Josef ist in der christlichen Tradition
eher der Untergebutterte, der Verdeckte, der im Schatten von Mutter
und Kind Stehende. Aber er tut immer, was getan werden muss und
rettet beide.
Die Frömmigkeit hatte es von jeher
leichter mit ihm als er es selbst in seinem Leben hatte – stets
war er der Nicht-Echte und doch als Hausvater Benötigte; in der
frommen Verehrung wird er zur treuen Seele, zum schweigenden Vorbild,
zur irdischen Herkünftigkeit, zum menschlich-unvollkommen-gediegenen
Abglanz des wirklichen Vaters, zum Handwerker und Ausbilder des
späteren Erlösers.
Vertraueneinflößend. Most Poniatowskiego, Warschau, 2015. |
Andreas Knapp schreibt in "unterwegs
zum kind"1
über diesen Josef:
"ein mann voller pläne
die im traum schon zerbrechen
verzichtet auf begreifen
vertrauensselig wie ein kind"
In der Spur seiner den Worten des
Engels trauenden Verlobten Maria steht er hier also als einer da, der
nicht mehr sein eigenes Lebensglück sucht und festhalten will,
sondern auf die Träume Gottes hört – und sich ihnen unterordnet.
Nicht das kritische Nachhaken, kein
Auflehnen gegen Fremdbestimmung, nicht das lange Reflektieren vor der
Entscheidung. Insofern ist er uns aufgeklärt-kritischen Geistern des
21. Jahrhunderts fremd. Aber gerade so kann seine Person eine
Einladung sein zur Emphase, zum Großmut, zum Vertrauen.
Zugleich steht er, darin uns viel
näher, für Menschen mit gebrochenen Lebensplänen, für die gerade
Gescheiterten – die an ihm sehen können, dass in den Scherben noch mehr sein kann. Dass sich im ungewollten Umbruch vielleicht etwas
verbirgt, das Leben verheißt.
Und ein zweiter Punkt: In "nazaret"2
hebt Andreas Knapp auf die Spiritualität des Alltags ab und weist
hin auf die Gegenwart Gottes mitten darin. Josef selbst bleibt
ungenannt.
"das leben pulsiert im rhythmus
von hammer und säge
die hobelspäne der zeit
fallen auf den boden
der normalität"
Josef war der Normalo. Einer, der ein
Leben lang dasselbe tat. Durch und durch bodenständig, trotz des
außergewöhnlichen Anfangs. Ob ich das als vorbildhaft begreifen
soll, weiß ich nicht. Ich bin nicht so. Aber etwas in mir fragt
sich, ob es einem Kind nicht tatsächlich gut tut. Von wegen
Verlässlichkeit, gefestigte Strukturen, Vertrauen fassen in die Welt
und so.
Wahrscheinlich hat es Jesus und seinem
Lebensrhythmus, vielleicht sogar der Beziehung zu seinem Gottvater
gut getan.
Wahrscheinlich ist Josef mit seiner
Opferbereitschaft, seiner Gottgehörigkeit, seiner Treue und
Beständigkeit tatsächlich ein gutes Vorbild für den freiheitsliebenden und gottsuchenden Sohn gewesen.
Beständigkeit und Ruhe. Innerstädtisches Gymnasium, Rostock, 2015. |
1 In:
A. Knapp, Heller als Licht. Biblische Gedichte. Würzburg 2014, 45.