Weihnachten, das sind sowieso schon immer Kontraste, und dieses Jahr nun besonders deutliche, die zu benennen fast schon platt ist:
Deutsche Gemütlichkeit im Familienidyll bei der Geburtstagsfeier eines obdachlosen und unehelichen Kindes.
Dazu Terror und Gewalt in Aleppo, in Berlin und anderswo, während man zwischen den Jahren endlich entspannt die freien Tage genießen will.
Gesang von der stillen Nacht, die (jedenfalls in Berlin) schon von Böllern torpediert wird.
Wo das Familienidyll nur Sehnsucht bleibt, sind besonders heftige Auseinandersetzungen an der Reihe.
Von all den anderen Reibepunkten des Weihnachtskapitalismus und der Glühweinseligkeit mit der christlichen Botschaft ganz zu schweigen.
Mittwoch, 28. Dezember 2016
Samstag, 24. Dezember 2016
Make mankind great again! Gottes Weihnachts-Slogan
Seit ich als Gefängnisseelsorger
arbeite, fragen mich immer wieder Menschen, was denn die Inhaftieren
von mir wollen, wenn sie um ein Gespräch bitten. Ob sich denn Viele
bekehren würden, ob Menschen ihr Gewissen erleichtern wollten.
Wenn ich dann sage, dass ich oft
einfach ein Bedürfnis sehe, mit jemandem zu sprechen und jemandem
ein familiäres oder ein sonstiges Problem zu erzählen oder eine
Frage loszuwerden, findet man das zwar interessant, aber eben nicht
besonders spektakulär. (Vom Wunsch nach Tabak und Kaffee einmal
abgesehen...)
Tatsächlich ist es ja eine spannende
Sache, dass aus diesem kleinen Kind, auf das wir an Weihnachten
schauen, am Ende eine Religion entstehen wird, in deren Auftrag ich
jetzt im Rahmen des Justizvollzugs tätig bin und Menschen auf einem
kleinen Abschnitt ihres Lebens begleite.
Wir feiern die Geburt dieses Mannes aus
dem Volk Israel, wegen dem ich heute einen Gottesdienst feiere und
der heute noch Menschen dazu bringt, einander ihr Leben zu erzählen,
einander ein Stück zu begleiten, einander zuzuhören.
Natürlich ist das Erzählen und Hören
nicht nur Jesus geschuldet und vielleicht könnte das auch irgendwie
anders möglich sein. Aber schon dann, wenn es allein das wäre, was
Jesu Geburt gebracht hat, dass Menschen einander mehr zuhören, wäre
das doch klasse.
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Mittwoch, 21. Dezember 2016
"Die Nacht ist vorgedrungen" - Weltdunkel und Adventlicht
Die Tage werden kürzer, die Ereignisse
schrecklicher.
Nach dem (vor)gestrigen Anschlag in
Berlin habe ich auch für den Blogoezese-Adventskalender nur wenig
anderes im Kopf als dies.
Dunkel scheint sich über die Welt zu
legen, wenn ich ernsthaft beginne, mir vor Augen zu halten, was da
geschehen sein muss und wie es Betroffenen wohl gehen mag. Ich selbst
kann mir gar nicht vorstellen, was in Menschen vorgeht, die einen
lieben Menschen dort sterben sehen mussten oder in den ersten
Stunden des heutigen Tages verloren haben.
"Seelendunkel" wird es in
vielen Fällen wohl treffen, wenn Fassungslosigkeit, Resignation,
Trauer, Wut, Leere und Angst inbegriffen werden sollen.
Dem heutigen kürzesten und dunkelsten
Tag des Jahres steht diese Licht-Dunkel-Rede vielleicht auch besser
als viele andere Gedanken.
Montag, 19. Dezember 2016
Nicht ein Schimmer – Fassungslos in Berlin
Als hätte jemand dem furchtbaren Jahr
2016 noch einen schwarzen Hut aufsetzen wollen!
Tote und viele Verletzte bei einem Anschlag
auf den Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in
Berlin. Ein Laster fährt in die Menschenmenge.
Ich weiß nicht, was dazu zu sagen
wäre. Sicher nicht mehr nichts anderes als bei anderen Anschlägen.
Doch es macht wieder und wieder fassungslos. Traurig.
Dienstag, 13. Dezember 2016
Viele Male Josef: der Loslassende, der Demütige, der Getröstete, der Erwachte...
Das Evangelium des kommenden Vierten Advents (Mt
1,18-24) stellt die Geschichte der Geburt Jesu aus der Sicht Josefs
dar. Einige Gedankensplitter.
Der will sich zunächst, in guter
Weise, wie versichert wird, aus dem Staub machen. Wie edel seine
Motive allerdings auch seien, sie wären darauf hinausgelaufen, dass
Maria allein ein uneheliches Kind aufgezogen hätte. Menschlich (und
wenn man so will, auch juristisch) ist die Sache und Josefs Gedanke
damit eindeutig und klar. Zwar will er "sie nicht
bloßstellen" (v19), aber seine eigene Reputation will er
schon auch noch wahren.
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Dienstag, 6. Dezember 2016
Advent und das Wunder des werdenden Lebens
Wer von Advent und Weihnachten im
christlichen Sinne spricht, spricht immer auch davon, dass Jesus
Christus als Mensch geboren wird. Dass Gott da also ein Mensch werden
will, wird, insofern eine solche Aussage nicht ins Mythologische
abgeschoben wird, gemeinhin als Wunder bezeichnet.
Doch bei genauerer Betrachtung ist das
größte Wunder eigentlich, dass durch den sexuellen Akt überhaupt
neues Leben entsteht. Dass die Eizelle einer Frau und die Samenzelle
eines Mannes zusammen fähig sind, in der Gebärmutter der Frau ein
neues Lebewesen entstehen zu lassen, ist eigentlich gar nicht zu
fassen.
Donnerstag, 1. Dezember 2016
Brüderlichkeit in Nazareth - Zum 100. Todestag von Charles de Foucauld
Am 01. Dezember 1916, also heute vor genau 100 Jahren, wurde
Charles de Foucauld in seiner Einsiedelei in Tamanrasset im heutigen Libyen
Opfer eines Raubüberfalls, in dessen Verlauf er durch Panik und Unbedacht
getötet wird.
Es ist eine Tragödie, dass dieser Mann, der immer für Verständigung
und Nächstenliebe eintrat, der zu diesem Zweck ein Wörterbuch für die Sprache
der einheimischen Tuareg verfasste und der dem gewaltlosen Jesus aus Nazareth nachfolgen
wollte, auf diese Weise sein Leben verlor.
Samstag, 26. November 2016
Der dreifache Advent – Gott zum Menschen hinterhergehen
Bekanntlich schaut die Adventszeit in
drei verschiedene und zugleich miteinander verknüpfte Richtungen:
das dreifache Kommen Gottes zu den Menschen.
1
Da ist zum einen der Blick nach vorn in
die Zukunft, auf das zukünftige Kommen eines Retters in den letzten
Tagen. Davon spricht zum Beispiel die Evangelienlesung
an diesem Ersten Advent. Die Endzeit war ein bestimmendes Thema der
Verkündigung Jesu und dementsprechend voll sind die Evangelien mit
diesbezüglichen Hinweisen und Ausmalungen.
Für heutige Menschen gibt es ähnlich
viele Vorstellungen und vor allem Ängste bezüglich der Zukunft und
der bedrohlichen klimatischen, politischen oder sozialen
Verwerfungsschatten, die sie augenscheinlich schon vorauswirft.
Freitag, 25. November 2016
Schluss mit der Trickserei! – Advent ist nahe
Es geht auf den Advent zu und die Welt
scheint schon in den Startlöchern zu sitzen. Allerorten (auch im
Gefängnis!) wird Schmuck angebracht und erwartet, dass es endlich
gemütlich wird.
Beim Blick in die biblischen Texte, die
die Ankunft (denn nichts anderes bedeutet adventus ja)
thematisieren, zeigt sich allerdings, dass es dabei oft um das
unerwartete Kommen eines Rechenschaft einfordernden Herren geht.
Dementsprechend
wird alles geordnet, die Bücher müssen stimmen, Zahlen werden
schnell geprüft, Löhne ausgezahlt, denn wenn etwas nicht stimmt,
wird es ungemütlich.
Freitag, 18. November 2016
Donald Trump und Kaiser Augustus – Literarische Parallelen
Die Unterschiede liegen natürlich klar
auf der Hand: es herrschen völlig andere politische Verhältnisse,
die Stellung der beteiligten Personen und auch die konkrete
Vorgeschichte unterscheiden sich deutlich. Doch die Art und Weise,
wie einige Personen im Roman „Augustus“ von John Williams
handeln, und wie heute Donald Trump vor und nach der Wahl auftritt,
weisen starke Parallelen auf.
Mittwoch, 16. November 2016
Sehen lernen mit Architektur - Der Kirchenneubau von St. Canisius in Berlin
Gerade habe ich einen Oasentag für das
Kollegium einer katholischen Grundschule in Berlin gestaltet. Orte
der Veranstaltung waren der Gemeindesaal und die Kirche von St.
Canisius im Berliner Stadtteil Charlottenburg.
Weil ich die Architektur und
Ausgestaltung dieses Kirchenneubaus von 2002 so schön finde, habe
ich mir aus diesem Anlass einige Gedanken dazu gemacht und
aufgeschrieben.
Samstag, 12. November 2016
Keine Weltuntergangsstimmung, bitte! - Eine Predigt im Gefängnis
Es ist so viel passiert, worüber man schreiben könnte... Stattdessen sei hier nur auf zwei Fundstücke im Netz hingewiesen.
Angesichts des Todes von Leonard Cohen ist hier einer seiner schönsten Songs, ein imaginärer (Liebes)Brief an einen ehemaligen Nebenbuhler: "Famous blue raincoat".
Angesichts der Wahlen in den USA fand ich einen Text, der nicht Umfrageinstitute zerreißt, über Wählerverhalten aufklären will oder den Untergang der freien Welt wegen der Wahl eines solchen Egomanen an die Wand malt, sondern der kritisch-konstruktiv nach vorn schaut: "What do we tell the children?"
Und damit zu dem, was ich morgen so oder ähnlich im Gefängnis predigen werde:
Montag, 7. November 2016
"Wohl denen, die großherzig sind" - Neue Seligpreisungen nach Avraham Ben Yitzhak
Dieser Tage hat Papst Franziskus in
Schweden eine aktualisierte Fortschreibung der Seligpreisungen
angeboten, die ich sehr ansprechend finde und die es wert wäre, hier
besprochen zu werden. Ich möchte an dieser Stelle aber nur darauf
hinweisen (hier)
und den Anlass lieber nutzen, um eine ältere Reformulierung der
Seligpreisungen vorzustellen, die von dem bereits erwähnten
galizischen Autor Avraham Ben Yitzhak stammt.
Die folgenden, 1930 in Wien
geschriebenen Zeilen stellen die letzte Gedichtveröffentlichung des
Dichters dar.
