph Ratzinger entgegnet deshalb dem Fehlurteil, dass es bei der Auferstehung um eine Art Wiederbelebung Jesu gehe, folgerndermaßen:
"Die Auferstehung Jesu ist nicht so etwas wie die nochmalige Überwindung des klinischen Todes, die wir auch heute kennen und die irgendwann dann doch mit einem nicht mehr zurückzunehmenden klinischen Tod endet. Daß es so nicht steht, machen nicht nur die Evangelisten klar, sondern unser Credo selbst, indem es das Auftreten des Auferstandenen anschließend mit dem griechischen Wort ώφϑη
beschreibt, das wir im Deutschen gewöhnlich übersetzen: Er erschien; richtiger müßten wir vielleicht sagen: Er gab sich zu sehen. Diese Formel macht deutlich, daß hier etwas anderes ist. Daß Jesus nach der Auferstehung einem Bereich der Wirklichkeit zugehört, der sich normalerweise unseren Sinnen entzieht."2

Auferstehung reicht tiefer in die Wirklichkeit hinein als wir fassen können. So tief, dass unsere Sinnlichkeit keinen adäquaten Haltepunkt mehr findet, wenn es um den Auferstandenen geht. Nur von Gott her ist zu denken, was hier geschieht. Menschen können es nicht fassen, Er allein kann sich zeigen.

Doch bei der Auferstehung des toten Jesus aus Nazareth geht es nicht nur um diesen einen Menschen in Jerusalem, sondern es geht um mehr. Um viel mehr.
Dem christlichen Glauben geht es hier um alles, nicht nur um Jerusalem, sondern um die ganze Welt. In der Auferstehung wird die ganze Welt von innen verwandelt. Das neue Leben hängt nicht mehr an der Materie, hieß es oben. Aber die Materie wird auch nicht wertlos. So schreibt Ratzinger weiter, dass die Auferstehung ein Bekenntnis zu Gott sei, aber auch "ein Bekenntnis zu seiner Schöpfung, zu dem unbedingten Ja, mit dem Gott zur Schöpfung, zur Materie, steht. Gottes Wort reicht wirklich bis in den Leib hinein. Seine Macht endet nicht vor der Grenze der Materie. Sie umfaßt das Ganze."3

Unterirdische Umwälzungen. Pflug in Kleinbrembach, 2015.
Von der Macht Gottes über die Materie spricht auch ein anderer großer Theologe, Karl Rahner, in seinen Betrachtungen zum Kirchenjahr. So wie es das Matthäusevangelium in mythischer Sprache versucht, die Fernwirkung der Auferstehung zu benennen, indem die Auferstehung der jüdischen Gerechten angedeutet wird (vgl. Mt 27,52), so fasst Rahner in poetische Form, wie die Auferstehung Jesu alles schon in Bewegung gebracht hat:

"Er ist auferstanden, um zu offenbaren, daß durch seinen Tod das Leben der Freiheit und Seligkeit in die Enge und den Schmerz der Erde, mitten in ihrem Herzen, ewig eingesenkt bleibt.
Was wir seine Auferstehung nennen und unbedacht als sein privates Schicksal betrachten, ist nur auf der Oberfläche der ganzen Wirklichkeit das erste Symptom in der Erfahrung dafür, daß hinter der sogenannten Erfahrung (die wir wo wichtig nehmen) alles schon anders geworden ist in der wahren und entscheidenden Tiefe der Dinge. Seine Auferstehung ist wie das erste Ausbrechen eines Vulkans, das zeigt, daß im Innern der Welt schon Gottes Feuer brennt, das alles zum seligen Glühen in seinem Lichte bringen wird. Er ist auferstanden, um zu zeigen: Es hat schon begonnen."4

Ebensowenig wie den Auferstandenen können wir auch die Umgestaltung und Verwandlung der Welt nicht in ihrer Tiefe wahrnehmen – "Weil Er nicht an den Symptomen der Oberfläche begann, die Welt zu heilen, zu retten und zu verklären, sondern an der innersten Wurzel anfing, meinen wir Wesen der Oberfläche, es sei nichts geschehen. Weil die Wasser des Leidens und der Schuld dort noch fließen, wo wir stehen, wähnen wir, ihre Quellkammern in der Tiefe seien noch nicht versiegt. Weil die Bosheit noch immer neue Runen in das Angesicht der Erde zeichnet, schließen wir, im tiefsten Herzen der Wirklichkeit sei die Liebe gestorben. Aber es ist alles nur Schein. Der Schein, den wir für die Realität des Lebens halten.
Er ist auferstanden, weil Er die innerste Mitte allen irdischen Seins im Tod für ewig erobert und erlöst hat."5

Gerade in Zeiten des Terrors, des Krieges und der Umwälzungen vieler Gesellschaftsbereiche können wir uns das sagen lassen – "Der Tod ist tot – das Leben lebt."
Das ist die österliche Botschaft – Gewalt und Hass mögen sich noch so sehr aufbäumen, Gottes Liebe hat die Welt schon unterfasst und von innen her durchflutet und geheiligt.

Neugestaltung unter der Oberfläche. Waren / Müritz, 2016.

1   Gotteslob von 1978, Nr. 224: Vom Tode heut erstanden ist.

2   J. Ratzinger, Der Gott Jesu Christi. Betrachtungen über den Dreieinigen Gott. München 1976, 81.

3   Ebd., 84.

4   K. Rahner, Kleines Kirchenjahr. München 1954, 88f.


5   Ebd., 89.