Dienstag, 1. November 2016
Alle Heiligen ehren – und über Simone Weil stolpern
Entgegen landläufiger Meinung ist
Heiligkeit keine menschliche Leistung, sondern ein Anteil an der
Heiligkeit dessen, der allein heilig ist. Es ist ein Abglanz von
Gottes Heiligkeit.
Nach katholischem Verständnis gehören
zu den als Heiligen verehrten Menschen insbesondere jene, die Jesus
zu seinen Lebzeiten berufen und in besonderer Weise gesandt hat, also
die Apostel, jene, die ihr Leben für Christus gegeben haben, also
die Märtyrer, jene, "die Christi Jungfräulichkeit und Armut
entschiedener nachgeahmt haben"1
und damit ein heiligmäßig vorbildliches Leben führten. Deshalb
müssen für eine Heiligsprechung Erhebungen "über das
Leben, über die Tugenden oder das Martyrium und den Ruf der
Heiligkeit bzw. des Martyriums, über behauptete Wunder sowie
gegebenenfalls über eine althergebrachte Verehrung"2
angestellt werden.
Im Hintergrund steht die Überzeugung,
dass Gottes Geist sich im Leben dieser Menschen besonders sichtbar
geworden ist, in ihrem Leben, sagt das Konzil, "zeigt
Gott den Menschen in lebendiger Weise seine Gegenwart und sein
Antlitz."3
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Montag, 31. Oktober 2016
Reformationstag – Füreinander danken können
Zum Auftakt des Gedenkens an 500 Jahre
Reformation habe ich mir den Liturgieentwurf für den zentralen
ökumenischen Gottesdienst, der am 11. März 2017 in Hildesheim
stattfinden soll, etwas näher angeschaut.
Das gemeinsame Wort, in dem der
Liturgieentwurf enthalten ist, trägt den Namen "Erinnerung
heilen – Jesus Christus bezeugen".1
Das Thema des Gottesdienstes ist dementsprechend Buße, Versöhnung
und gemeinsames Zeugnis.
Samstag, 29. Oktober 2016
Heil heißt, sich lieben zu lassen - Die Verwandlung des Zachäus
...denn die Liebe verwandelt das Leben
und heilt es.
So einfach ließe sich der Grundgedanke
des Evangeliums von Zachäus (Lk 19,1-10) zusammenfassen, das an
diesem Sonntag im Gottesdienst gelesen wird. Jesus sagt darin: "Heute
ist diesem Haus das Heil geschenkt worden", (v9) nachdem er
sich selbst zu dem beobachtenden Zöllner einlud und dieser daraufhin
sein ganzes bisheriges Leben ändert.
Denn Zachäus erfährt sich trotz
seiner Ferne zu den anderen Menschen als von Jesus angenommen, als
dieser sich ihm zuwendet. In diesem grundlegenden Angenommensein
zeigt sich Gottes Liebe zu jedem Menschen.
Donnerstag, 27. Oktober 2016
Unter dem offenen Himmel - Gottesbegegnung im Gefängnis.
Ich arbeite unter sehr privilegierten
Bedingungen. Denn ich habe jeden Tag die Chance, den Himmel offen zu
sehen und Christus zu begegnen.
Vor einigen Tagen fotografierte ich auf
dem Weg zum Gefängnis untenstehendes Motiv, das den Westhafenkanal
zeigt und das nördlich liegende Ufer. Das Wolkenloch befindet sich
also direkt über dem Gefängnis. Unter der Stelle, an der wir den
blauen Himmel erkennen können, leben die Inhaftierten.
Donnerstag, 20. Oktober 2016
Für wen halten mich die Leute? Erste Gedanken als Gefängnisseelsorger
Die Frage, die ich mir bei meiner neuen
Tätigkeit als Gefängnisseelsorger am häufigsten stelle, ist
tatsächlich die: Wer bin ich für diese Leute, für die ich hier
bin, die ich besuche, die mit mir sprechen wollen, mit denen ich
versuche, dienstlich zu kooperieren, die mir einen Antrag schreiben
oder mich einfach so anquatschen, die mich hinein und wieder hinaus
lassen, die mich von ferne sehen, die, auf deren Hilfe und Zuarbeit
ich angewiesen bin...
Oder, um es mit Jesus zu sagen: "Für
wen halten mich die Leute?" (Mk 8,27)
Da liegt auch schon die erste Antwort,
die sich von der Person Jesu und den an ihn gestellten Erwartungen
absetzt – für einen Heilsbringer scheinen mich die wenigsten zu
halten. Allerdings halten auch die wenigsten derer, mit denen ich
spreche, Jesus für einen solchen...
Samstag, 15. Oktober 2016
Bleib trotzdem dran! – Eine Gefängnispredigt
Im morgigen Evangelium (Lk 18,1-8)
wirbt Jesus dafür, immerfort zu beten und spricht in einem Gleichnis
von einem als ungerecht und rücksichtslos bekannten Richter, der
sich auf das Betteln einer Witwe hin entscheidet, ihr zu ihrem Recht
zu verhelfen.
So oder so ähnlich werde ich morgen in
einem Sonntagswortgottesdienst in der JVA predigen:
Mittwoch, 12. Oktober 2016
Was für einen Generaloberen suchen die Jesuiten?
Zur Zeit tagt in Rom die 36.
Generalkongregation der Gesellschaft Jesu, also eine Art
Hauptversammlung von Delegierten, die, nach dem angekündigten und
inzwischen vollzogenen Rücktritt des Generaloberen Adolfo Nicolas,
am Freitag einen neuen Generaloberen wählen werden.
Leiten lassen sie sich dabei von den
Gründungsdokumenten der Jesuiten, also vornehmlich den Satzungen, in
denen das Procedere der Wahl und die Qualifikationen und Aufgaben des
Oberen festgeschrieben sind, aber auch von den Dekreten
vorangegangener Generalkongregationen, die sich zu diesem Thema
geäußert haben.
Dazu hier ein paar kurze Einblicke, wie
sie ähnlich auch andernorts geboten werden.
Sonntag, 9. Oktober 2016
"Liturgie und Ritual im Wandel" – Drei Tagungseindrücke
In dieser Woche fand in Berlin eine
Tagung statt, die eine "zeitgemäße Feier unseres Glaubens"
in den Blick nehmen wollte. Dafür waren zwei wissenschaftliche
Referenten und eine Reihe ExpertInnen aus der Praxis geladen, die
einen Aufriss dessen gaben, was es an liturgischen Möglichkeiten und
Wägbarkeiten gibt, wenn wir unseren Glauben feiern.
Drei Gedankengänge sind mir besonders
hängen geblieben.
Dienstag, 4. Oktober 2016
Franz von Assisi - Ein Mutiger
An Franz von Assisi wird im heutigen Tagesgebet an seinem Gedenktag wie folgt erinnert:
"Gott, du Vater der Armen, du hast den heiligen Franz von Assisi auserwählt, in vollkommener Armut und Demut Christus ähnlich zu werden. Mache uns bereit, auf den Spuren des heiligen Franz deinem Sohn nachzufolgen, damit wir in Freude und Liebe mit dir verbunden bleiben."
Samstag, 1. Oktober 2016
Getröstet wegschicken? Ein Dilemma der Firmvorbereitung.
Es gibt Menschen wie die heilige
Therese von Lisieux, deren Fest die Kirche heute feiert. Sie hatte
eine feste Beziehung zu Gott und wollte schon im frühesten Alter in
ein Karmelitinnenkloster eintreten. Nach mehrfachen Ablehnungen
konnte sie mit Dispens des Ortsbischofs am 09. April 1888 das
Postulat beginnen – im Alter von 15 Jahren!
Die Problemstellung, dass zu junge
Menschen zu enthusiastisch ihre Nähe zur Kirche durch einen Eintritt
ins Kloster ausdrücken wollen, haben wir heute in der Regel nicht.
Auch sonst stellt sich die Gottesbeziehung heutiger junger Menschen
ja selten so intensiv dar, dass man bremsen muss.
Ich jedenfalls hatte dieser Tage ein
Gespräch, das mich in Konflikte stürzt.
Es ging um die
Firmvorbereitung unserer Gemeinde, die aus verschiedenen Modulen
bestand, darunter Sozialeinsatz, Hauskreisgespräche, Kennenlernen
kirchlicher Einrichtungen und Menschen in der Nachfolge Jesu vor Ort,
Gottesdienstfeiern und eine gemeinsame Feier der Versöhnung. Kein
Programm, das zu hohe geistliche Anforderungen stellt, aber das
helfen sollte, in einem guten halben Jahr sich selbst und Gott in der
Kirche vor Ort näher zu kommen.
Für die mehr oder weniger kirchlich
sozialisierten Jugendlichen zwischen 16 und 18 bedeutet es in erster
Linie regelmäßigen Zeiteinsatz und Reflexion über die eigenen
Motivation zu diesem "Sakrament der Mündigkeit".
Dienstag, 27. September 2016
Unfassbar anwesend. Gotteserfahrung und Liturgie
Auf einem Seminar zum Thema Liturgie
habe ich neulich ein paar spontane Gedankensplitter zum Thema
Gotteserfahrung, Liturgie und Liturgen zusammengefügt.
Samstag, 24. September 2016
Was braucht es denn noch alles, damit sich etwas ändert?
Das Evangelium des Sonntags (Lk
16,19-31) bietet eine Fülle von Themen: wo der arme Lazarus und der
reiche Mann einander im Leben und im Tod gegenübergestellt werden,
da wird Gottes Leidenschaft für die Armen und seine ausgleichende
himmlische Gerechtigkeit angesprochen, bildhaft werden Vorstellungen
von postmortalem Leben und Leiden illustriert, und die spannende
Frage von einer eventuellen Verantwortung der Toten für die Lebenden
taucht auf.
Von diesem letzten Punkt ausgehend
möchte ich einem Gedanken nachgehen.
Der in Schmerzen leidende ehemalige
Reiche bittet Abraham darum, seine Brüder zu warnen, dass es diesen
nicht wie ihm ergehe. Doch Abraham erwidert ihm im letzten Satz des
vorzulesenden Textes: "Wenn sie auf Mose und die Propheten
nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn
einer von den Toten aufersteht." (v31)
Dienstag, 20. September 2016
Unentschieden – Von den Gefahren der Sehnsucht zu Jan Twardowski
Natürlich hat irgendjemand gewonnen.
Irgendwie.
Und doch liegen die Ergebnisse von SPD,
CDU, Grünen, Linken und AfD nach der Berliner Wahl am Wochenende so
nah beisammen, dass ich den Eindruck bekomme, es sei eine Art
Unentschieden.
Sonntag, 11. September 2016
Schwarze Schafe sind keine Feinde!
Die Beispiele Jesu im heutigen
Evangelium (Lk 15,1-10) drehen sich um unterschiedliche Wertigkeiten
– die Verlorenen werden von ihm so hoch geschätzt, dass daneben
sogar das sicher Besessene verblasst.
Der Kontext dieser Aussagen ist ein
Streitgespräch mit Schriftgelehrten, die sich darüber aufregen,
dass Jesus mit Zöllnern und sonstigen Sündern abgibt. Der Prediger
verglich dieses Vorgehen Jesu im heutigen Gottesdienst am Rande
damit, dass es so wäre, wenn wir uns mit AfD-Leuten zusammen an den
Tisch setzen würden.
Mittwoch, 7. September 2016
Von der Haltung eines Seelsorgers – Gedanken im Anschluss an Emmanuel Carrère
In diesen Tagen beginne ich an einer
neuen Stelle zu arbeiten – ich werde als Gefängnisseelsorger in
Berlin tätig sein und überlege seit längerem, welche Haltung ich
dabei einnehmen will.
Passenderweise lese ich zeitgleich "Das
Reich Gottes" von Emmanuel Carrère, ein
autobiographisch-romanhaft-essayistisches Hybrid-Buch, das von
Glauben und Nichtglauben handelt, von religiösen Erfahrungen und
Anfechtungen eines kritischen Intellektuellen und davon, was das mit
dem Urchristentum zu tun hat.
Zu diesem faszinierenden und eingängig
geschriebenen Buch vielleicht später einmal mehr.
Hier geht es mir nur um den
Anfangsteil, in dem der Autor sehr beeindruckend die Begegnungen mit
seinen (ich formuliere mal sehr weit) spirituellen Begleitern und
Mentoren beschreibt. Es handelt sich um seine Patentante Jacqueline,
zu der eine ganze Reihe von Menschen mit ihren Problemen kommen, und
um deren zweites Patenkind Hervé, der wiederum zum Freund des
Ich-Erzählers wird.
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Samstag, 3. September 2016
Gerufen. Von Mutter Teresas Heiligkeit.
Alle Welt redet plötzlich davon, wie
man in der katholischen Kirche heilig wird, wie sinnvoll das
Heiligsprechungsverfahren von Mutter Teresa ist, ob sie ein Vorbild
sein kann, was das mit ihrer langjährigen Erfahrung der Gottesferne
zu tun hat – und so fort.
Drei Sätze von ihr selbst zu diesem
Thema, Sätze, die auch von vielen anderen ChristInnen stammen
könnten, weil sie eine allgemeine Überzeugung des Christentums
aussagen, die aber in dieser Version eben von ihr sind:
"Wir alle sind berufen, Heilige zu werden. An diesem Ruf ist
nichts außergewöhnliches. Wir alle sind als Abbilder Gottes
geschaffen worden, um zu lieben und geliebt zu werden."1
Freitag, 2. September 2016
Uralt-frischer Quell – Ein Gedanke von Hans Urs von Balthasar
Was nützt es uns heute, dass Gott sich
vor 2000 Jahren in Jesus Christus gezeigt hat und was hat es mit
unserem Leben zu tun?
So müssen sich wohl viele
Nichtchristen (und Christen) fragen, denen nicht spontan ein
tragfähiger Sinn aus der Gottesoffenbarung in Jesus Christus
aufgeht. Zudem scheint sich der kirchliche Ballast theologischer
Gedankengebäude aus vielen Jahrhunderten zwischen uns und dieses
Ereignis zu drängen, so dass ein persönliches Angesprochensein
durch Jesus Christus und seine Botschaft noch schwieriger wird.
Wenn sich in unsicheren Zeiten dann
theologisch konservative Gruppen verstärkt auf den Wert kirchlicher
Traditionen berufen, stellt sich die Frage, wie die Botschaft von
Jesus noch als persönliches Wort an einen Menschen im Heute ankommen
kann.
Samstag, 27. August 2016
Mein Kind kniet neben mir – Ein kurzer Gedanke zum Sonntagsevangelium
Seit wir in Polen waren und einige
Kirchen besucht haben, in denen das Allerheiligste ausgesetzt war,
kniet meine bald zweijährige Tochter regelmäßig neben mir in der
Kirche. Natürlich macht sie währenddessen alles mögliche, aber
wenn sie sieht, dass andere Leute knien, will sie das nun auch. So
ist das also mit der Erziehung durch Vorbildwirkung.
Ich musste daran denken, als ich die
Lesungen des Sonntags las – dort geht es um Bescheidenheit und
Demut als Lebenshaltung . Was auch für das Leben im Allgemeinen
gelten kann, sagt Jesus bei einem Gastmahl: "Such Dir nicht
den Ehrenplatz aus!" (Lk 14,8) und betont: "Wer sich
selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird
erhöht werden." (v11) Insofern scheint das Knien die
angemessene Haltung im feierlichen Mitgehen des Hingabemahles Jesu zu
sein.
Donnerstag, 25. August 2016
Islam ist Sex?!?! – Über "Unterwerfung" von Michel Houellebecq
"Wie die meisten anderen
Menschen wahrscheinlich auch übersprang ich die Kapitel, in denen es
um die religiösen Pflichten, die Säulen des Islam und das Fasten
ging, um direkt zu Kapitel VII zu springen: 'Warum Polygamie?'"1
Eigentlich sagt dieser Satz alles, was
die Blickrichtung und den Stil des vieldiskutierten letzten Romans
von Michel Houellebecq angeht. Neben der (mehr oder weniger) subtil
ironischen Haltung zu inhaltlichen religiösen Fragen geht es
vorrangig um Sex. Dem französischen Klischee entsprechend kommt
natürlich auch die Darstellung der Vorzüge alkoholischer Getränke
und der französischen und arabischen Küche nicht zu kurz, aber was
den Ich-Erzähler eigentlich bewegt, sind nicht metaphysische Fragen,
sondern das Herausgelangen aus der Sinnlosigkeit seines einsamen
Akademikerlebens in einer liberalen Mehrheitsgesellschaft unserer
Tage hinein in die im Roman neu sich eröffnenden sexuellen
Möglichkeiten des politisch dominierenden Islam.
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Dienstag, 23. August 2016
Christsein als Bundesgeschehen
In letzter Zeit kommt mir dieses Thema
immer plausibler vor – dass für das Verständnis des christlichen
Lebensvollzugs beim durch Gott vorgeschlagenen Bund anzusetzen ist,
bei einem Bund, der seit den Bundesschlüssen, von denen das Alte
Testament berichtet, bis zu jeder einzelnen heutigen Person reicht.
Schon unsere normale Bezeichnung für
die beiden Teile der Bibel erinnert daran, denn es ist das "Wort
'Testament', das über das griechische diathéké das
alttestamentliche Wort für Bund (beríth) wiedergibt".1
In den biblischen Büchern geht es mithin nicht um das Erzählen von
Geschichten, sondern um das Zeugnis von diesem Bund Gottes mit den
Menschen.
Joseph Ratzinger verweist in diesem
Zusammenhang auf die rabbinische Theologie, nach der der
Bundesgedanke sogar der innerste Grund der Schöpfung der Welt sei:
"Der Kosmos wird geschaffen, nicht damit es vielerlei
Gestirne und Dinge gebe, sondern damit ein Raum sei für den 'Bund',
für das Ja der Liebe zwischen Gott und dem ihm antwortenden
Menschen."2
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Donnerstag, 18. August 2016
Ungewohnt neue Nachbarn. Ein Bilderreigen
Zur Sommerzeit mal wieder ein paar Bilder, die ungewohnte Kombinationen bieten.
Denn mit neuen Nachbarn ist es ja so eine Sache - einer mag sie, eine andere reagiert mit Abscheu. Und auch, wer nur von außen schaut, bildet sich eine Meinung.
Die Bilder schließen an meine Gedanken zur Integration an. Prost.
Denn mit neuen Nachbarn ist es ja so eine Sache - einer mag sie, eine andere reagiert mit Abscheu. Und auch, wer nur von außen schaut, bildet sich eine Meinung.
Die Bilder schließen an meine Gedanken zur Integration an. Prost.
Montag, 15. August 2016
Maria wirkt mit - Gnadentheologie aus der Wirtschaft zu Mariä Himmelfahrt
An erstaunlicher Stelle las ich vor einiger Zeit erhellende Gedanken zum Thema Geben und Empfangen - und damit indirekt auch von der Wirksamkeit der Gnade.
Der Wirtschaftsteil der "Zeit" nämlich berichtete von Superreichen, die das Großspenden neu für sich entdeckt haben. Da geht es um viele Millionen Euro, die seit neuestem auch von der Unternehmerin Susanne Klatten systematisch als Spende in die Gesellschaft "reinvestiert" werden. Ganz selbstverständlich wird in ökonomischen Kategorien gedacht und formuliert, denn das Geld soll natürlich nicht irgendwohin gelangen, sondern dorthin, wo es am nötigsten ist und am meisten erreichen kann - effektiv eingesetzt und nicht verschleudert.
Der Wirtschaftsteil der "Zeit" nämlich berichtete von Superreichen, die das Großspenden neu für sich entdeckt haben. Da geht es um viele Millionen Euro, die seit neuestem auch von der Unternehmerin Susanne Klatten systematisch als Spende in die Gesellschaft "reinvestiert" werden. Ganz selbstverständlich wird in ökonomischen Kategorien gedacht und formuliert, denn das Geld soll natürlich nicht irgendwohin gelangen, sondern dorthin, wo es am nötigsten ist und am meisten erreichen kann - effektiv eingesetzt und nicht verschleudert.
Freitag, 12. August 2016
JosephsReligion 8 - Rasse oder Geist
Am 12. August 1955, also heute vor 61 Jahren, starb Thomas Mann in Zürich. Gegen den Ungeist des Nationalsozialismus hat er sich nicht nur in vielen privaten Briefen und öffentlichen Radioansprachen gewandt - sondern auch in seinem großen Josephsroman, der seit 1933 in vier Teilen erschien.
Mann wollte darin einen biblisch inspirierten Gegenentwurf zum geistlosen Rassismus, der in jener Zeit in Deutschland wütete, bieten.
Selten genug wird der Roman diesbezüglich eindeutig - aber vor einer der heikelsten Szenen, nämlich der versuchten Verführung Josephs durch die Frau des Potiphar, geschildert im dritten Band "Joseph in Ägypten", der 1936 erschien, geschieht es.
Diese Stelle möchte ich an seinem Todestag kurz anführen.
Diese Stelle möchte ich an seinem Todestag kurz anführen.
Montag, 8. August 2016
"Komm, wir gehen für unser Volk!" Das jüdisch-christliche Martyrium der Edith Stein
Der Gedanke vom Mit-Leiden mit Christus
als dem Gekreuzigten prägte Edith Stein so sehr, dass sie als
Ordensnamen Teresia Benedicta a Cruce wählte, also "Theresia,
die vom Kreuz gesegnete". Darin drückte sich einerseits ihre
Verehrung für Teresa von Avila aus, deren Autobiographie sie 1921
zum entscheidenden Schritt in den christlichen Glauben bewegte,
andererseits bezieht sie sich mit diesem Namen auf Johannes vom
Kreuz, dessen Werk sie in ihrer "Kreuzeswissenschaft"
systematisch durchdeklinierte.
Schließlich aber wird ihr Name auch
sprechend und ganz und gar praktisch durch ihr eigenes Sterben am 9.
August 1942 in Auschwitz.
Doch klargestellt werden muss auch:
Edith Stein, die Christin gewordene Jüdin, die Philosophin und
Karmelitin, wird ermordet, weil sie Jüdin war, nicht weil man ihr
Christsein bestrafen wollte. Insofern ist sie eines der vielen Opfer
des Rassenantisemitismus der Nationalsozialisten, der auf das
Bekenntnis nicht achtete, sondern nur auf die biologische Herkunft.
Sonntag, 7. August 2016
"Bleib treu und geh." Über Polens katholische Kirche – Ein Nachtrag zum Weltjugendtag
Gerade bin ich aus Krakau zurückgekommen.
Der Weltjugendtag war bei unserer Ankunft zwar schon vorbei, aber die Atmosphäre der Stadt war durch noch umherziehende Pilgergruppen, Tanzgesänge des Neokatechumenats und vor allem die allgegenwärtige Beschilderung noch noch stark geprägt von diesem Ereignis.
Schon im letzten Jahr hatte ich einige
Reflexionen zur aktuellen innenpolitischen Rolle der Kirche
geschrieben, jetzt möchte ich noch einen weiteren kurzen Blick auf
die besondere Rolle der katholischen Kirche in Polen werfen.
Freitag, 5. August 2016
Aus dem "Abschlussbericht des Kampfes zur Erreichung des Staatstitels 'Kollektiv der sozialistischen Arbeit'" von 1973
Das ist Sozialismus hautnah!
Aus familiärer Quelle ist mir dieser
Tage ein eher unter Kuriosität zu verbuchender Papierstapel unter
die Hände gekommen – nämlich ein auf 1973 datierter
"Abschlussbericht des Kampfes zur Erreichung des Staatstitels
'Kollektiv der sozialistischen Arbeit'" aus einem großen
Kombinat der DDR.
Da meine Kenntnisse dieser Zeit eher
rudimentär sind, kann ich seine Bedeutung auch nur laienhaft
einschätzen. Ein kurz zusammenfassender Versuch: es handelt sich um
die Teilnahme zweier Gruppen des Werkes an einem Wettbewerb, im
Verlauf dessen, basierend auf einer Selbstverpflichtung, eine Reihe
fachlich-betrieblicher und politisch-agitatorischer, aber auch
kultureller und sportlicher Verbesserungen geleistet werden sollen.
Ich habe mich bei den folgenden Beispielen auf Politik, Sport und
Kultur konzentriert und das Betriebliche außen vor gelassen.
Samstag, 30. Juli 2016
Alles im Ganzen und die Welt in Gott. Über die Weltmystik des Ignatius von Loyola
Der Festtag des heiligen Ignatius fällt
in diesem Jahr auf einen Sonntag. So können die Feiernden auch aus
den Texten des Sonntags sinnreiche Anregung für die Erinnerung an
diesen großen Mann schöpfen.
In der Lesung aus dem Buch Kohelet (Koh
2,21-23) werden Sinnlosigkeit und Vergänglichkeit irdischer Freuden
und Verdienste besungen, mithin eine Relativierung des Lebens auf
Erden betrieben, die, der Logik der Leseordnung entsprechend, auch im
Evangelium (Lk 12,13-21) wiederkehrt.
Dort rügt Jesus eines Mannes
Wunsch nach Schlichtung der Erbstreitigkeiten zu seinen Gunsten und
erzählt zur Illustration die Geschichte eines Menschen, der viel
Energie daran setzt, seinen Reichtum zu horten und zu sichern. Das
aber erweist sich als völlig unnütz, wenn der Tod schneller kommt
als erwartet, denn "der Sinn des Lebens besteht nicht darin,
dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss
lebt." (v5)
Vielmehr gehe es darum, vor Gott reich
zu sein.
Mittwoch, 27. Juli 2016
"Das sind Dinge, die ich rette!" Andere Logiken in "Die Kindheit Jesu" von J.M. Coetzee
Eines der anregendsten und spannendsten
Bücher der letzten Jahre ist das!
Dank der Sprachkraft des Nobelpreisträgers J. M. Coetzee wird man bei der Lektüre in eine Geschichte voller Dramatik und existenzieller Fragestellungen gezogen, die das eigene Denken anregt und Erhellendes über Jesus und sein Selbstbewusstsein andeutet.
Dank der Sprachkraft des Nobelpreisträgers J. M. Coetzee wird man bei der Lektüre in eine Geschichte voller Dramatik und existenzieller Fragestellungen gezogen, die das eigene Denken anregt und Erhellendes über Jesus und sein Selbstbewusstsein andeutet.
Zugleich bleibt die Erzählform seltsam
nüchtern und gegenüber den eigenen Charakteren ambivalent.
Augenscheinlich liegt Coetzee daran, eine gewisse Distanz aufrecht zu
erhalten, wodurch das über die konkreten Begebenheiten
hinausführende Nachdenken angeregt wird.
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Samstag, 23. Juli 2016
"Bittet und euch wird gegeben." Eine Gegendarstellung und ein Erfahrungsbericht
Gestern Nacht wurden in München unter
dem Hashtag #offenetueren Menschen, die ohne den Nahverkehr nicht
mehr nach Hause kamen, auf Übernachtungszüge, Privatquartiere und
nicht zuletzt auf Münchner Moscheen hingewiesen, in denen man
Untschlupf finden konnte, solange die Lage nach dem Amoklauf noch
nicht geklärt war.
Das war einfach die Herausforderung, angesichts einer solchen Greueltat Menschlichkeit zu beweisen und das Sonntagsevangelium (Lk 11,1-13) zu leben!
Denn eigentlich fordert es den
Widerspruch geradezu heraus: "wer bittet, der empfängt; wer
sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet."
(v10)
Die Erfahrung, dass gerade dies nicht
geschieht, kennt wohl jeder.
Darum möchte ich zunächst eine diese
negative Erfahrungsperspektive bestätigende Antigeschichte zum
Evangelium präsentieren und dann einige positive eigene Erfahrungen
aus der Ukraine kundtun, die das Gegenteil zeigen.
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Mittwoch, 20. Juli 2016
Planungen für ein neues Deutschland. Christliche Widerstandsmotivation im Kreisauer Kreis
Der 20. Juli 1944 hat sich im
öffentlichen Gedächtnis nicht nur mit Stauffenbergs Attentat auf
Hitler, sondern auch ganz allgemein mit dem Widerstand gegen den
Nationalsozialismus verbunden. Dabei gab es neben dem eher
aristokratisch-konservativen Widerstand um Stauffenberg auch andere
Gruppen, die eher kommunistische, christliche oder
sozialdemokratische Motive hatten. Der gemeinsame Nenner, auf den
diese Widerstandsgruppen zu bringen sind, wären damit weder ihre
Methoden, noch ihre kurz- oder langfristigen Ziele, sondern nur der
Gegner.
Ein herausragendes Beispiel der
Zusammenarbeit von Widerständlern ganz unterschiedlicher Herkunft
und Stellung war der Kreisauer Kreis, der sich seit 1940 um den
Völkerrechtler Helmuth James von Moltke sammelte. Neben
Sozialdemokraten wie Julius Leber und Adolf Reichwein fanden sich
dort evangelische und katholische Theologen wie Eugen Gerstenmaier,
Harald Poelchau und Alfred Delp, aber auch adlige Militärs wie Peter
Yorck von Wartenburg oder eben der Jurist Moltke selbst.
Abwägend-zurückhaltende Kontakte zum konservativen Goerdeler-Kreis
bestanden ebenso wie zur Stauffenberg-Gruppe.
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Samstag, 16. Juli 2016
Spaltung vs. Abgrenzung. Eine Frage auch für Jesus
Panzer rollen auf den Straßen.
Bewaffnete Uniformträger patrouillieren. In der Türkei standen sich
heute Nacht putschende Militärs und erdogantreue Zivilisten im
Ringen um die Vorherrschaft im Land gegenüber.
Unfassbar eigentlich in einem Staat,
der die EU-Mitgliedschaft jedenfalls pro forma noch anstrebt. Und was
Nachrichtensendungen immer wieder konstatieren, ist eine von
Kurdenkrieg und Autoritarismus gespaltene Gesellschaft.
Eine solche Tendenz zur Spaltung zeigt
sich unter verschiedenen Voraussetzungen dieser Tage ja allerorten:
Österreich und seine Präsidentenwahl, Großbritannien und sein
Brexit-Votum, die EU und ihre Flüchtlingspolitik, der Islamistische
Terror gegen alle, die USA und ihre Rassenfrage, Polen und Ungarn und
ihr nationalistischer Rollback, und nicht zuletzt Deutschland mit
Pegida und AfD ...
Freitag, 15. Juli 2016
Immerwährendes Gebet vor dem Abgrund - "Die Markus-Version" von Péter Esterházy
Kurz vor seinem gestrigen Tod habe ich
das letzte Buch von Péter Esterházy gelesen: "Die
Markus-Version". Es handelt sich um eine formal sehr
extravagante Geschichte, in der ein sich taubstumm gebenden Junge als
Ich-Erzähler von sich und seiner Familie im kommunistischen Ungarn
erzählt.
Die fromme Großmutter und die vertriebenen Großbauern,
der trinkende Vater und die distanzierte Mutter, der auftrumpfende
Stiefbruder und immer wieder sexuelle Gewalt werden auf gut 100
Seiten angedeutet und zu einem irrlichternden Panorama über
existenzielle Fragen von Glauben und Unglauben aufgestellt. Daneben
öffnet Esterházy immer wieder Teile des Geschehens auf das
Markus-Evangelium hin und lässt den Ich-Erzähler in eine sehr
eigenwillige Identifikation mit dem unverstandenen und leidenden
Jesus gleiten.
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Mittwoch, 13. Juli 2016
Glanzbrot - Anti-Lebensmittel Eucharistie
Das Brot im Glanz des christlichen Glaubens - das ist die Eucharistie in der Monstranz - hält nicht, was es zu versprechen scheint.
Denn das eucharistische Brot nährt nicht den Körper, es macht den Bauch nicht satt und ist echtem Brot auf diese Weise unähnlicher, als manche schönen Schriften glauben machen wollen.
Die Analogie vom Himmelsbrot, das uns die Speise der Engel schon hier verkosten lässt, und der Hinweis auf die biblische Geschichte von der Sättigung der 5000 sind also verfehlt. Jedenfalls dann, wenn man sich die Eucharistie als wörtliche Fortsetzung dessen vorstellt.
Denn das eucharistische Brot nährt nicht den Körper, es macht den Bauch nicht satt und ist echtem Brot auf diese Weise unähnlicher, als manche schönen Schriften glauben machen wollen.
Die Analogie vom Himmelsbrot, das uns die Speise der Engel schon hier verkosten lässt, und der Hinweis auf die biblische Geschichte von der Sättigung der 5000 sind also verfehlt. Jedenfalls dann, wenn man sich die Eucharistie als wörtliche Fortsetzung dessen vorstellt.
Samstag, 9. Juli 2016
Begegnungen mit einem blutenden Gott oder nur Dekonstruktion? "El Siglo de Oro" in der Gemäldegalerie Berlin
"Ich krieche fast hinein, aus
solcher Nähe betrachte ich den am Kreuz hängenden Körper. Er ist
von Nägeln durchschlagen, das Handgelenk und der Fußrücken. Rote
Farbe ist aufgetragen, das ist das Blut. Auf dem Kopf eine
Dornenkrone, auf dem Gesicht Blutstropfen. Ich würde sie abkratzen,
doch ich habe Angst, ihn anzufassen. Gottes Sohn, das ist
gefährlich."1
Solch eine emotionale Nähe zu
Darstellungen des Gekreuzigten, wie sie Peter Esterhazy in seinem
letzten Buch beschreibt, wirkt heute nahezu unverständlich – und
doch können solche für den religiösen Gebrauch bestimmten Werke
sogar im musealen Kontext eine erschreckend-berührende Kraft
entfalten, wenn man beispielsweise die Skulptur des gekreuzigten
Leichnams Jesu von Gregorio Fernández
in der Ausstellung "El Siglo de Oro" in der Gemäldegalerie
Berlin betrachtet und umschreitet. Und es gibt gleich eine ganze
Reihe solcher Werke in dieser Ausstellung zu sehen.
Montag, 4. Juli 2016
Der Hass wandert aus, aber er bleibt. Aktuelle Gedankensplitter
Ich bin der Meinung, dass die Menschen
sich durch die Jahrtausende ziemlich gleich geblieben sind. Es mag
hier und da etwas mehr Reflektiertheit und breitere Bildung geben und
sogar etwas mehr Zivilisiertheit, aber wenn die Zeiten prekär
werden, bleibt sich im Grunde vieles gleich.
Was wir an Hass und Wut im Netz und (nach dem Verfassungsschutzbericht des letzten Jahres) auch in der nichtvirtuellen Realität vor allem an den politischen Rändern wahrnehmen können, war doch nie wirklich verschwunden. Vielleicht wurden Ressentiment und Verachtung Anderer von Wohlstand und Behaglichkeit leidlich zugedeckt, aber doch nicht einfach fort.
Sonntag, 3. Juli 2016
An Hiobs Seite - Elie Wiesel zum Gedächtnis
Elie Wiesel ist tot.
Der Autor und
Friedensnobelpreisträger, dem das eigene Überleben in Buchenwald
und das massenhafte Sterben seines Volkes angesichts eines
schweigenden Gottes zum beherrschenden Thema seiner Schriften wurde,
er ist nun im Alter von 87 Jahren gestorben.
Sein aus tiefer jüdischer
Frömmigkeit inspiriertes Werk verdient es nach meiner Meinung,
wieder und wieder gelesen zu werden. Denn in seinen Romanen und
Erinnerungen, Essays und Reden spiegelt sich das Ringen eines
Versehrten um den Gott Israels mitsamt den Zweifeln am
Bundesversprechen gegenüber seinem Volk, das sich im Holocaust dann
so verlassen fühlte.
Donnerstag, 30. Juni 2016
"Ich habe zu knien begonnen" – Ringen um den Glauben in "Gott braucht dich nicht"
Esther Maria Magnis erzählt ihre
persönliche Geschichte mit und ohne und wieder mit Gott – und
dabei wirft sie eine Unzahl philosophischer, existenzieller,
theologischer Fragen auf, die sie in souverän eigener und
eindringlicher Sprache präsentiert.
Kurz: ein Lesegenuss, der herausfordert
und der, trotz mancher kleinen Längen, eine äußerst
empfehlenswerte Lektüre für alle Glaubenden und mit Gott Ringenden
ist. Formal handelt es sich dabei um einen Hybriden: neben
essayistische Passagen treten Erinnerungen, neben Kommentaren zu
grundsätzlichen Fragen stehen poetische oder romanhafte Passagen.
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Freitag, 24. Juni 2016
"Bis ins Wurzelwerk" - Brexitlyrik
Nun ist es also geschehen.
Das britische Wahlvolk hat mit knapper
Mehrheit für den Austritt seines Landes aus der EU gestimmt. Der
Vertrag, der Europas Völker zusammenführen wollte, wurde
konterkariert und hat zu einer Abstimmung über Geld und Handel,
voller Selbstbehauptungsdrang und Misstrauen geführt.
Dabei gibt es wenig, was Menschen in
der abendländischen Geschichte mehr geprägt hat, als der Gedanke
vom Bund – sei es der Bund einzelner Menschen, der Bund zwischen
Völkern oder der Bund Gottes mit den Menschen.
Donnerstag, 23. Juni 2016
Axt und Schlangenbrut - Predigte Johannes der Täufer Gewalt im Namen Gottes?
In Tagen wie diesen, wo religiös
motivierte Gewalt und Hass auf Anderslebende an vielen Orten neu
aufbrechen, stelle ich mir die Frage, wie die Gestalt von Johannes
dem Täufer, dessen Geburtstag die Kirche heute begeht, dazu
positioniert ist.
Die Evangelien malen ihn als den
letzten Propheten der alten Zeit, mit dem schon die neue Zeit des
Messias anbricht. Wie so viele alttestamentliche Gottesmänner eifert er für den Gott Israels und predigt in drastischen Bildern die
innere Umkehr zu diesem Gott, deren äußeres Zeichen er mit seinen
Taufen anbietet.
Seine Urteile über seine Zeitgenossen
sind extrem: "Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt,
dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt? ... Schon ist die
Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute
Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen."
(Lk 3,7.9)
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Dienstag, 21. Juni 2016
Degradierung Gottes zum Bettler
Das passiert mir nicht so oft: Ich
hänge noch etwas an einer meiner eigenen Formulierungen fest. Denn
auf die Frage, wer Jesus für mich ist, schrieb ich unter anderem,
dass er ein "Bettler am Rande meines Alltags“ sei.
Und je länger ich dem nachhänge,
desto mehr muss ich zugeben, dass es nicht selten genau so ist: Gott
steht am Rande meines alltäglichen Lebens und ich lasse ihn dort
stehen. Da steht er und bittet, dass ich ihm Zeit schenke, damit er
an meinem Leben teilhaben kann. Ich aber erkenne seinen Anspruch
nicht an – oder ignoriere ihn.
Sonntag, 19. Juni 2016
Wer bin ich für euch? 44 persönliche Antwortversuche.
Wer bin ich für euch, fragt Jesus
seine Jünger im Evangelium des Sonntags (Lk 9,18-24).
Was sagen wir ihm?
Freitag, 17. Juni 2016
Selbstkritik als politische Tugend – Über Polen und Deutsche
Zurückblicken heißt immer auch,
Geschichte zu deuten – gerade in Polen und Deutschland jedoch kommt
es durch die verschiedenen Perspektiven auf die Geschichte regelmäßig
zu Konflikten. In diesem Jahr allerdings wird am 17. Juni besonders
an 25 Jahre freiwillige gute Nachbarschaft mit den Polen erinnert.
Was Deutsche, jedenfalls zu Teilen, in
ihr kollektives Gedächtnis aufgenommen haben, ist eine (auf anderen
Feldern bisweilen arg vernachlässigte) politische Tugend: die der
Selbstkritik.
Als historisch angewandter
Perspektivwechsel bezeichnet sie die Fähigkeit, sich auch mit den
Schattenseiten der eigenen Kultur auseinander zu setzen. So kann sie
bestenfalls Gewissen schärfen und Verantwortungsbereitschaft nähren.
Dienstag, 14. Juni 2016
Die Ecke macht's – Altarwand und Hauskapelle im Christian-Schreiber-Haus
Das Jugendbildungshaus, in dem ich
arbeite, hat eine bemerkenswerte Kapellenarchitektur. Im Halbrund
sitzt die Gemeinde einer großen, abstrakt gestalteten Wand
gegenüber, davor befinden sich der Altar und die Sedilien der
Liturgen. In die grau gehaltene Wandgestaltung eingebunden sind
sowohl der Tabernakel als auch das Kreuz und ein buntes Fenster.
Samstag, 11. Juni 2016
"Geliebt sein und noch nichts davon wissen" - Oder: Wo findet ein Mensch heute Vergebung?
Das Evangelium des Sonntags (Lk
7,26-8,3)
handelt vom Besuch Jesu bei einem Pharisäer und der Begegnung mit
einer "Sünderin", die Jesu Füße salbt und ein Gespräch
über Vergebung in Gang bringt. Damit berührt diese Geschichte
Fragen, die mich immer wieder beschäftigen: die Problematik von
Vergebungsbereitschaft und Vergebungsmöglichkeit, die ich, unter
anderen Vorzeichen als zur Zeit Jesu, gerade in unserer heutigen
säkularen Gesellschaft für äußerst gewichtig halte.
Donnerstag, 9. Juni 2016
Freier glauben! Von den theologischen Vorzügen der Säkularisierung
Es gibt einen Gemeinplatz zum Thema
Säkularisierung, der öffentlich fast unwidersprochen ist: Er geht
davon aus, dass eine weniger religiös geprägte Gesellschaft (wie
die unsere) automatisch auch schlechtere Bedingungen für die
religiöse Praxis bedeutet.
Und bisweilen mag das auch so sein,
dann nämlich, wenn Religion immer mehr ins Private gedrängt wird
und öffentlich geäußerte religiöse Meinungen in dieser oder jener
Weise unterdrückt oder gar diffamiert werden.
Ich glaube aber, dass es im Gegensatz zu diesen tatsächlich vorkommenden Fällen im Grundsatz genau andersherum ist – und dass aus christlich-theologischer Perspektive die Vorteile des Lebens in einer säkularisierten Umgebung überwiegen.
Ich glaube aber, dass es im Gegensatz zu diesen tatsächlich vorkommenden Fällen im Grundsatz genau andersherum ist – und dass aus christlich-theologischer Perspektive die Vorteile des Lebens in einer säkularisierten Umgebung überwiegen.
Dienstag, 7. Juni 2016
Mein Unglaube steht auf
...
und verlässt den Raum. Immer mal wieder. Aber er kommt auch verlässlich wieder
herein.
Jedenfalls der praktische, der alltägliche Unglaube.
Meine religiösen Überzeugungen und Vernunftgründe dagegen bleiben schön an ihrem Platz und gaukeln mir meine Religiosität vor. Ob sie sich den Raum teilen müssen mit meiner faktischen Gottlosigkeit schert sie meistens nicht.
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Mittwoch, 1. Juni 2016
Grauzonen der Erlösung - "Noah" von Darren Aronofsky fragt nach Gottes Willen
Mein Fazit: trotz des bekannten
Endes und viel Pathos ein spannender, mit seinen existenziellen theologischen und
ethischen Fragen in die Tiefe gehender Film. Der Actionkrach rings um
den Plot kann manchmal etwas ablenken, aber insgesamt eine sehr
sehenswerte Adaption der biblischen Erzählung von der Rettung der
Schöpfung in der Arche des Noah.
Sonntag, 29. Mai 2016
Jugendweihe als Gegenkirche - "Hier unten leuchten wir"
Nun also das absolute Gegenprogramm zum Katholikentag. Am Samstag habe ich in Thüringen einer Jugendweihefeier beigewohnt und konnte dem Kontrast durchaus einiges abgewinnen. Wobei es gar nicht nur ein Kontrast war, sondern in manchen Äußerlichkeiten durchaus nahe an den kirchlichen Feiern.
Der Volksatheismus ist im Osten der Republik in manchen Gegenden so etabliert wie in anderen Gegenden die Großkirchen. Inzwischen kennen ein bis zwei Generationen nicht einmal mehr die Angebote der Kirchen aus eigenem Erleben und so kann die "Interessenvereinigung Jugendweihe e.V." in manchen Schulen um die 90% der Jugendlichen erreichen. Wer sich als Elternteil nicht von der Vergangenheit der Jugendweihe in der DDR abschrecken lässt, erlebt in den selbstbewusst gestalteten Feiern, die in Verantwortung des humanistischen Verbandes stattfinden, eine selbstverständlich auch auf die eigene über 150 jährige Tradition stolze Veranstaltung.
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Donnerstag, 26. Mai 2016
Ich und Wir und all die Anderen - Katholikentagsimpressionen
Unbeabsichtigt hat sich in meine Erlebnisse beim Katholikentag in Leipzig ein Thema eingeschlichen: ich. Und wir. Und ER. Und schließlich alle.
Nicht nur, dass ich, mal mehr, mal weniger zufällig, viele alte Freunde, Bekannte und Weggefährten getroffen habe, die mich an meine verschiedenen Leben erinnerten und beim Weitergehen ermutigten.
Auch die Veranstaltungen, die ich besucht habe, gingen in diese Richtung. Einige Eindrücke.
Auch die Veranstaltungen, die ich besucht habe, gingen in diese Richtung. Einige Eindrücke.
Mittwoch, 25. Mai 2016
Protzposaune oder Kenosis? Fronleichnam zwischen den Fronten
Oft sind mir Menschen, die ihre
Überzeugung und Meinung mit aller Macht laut in die Welt
hinausposaunen, etwas unsympathisch. Ich möchte lieber nicht
behelligt werden von den vielen Vorteilen veganer Ernährung oder den
ungeheuerlichen Verbrechen, derer sich die Politiker oder
Asylsuchenden wieder einmal schuldig gemacht haben. Wer eine Vorliebe
und einen wie auch immer ausgeprägten säkularen Glauben hat, möge
damit glücklich werden ohne mir seine Gedanken dazu in die
Magengrube zu rammen.
Samstag, 21. Mai 2016
Nicht tragbare Botschaft? - 100. Katholikentag im Osten
"Noch vieles habe ich euch zu
sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen." (Joh 16,12)
Der Katholikentag in Leipzig naht
geschwind. Einige Aufmerksamkeit ist ihm im Vorfeld ja deshalb zuteil
geworden, als die Wahl für diesen 100. Jubiläums-Katholikentag auf
eine Stadt im weitgehend entchristlichten Osten der Republik fiel.
Wenn ich vor diesem Hintergrund einen
Blick auf das Evangelium des Dreifaltigkeitssonntags werfe, dann
sticht mir der erste, oben zitierte Satz in die Augen – Jesu
Botschaft ist größer als das, was in die Herzen der Menschen passt.
Vielleicht bietet der Satz darum eine passende Einstimmung auf das
Umfeld des großen Treffens am langen Fronleichnamswochenende.
Donnerstag, 19. Mai 2016
Der Heilige Geist relativiert alles – auch Bibel, Tradition und Amt
Wenn Pfingsten bedeutet, dass Gott
selbst in seinem Geist mitten unter den Menschen gegenwärtig ist,
dann bedeutet das eine Relativierung aller anderen Wege und Mittel,
mit Gott in Verbindung zu treten, weil er ja schon unmittelbar da
ist. Auch der wichtigsten christlichen Bezugsgrößen.
Samstag, 14. Mai 2016
Pfingsten - Fest des Alltags und der Welt
Jede der göttlichen Personen hat eine
bestimmte Form des Weltbezugs. Der Vater schuf und erhält alles, was
nicht Gott ist, der Sohn kommt in die Welt und verkündet den Vater.
Der Geist schließlich heiligt und vollendet die Welt – und im
Heiligen Geist werden wir Menschen beteiligt an dieser Aufgabe.
Doch die Welt bleibt dabei Welt.
Allerdings kann Gott schon mit der Schöpfung und viel mehr noch seit
der Menschwerdung des Sohnes mitten in ihr gefunden werden.
Freitag, 13. Mai 2016
Kernkompetenzen der Demokratie sind Gaben des Geistes
Neulich habe ich eine grandiose Kurzanalyse unserer Gesellschaft am Beispiel des Wissenschaftsbetriebes gelesen. Der Autor ist der Philosoph Michael Hampe von der ETH Zürich und er macht sich in der ZEIT (vom 04.05.) Gedanken über die Amoralität von Wissenschaftlern, deren genuine Aufgabe des "Wissensschaffens" er im Klima westlicher Konkurrenzgesellschaften nicht mehr ohne weiteres für möglich hält. Denn durch die Verallgemeinerung und Vulgarisierung der ökonomischen These von Adam Smith, wonach "das Streben nach partikularem Eigennutz und die sich daraus ergebende Konkurrenz auf Märkten den allgemeinen Wohlstand fördere", sieht er "einen narzisstischen Persönlichkeitstyp" mit einem "starken Willen zur Durchsetzung eigener Interessen" begünstigt.
Das wiederum behindere insbesondere wissenschaftliche Arbeit, weil für diese einige demokratische "Kernkompetenzen" nötig seien, die er anschließend benennt.
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Dienstag, 10. Mai 2016
Entstehung neuer Glaubensräume? – Eröffnung eines Pastoralen Raumes in Berlin
Gerade habe ich einen außerordentlichen
Gottesdienst in der Kirche St. Richard im Norden Neuköllns besucht,
Erzbischof Koch und Teile des Ordinariats, viele Hauptamtliche aus
den Pfarrgemeinden und anderen Orten kirchlichen Handelns waren vor
Ort und es wurde Eucharistie gefeiert.
1
Ich hatte ein eigenartiges Gefühl
dabei: man feiert den Beginn einer so genannten "Entwicklungsphase",
weil eine Umstrukturierung der kirchlichen Arbeit vorgenommen werden
muss, die auf größtenteils nicht beeinflussbaren Umständen fusst.
Es drängt sich also der Eindruck auf, dass nicht aus eigener
Entscheidung heraus, sondern aus der Notwendigkeit der Fakten
gehandelt wird, die auch auf der Homepage des Erzbistums benannt
werden: "Ein verändertes Verhältnis des modernen Menschen
zu Glaube und Kirche, die Nöte der Zeit, der demographische Wandel,
die sinkende Zahl der Priester".
Sonntag, 8. Mai 2016
Eins sein in Liebe - Kriegsende und Muttertag in einem
Der naheliegendste Gedanke zum heutigen Evangelium am 8. Mai, dem Jahrestag des Kriegsendes, ist für mich die Verbindung der Bitte Jesu um die Einheit aller Menschen (Joh 17,21) mit der Einsicht der kriegführenden Parteien nach Ende des Krieges, dass es eine Instanz der Einheit braucht. So kam es einige Jahre später zur Gründung der Vereinten Nationen. Und auch die vorwiegend christlich motivierten Gründungsväter der Europäischen Union hatten die Einheit der Völker zum Ziel.
Doch der Krieg ist auch 70 Jahre nach 1945 nicht aus der Welt, mancherorts tobt er schlimm wie lange nicht. Und auch von Einheit der Völker keine Spur, nicht in der EU, nicht in den Vereinten Nationen, nirgends.
Doch der Krieg ist auch 70 Jahre nach 1945 nicht aus der Welt, mancherorts tobt er schlimm wie lange nicht. Und auch von Einheit der Völker keine Spur, nicht in der EU, nicht in den Vereinten Nationen, nirgends.
Donnerstag, 5. Mai 2016
Einer geht voraus – Himmelfahrt aus Sicht der Wartenden
Einer geht voraus und verspricht, die
anderen nachzuholen.
Ihre Sehnsucht nach einem ganz neuen
Anfang treibt auch sie nun an.
Noch ungläubig staunend, dass es einer
wirklich schaffen kann,
Fragen sie sich, ob auch ihnen solche
Zukunft winken wird.
Auf die Rettung ausgerichtet ist von
nun alles.
Denn der Eine, der Starke, er hat den
engen Weg genommen
Und versprach, dass sie die Todeswasser
nicht schmecken werden,
Dass er auch sie heimholt, sie, seine
Familie, Geschwister und Kinder.
Sonntag, 1. Mai 2016
"Einen Tempel sah ich nicht ..." – Revolution der Unmittelbarkeit
Die Vertreter der revolutionären
Utopie der einstmaligen Arbeiterbewegung werden sich zu den bekannten
klamaukartigen Tumulten und Gewaltorgien auch in diesem Jahr wieder
in Berlin und an anderen Orten zusammenfinden.
Da das Christentum eine
Selbstentfremdung durch was auch immer ebenfalls ablehnt und vielmehr
geschwisterliche Gerechtigkeit und umfassende Befreiung sucht, ließen
sich auf inhaltlicher Ebene durchaus Berührungspunkte finden – mit
den bewährten Abgrenzungen gegenüber Hass als Grundlage des
Diskurses und brachialer Gewalt als Mittel seiner Durchsetzung.
Und mit einem anderen Ziel.
Und mit einem anderen Ziel.
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Samstag, 30. April 2016
"und" - Blogpoesie eines Fortgeschrittenen
Eine Anmerkung in eigener Sache:
Mit dem letzten Beitrag habe ich hier
nun genau 300 Posts zu verschiedensten Themen abgelegt. Mit diesem
Fortschreiten verbinde ich einen kleinen Rückblick.
Wichtig ist mir beim Schreiben in der
Regel, dass neue Beziehungen zwischen Dingen aufscheinen können, die
sonst nicht so stark betont werden.
Ein Ziel dieses Blogs ist nämlich,
Denkgewohnheiten zu irritieren, nicht immer durch die einzelnen
Inhalte, Gedanken oder Themen, sondern eher durch ungewöhnliche
Zusammenstellungen.
Besonders in den Posttiteln (oder auch beim Namen
des Blogs selbst) versuche ich dies zu verdichten – mal mehr mal
weniger originell.
Grammatikalisch dient mir dazu die
schöne Konjunktion "und", die aus diesem Grund auch eine
eigene Verschlagwortung bekommen hat und an dieser Stelle mit einer
Auswahl an Titeln zu Ehren kommen soll.
Mittwoch, 27. April 2016
"Liebe und Wohlwollen zu den Deutschen" – Petrus Canisius als zweiter Apostel Deutschlands
"Sie sollen die erforderliche
Gewandtheit im Umgang mit den Deutschen, besonders mit den führenden
Männern besitzen ... Im Gespräch sei man weder sarkastisch noch
überheblich; vielmehr lasse man sich von Liebe und Wohlwollen zu den
Deutschen leiten und sei in Gedanken und Worten offen zu ihnen. ...
Die Deutschen werden durch Höflichkeit und Bescheidenheit, die
unsere Patres auszeichnen sollten, ... gewonnen ..."1
So schrieb der Jesuit Petrus Canisius
1565 an die Zweite Generalkongregation seines Ordens, um den dort
versammelten Patres mitzuteilen, welche Fähigkeiten und Haltungen
Ordensangehörige in Deutschland haben müssten.
Sonntag, 24. April 2016
Treue gegenüber Koran und Grundgesetz – Gedanken über den Islam in Deutschland
Der Mann spricht mir aus dem Herzen!
Dass Kardinal Wölki sich in seinem
heutigen "Wort des Bischofs"
so eindeutig zur Religionsfreiheit geäußert, zur Gleichberechtigung
der verschiedenen Religionen vor dem Recht bekannt und von den
Diffamierungen der AfD distanziert hat, ist ihm hoch anzurechnen:
"Wer 'Ja' zu Kirchtürmen sagt, der muss auch 'Ja' sagen zum
Minarett."
Man muss den Islam noch nicht einmal
mögen, um das zu sagen, man muss einfach nur dem Grundgesetz folgen.
Wenn man sich mit der durch die AfD nun
einmal herbeigepöbelten Debatte ernsthafter und tiefer
auseinandersetzen will, lohnt ein Blick in das 2009 erstmals
erschienene wunderbare Buch "Wer ist wir"1
von Navid Kermani über "Deutschland und seine Muslime".
Als in Deutschland geborener Sohn iranischer Einwanderer hat der
Autor aus eigenem Erleben mit den Fragen von Identität,
Fremdzuschreibungen und Minderheitenstatus zu tun – und reflektiert
dies als gläubiger Muslim, Korankenner und Einheimischer in der
deutschen Hochkultur.
Im genannten Buch benennt er eine Reihe
heute hochaktueller Punkte, die ein sachlich-differenziertes
Gegengewicht zu sonst oft zu hörenden Allgemeinplätzen bieten –
und von denen ich einige aus genau diesem Grund hier referieren will.
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Mittwoch, 20. April 2016
Wie geht Integration? - Eine Foto-Reflexion vom Tempelhofer Feld
Wenn nun alle Welt über die Integration von muslimischen Flüchtlingen in europäisch-westlich geprägte Gesellschaften spricht - und die AfD sich überdeutlich gegen den Islam stark macht, nehme ich dies zum Anlass für eine fotografische Reflexion anhand eines inzwischen überregional bekannten Ortes in Berlin.
Dem Tempelhofer Feld sieht man den Gang seiner Geschichte nur an einigen Stellen an: es war sowohl militärischer Paradeplatz als auch Flugplatz für die Rosinenbomber, es war Ort eines Konzentrationslagers und ist heute Freizeitpark - auf dem zugleich mehrere tausend Flüchtlinge in den ehemaligen Hangars wohnen.
Das Feld ist sozusagen ein Querschnitt durch Deutschland.
Sonntag, 17. April 2016
... und sie folgen mir nicht - Der gute Hirte und der Prophet Jona
"Ich kenne meine Schafe und sie folgen mir" (Joh 10,28) heißt es im Evangelium dieses Sonntags aus dem Munde Jesu.
Fromme Christen würden von sich wahrscheinlich auch sagen, dass Gott sie kennt und liebt und sie sich bemühen, in seiner Gegenwart zu leben und ihm in ihren alltäglichen Herausforderungen zu folgen. Aber dass sie es schaffen, dem Ruf Jesu tatsächlich immer zu folgen und sich ihm selbst dadurch wirklich nahe zu fühlen, werden sicher nur wenige behaupten.
Freitag, 15. April 2016
Amoris Laetitia 2 – Selbstkritik und Selbstbeschränkung der Kirche
Der Blick in das zweite Kapitel des
päpstlichen Schreibens bietet einen Rundumschlag über die
"Wirklichkeit und die Herausforderungen"
(Kapitelüberschrift, AL 311)
der Familie. [Hier Gedanken zum ersten Kapitel] Die Welt, in der Familien heute leben, soll
wahrgenommen und reflektiert werden – nicht nur gesellschaftliche,
sondern auch kirchliche Lichtblicke und Dunkelheiten kommen dabei in
den Fokus und bieten spannende Verschiebungen zu bisherigen Äußerungen der Päpste zu diesen Themen.
Dienstag, 12. April 2016
Weißbrot und Leichentuch – "Änderungen" von Hilde Domin eucharistisch gelesen
1
Wie wir gerade am Fall des
Schmähgedichtes von Jan Böhmermann erleben, entscheidet nicht
zuletzt die mögliche oder wirkliche inhaltliche Einbettung über
Charakter und Aussageabsicht eines Textes – ob dessen Zeilen also
Satire oder Beleidigung oder gar ein "Zwitter" aus beidem
(so Bernhard Pörksen bei "Anne Will")
seien. Diese tatsächliche oder nur gewollte Einbettung kann, auch je
nach persönlicher Betroffenheit, durchaus sehr verschieden erfahren,
interpretiert oder gar abgelehnt werden – und wird damit zu einer
entscheidenden Größe bei der Beurteilung.
Mehr möchte ich gar nicht dazu sagen,
denn kompetentere Kommentatoren haben hier schon viel gesagt.
Was mich an der Frage der Einbettung
oder Einordnung aber beschäftigt, ist die Grenze der
Interpretierbarkeit. Gewöhnlich verfahre ich in diesem Blog relativ
frei damit, ziehe mir die Inhalte auf einen für mich lesbaren Grund
und kommentiere im Sinne dieses meines Grundes.
Samstag, 9. April 2016
Erste Gedanken zu Amoris Laetitia – Über Familie und Dreifaltigkeit
Wie viele andere medial aktive Menschen vesuche ich mir gerade eine erste Meinung zur päpstlichen
Zusammenfassung der beiden Außerordentlichen Bischofssynoden zum
Thema Familie zu erarbeiten. Da sowohl die Konservativen wie auch die
Liberalen ihren zum Teil starken Enttäuschungen bereits mehr oder
minder polemisch Luft gemacht haben, scheint es spannend, sich mit
dem Text selbst auseinander zu setzen.
Ich lese also im Nachsynodalen
Apostolischen Schreiben "Amoris Laetitia" und finde
bisweilen pointierte Gedanken, die sich teilweise auch schon als
Memes im Netz finden.
Vielleicht ist diese Weise des
Herauspickens einzelner Sätze wirklich eine gute Möglichkeit der
Annäherung, nämlich an mehr oder weniger exemplarischen Passagen
eine individuelle Vertiefung zu wagen.
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Samstag, 2. April 2016
Zwischen Erfahrung und Vertrauen: Mit William James und Charles Taylor zum Apostel Thomas
Dem Apostel Thomas geht es im
Evangelium nach dem Osterfest so wie uns – auch wir haben Jesus
nicht selbst gesehen und müssen uns darauf verlassen, dass trotzdem
wahr ist, was uns da erzählt wird über seine Auferstehung.
Und doch gibt es oftmals den Wunsch,religiöse Wahrheiten selber tief und existenziell zu erfahren.
Religiöse Erfahrung als Bestätigung des Überlieferten, die Wirkung
des göttlichen Geistes oder die Gnade Gottes spürbar erleben und
sich nicht nur auf das trockene Wort verlassen müssen.
Da
spiegelt sich der Titel des Blogs – hartes Brot des Vertrauens und
Glanz des eigenen Erlebens stehen neben- und manchmal auch
gegeneinander.
Dabei ist gegen ursprüngliches
religiöses Erleben nichts zu sagen – auch die Erstzeugen hatten
schließlich ihre ganz persönlichen eigenen Erfahrungen, aus denen
heraus sie dann erzählen und bezeugen konnten. Nur ist diese
Erfahrung eben nicht jedermann gegeben.
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Freitag, 1. April 2016
Die Auferstehung ist kein Schmetterling - Vom Unerwartbaren
Bilder und Vergleiche für das österliche Auferstehungsgeschehen zu suchen, finde ich schwierig. Meist wird irgendein Teilaspekt herausgegriffen, während andere Ebenen des Bildes völlig schief hängen oder das Ganze konterkarieren.
Donnerstag, 31. März 2016
Bloß kein neues Leben 2 – Wiedergeburt und Auferstehung im Vergleich
Ich habe den Eindruck, dass die Zeit
vorbei ist, in der man sich im westlich geprägten Teil der Welt den
naiven Wunsch nach Wiedergeburt im angeblich buddhistischen Sinne
hegen konnte, weil man glaubte, dann könne man in einem weiteren
Leben Dinge nachholen oder verbessern oder sonst etwas darausziehen.
Außer in esoterischen Kreisen, wo man sich an frühere Leben
erinnert, hat sich augenscheinlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass
das karmische Prinzip der Religionen des Ostens darauf beruht, den
Kreislauf der Wiedergeburten zu verlassen und dass ins Nirvana / Moksha einzugehen eigentliches Ziel der religiösen
Bemühungen ist.
Mittwoch, 30. März 2016
Bloß kein neues Leben – Gedanken zu "Das Mädchen mit dem Fingerhut"
Ostern spricht vom neuen Leben nach dem
Tod. So verweisen auch die Taufen in der Osternacht auf das neue
Leben in Christus: Taufe ist Auferstehung in ein neues Leben schon
heute!
Aktuell wird das Motiv von neuem Leben
und Auferstehen auch in dem Kurzroman "Das Mädchen mit dem
Fingerhut" von Michael Köhlmeier literarisch entfaltet. Ich
möchte hier einen christlichen Kommentar dazu eingeben.
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Dienstag, 29. März 2016
"Osterfrühstück" – Verdichtete Auferstehungspartnerschaft
So soll Lyrik sein! Nah am Leben und
doch darüber hinwegweisend. Sprachliche Verdichtung mit Bildern, die
frisch und unverbraucht wirken, selbst dann, wenn alle Bestandteile
schon bekannt sind. Ein universeller Zugang zur Wirklichkeit, der
auch etwas über mein Leben sagen kann.
Ich finde solche Lyrik immer wieder in
den Gedichten von Andreas Knapp, dem Kleinen Bruder aus Leipzig. Er
bringt Glaubensinhalte auf einen neuen Punkt und eröffnet Räume zum
Fern-sehen.
Montag, 28. März 2016
Vulkanfeuer im Inneren – Der Herr ist auferstanden!
"Der Tod ist tot – das Leben
lebt. Halleluja!"1
Gott hat den Tod selbst vernichtet, das
Ende jedes lebendigen Wesens ist nicht mehr sein wirkliches Ende,
sondern der Eingang in neues Leben, das nicht mehr an der irdischen
Materie hängt. Im Altgriechischen gibt es dafür zum Glück zwei
verschiedene Worte – das biologische Leben ist βíος (bios) und
das eigentliche (göttliche) Leben ist ζωή (zoe). Das Deutsche
verfügt nicht über diese Differenzierungsmöglichkeiten – und
lädt darum zu Fehldeutungen ein.
Sonntag, 27. März 2016
Ostersonntag: Auferstehung Jesu: Gottes große Umkehr
Die Fastenzeit über hat uns der Ruf
zur Umkehr begleitet.
Nun, an Ostern, zeigt Gott, wie Er sich die Umkehr zum Leben vorstellt. Die allem Lebendigen eingezeichnete Richtung in den Tod kehrt Er in der Auferweckung Jesu um. Nicht mehr der Tod, sondern das göttliche Leben selbst steht nun da als letzte Sinnspitze des Lebens.
Nun, an Ostern, zeigt Gott, wie Er sich die Umkehr zum Leben vorstellt. Die allem Lebendigen eingezeichnete Richtung in den Tod kehrt Er in der Auferweckung Jesu um. Nicht mehr der Tod, sondern das göttliche Leben selbst steht nun da als letzte Sinnspitze des Lebens.
Freitag, 25. März 2016
Karfreitag: Veronikas Schatten - Menschlichkeit auf dem Kreuzweg
Vorbereitung des Bildes. Grünheide, 2016. |
Vor ein paar Tagen habe ich wieder
Schattenbilder zum Kreuzweg mit Kindern gestaltet. Beim
anschließenden Gebet haben wir alle Bilder noch einmal angeschaut
und uns dazu ausgetauscht.
Zur Abbildung von Veronika mit dem Schweißtuch gab es besonders eindrückliche Bemerkungen auf meine etwas provokante Frage hin, was Jesus vom Schweißabwischen denn gehabt habe.
Zur Abbildung von Veronika mit dem Schweißtuch gab es besonders eindrückliche Bemerkungen auf meine etwas provokante Frage hin, was Jesus vom Schweißabwischen denn gehabt habe.
Donnerstag, 24. März 2016
Durchfallverbot am Gründonnerstag
Seit heute morgen zeigt meine Tochter Symptome eines Magen-Darm-Infekts, sie übergibt sich und hat Durchfall.
Ich habe einen Moment gebraucht, bis ich verstanden habe, was das an Gründonnerstag geistlich (!) bedeutet.
Ich habe einen Moment gebraucht, bis ich verstanden habe, was das an Gründonnerstag geistlich (!) bedeutet.
Man verzeihe die Vergleicherei.
Der Gekreuzigte 5 – Navid Kermani vor dem Kreuz
Die geplante Verleihung des Hessischen
Kulturpreises an Vertreter der drei abahamitischen Religionen wurde
2009 zum Eklat, weil die christlichen Vertreter, darunter Karl
Kardinal Lehmann, sich an einem Essay von Navid Kermani über eine
Kreuzigungsdarstellung von Guido Reni störten.
Auf der Suche nach dem Text kann man im
Internet auf den Seiten der Neuen Zürcher Zeitung
fündig werden oder auch in der hochgelobten Essaysammlung
"Ungläubiges Staunen. Über das Christentum".1
Kermani sucht sich darin – ganz im Sinne des Titels – auf den
Spuren christlicher Kunstwerke, Riten und Zeugen seine Zugänge zu
christlichen Glaubenswahrheiten.
Sonntag, 20. März 2016
"Fürchte dich nicht!" als Motto der Heiligen Woche
Als wir den Titel "Fürchte dich nicht" für die heute beginnenden Kinderkartage ausgewählt haben, war das natürlich durchdacht und theologisch wasserdicht. Aber je mehr ich mich damit beschäftigt habe, desto mehr glaube ich, dass dieser Grund-Satz des biblischen Glaubens tatsächlich ein Grundsatz der Heiligen Woche ist.
Samstag, 19. März 2016
Josef der Vater - Zwei Gedanken von Andreas Knapp
Josef ist in der christlichen Tradition
eher der Untergebutterte, der Verdeckte, der im Schatten von Mutter
und Kind Stehende. Aber er tut immer, was getan werden muss und
rettet beide.
Die Frömmigkeit hatte es von jeher
leichter mit ihm als er es selbst in seinem Leben hatte – stets
war er der Nicht-Echte und doch als Hausvater Benötigte; in der
frommen Verehrung wird er zur treuen Seele, zum schweigenden Vorbild,
zur irdischen Herkünftigkeit, zum menschlich-unvollkommen-gediegenen
Abglanz des wirklichen Vaters, zum Handwerker und Ausbilder des
späteren Erlösers.
Dienstag, 15. März 2016
Zumutung Demokratie – "Wechselseitige Anerkennung gleicher Freiheit"
"Demokratie unterstellt allen
die Fähigkeit, ihre eigenen Angelegenheiten beurteilen zu können."1
Darum lässt sich am Beginn der Demokratie eine Art "Versprechen
wechselseitiger Anerkennung gleicher Freiheit"2
denken, das die Grundlage der Demokratie bildet.
Noch stärker ausgedrückt mündet diese wechselseitige Freiheitsunterstellung dann in der These: "Mit der demokratischen Anerkennung unterstellen wir uns ein gleiches Urteilsvermögen."3
Denn wir sind zwar "nicht alle gleich klug, gebildet oder erfahren. Aber die Demokratie unterstellt allen das gleiche Vermögen, eigene und öffentliche Angelegenheiten zu beurteilen, wenn sie gleiche politische Entscheidungsrechte vergibt. Diese Unterstellung ist nicht als barmherzige Nivellierung bestehender intellektueller Unterschiede zu verstehen. Vielmehr ist politisches Urteilsvermögen keine Fähigkeit, die einfach mit Ausbildung oder Intellektualität zunehmen würde, wie nicht zuletzt die Verführbarkeit von Intellektuellen durch den Totalitarismus des 20. Jahrhunderts zeigt. Politische Urteilskraft betrifft die elementare Fähigkeit, beurteilen zu können, was für das eigene Leben richtig und wichtig ist und was nicht."4
Noch stärker ausgedrückt mündet diese wechselseitige Freiheitsunterstellung dann in der These: "Mit der demokratischen Anerkennung unterstellen wir uns ein gleiches Urteilsvermögen."3
Denn wir sind zwar "nicht alle gleich klug, gebildet oder erfahren. Aber die Demokratie unterstellt allen das gleiche Vermögen, eigene und öffentliche Angelegenheiten zu beurteilen, wenn sie gleiche politische Entscheidungsrechte vergibt. Diese Unterstellung ist nicht als barmherzige Nivellierung bestehender intellektueller Unterschiede zu verstehen. Vielmehr ist politisches Urteilsvermögen keine Fähigkeit, die einfach mit Ausbildung oder Intellektualität zunehmen würde, wie nicht zuletzt die Verführbarkeit von Intellektuellen durch den Totalitarismus des 20. Jahrhunderts zeigt. Politische Urteilskraft betrifft die elementare Fähigkeit, beurteilen zu können, was für das eigene Leben richtig und wichtig ist und was nicht."4
Freitag, 11. März 2016
Der Gekreuzigte 4 – "The Dark Knight Rises" als Erlösungsspektakel
In Christopher Nolans Batman-Film von
2012 geht es um verschiedene Konzepte von Erlösung, die zu einem
theologischen Kommentar herausfordern.
Und, wie sollte es auch anders sein,
die zwei Hauptakteure mit ihren nahezu gleich klingenden Namen, der
Bösewicht Bane und der Batman Wayne, präsentieren in ihren
jeweiligen Masken diese unterschiedlichen Vorstellungen.
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Sonntag, 6. März 2016
"Und doch ist er da und erwartet uns" – Zwei Barmherzigkeitsevangelien
Mit den Evangelienlesungen der
Fastensonntage kommen momentan Texte zu Gehör, die Gottes
Barmherzigkeit ins Zentrum stellen. Die Ernsthaftigkeit der
menschlichen Sünde wird jedoch nicht unter den Tisch gekehrt. Sie
ist im Vergleich mit Gottes liebevoller Zuwendung allerdings
chancenlos.
Freitag, 4. März 2016
Der Gekreuzigte 3 – Allmächtiger Durst und Quelle des Lebens bei Antoine de Saint-Exupéry
Der Autor des „Kleinen Prinzen“ war
ein frommer Mann. In vielen seiner Werke setzte sich der Pilot und
Schriftsteller mit christlichen Motiven auseinander, auch sein
meistzitierter Satz vom Herzen, das allein einen guten Blick hat,
kann als Verfremdung und Weiterführung eines Bibelwortes über
Gottes Blick (vgl. 1Sam 16,7) gelesen werden.
Hier jedoch soll es um Gedanken zum
Gekreuzigten gehen, Gedanken die mit Themen wie Stellvertretung,
Hingabe, Liebe und Leiden mal mehr, mal weniger explizit im Werk
auftauchen – und auch der Blick des Herzens wird nicht zu kurz
kommen.
Freitag, 26. Februar 2016
Zeit für Frühling - Ein Gedicht von Avraham Ben Yitzhak
Der galizische Jude Avraham Ben Yitzhak
scheint ein aufmerksamer Mensch gewesen zu sein; die Stimmung, die
ihn umgab, und die Sprache, die ihn die Stimmung formulieren ließ,
leuchten aus seinem Gedicht, das er 1912 in Przemyśl, an der heutigen
Ostgrenze Polens zur Ukraine gelegen, schrieb.
Montag, 22. Februar 2016
Der Gekreuzigte 2 – "Neues vom Planeten Mars" aus dem Berlinale-Wettbewerb 2016
Die französische Tragikomödie "Neues vom Planeten Mars" begleitet den titelgebenden Philippe Mars für
einige Tage durch sein turbulentes Leben am Rande von Paris.
Um es gleich vorab zu sagen: Philippe
wird zwar vorgestellt als einer, der sich gegen die vielen Ansprüche
seiner Umwelt anscheinend nicht wehren kann – doch nach und nach
erscheint er immer mehr als zwar nicht glänzende, dafür aber
zutiefst menschliche Rettergestalt.
Mittwoch, 17. Februar 2016
Der Gekreuzigte 1 – Jesu Tod und Judas' Glaube in "Judas" von Amos Oz
Eine im letzten Jahr immer wieder
genannte Darstellung der Kreuzigung und des Gekreuzigten ist im Buch
"Judas" von Amos Oz zu finden.
Die Haupthandlung erzählt von Schmuel,
der eine Abhandlung über Judas und seine Rolle in jüdischen
Schriften verfassen will und sich nach dem Verrat seiner großen
Liebe im Haus eines alten Mannes als Konversationspartner verdingt.
Dabei gerät er in das komplexe Beziehungsspiel zwischen der
ebenfalls im Hause wohnenden Atalja, ihren verstorbenen Mann und den
Alten. Vielschichtiges Fragen nach Treue und Verrat durchziehen
dementsprechend den Roman.
Das kann in einschlägigen Rezensionen
nachverfolgt werden.
An dieser Stelle soll es allein um den
Gekreuzigten gehen und die Weise, wie er in den Gedanken von Schmuel
und Judas dargestellt wird. Dazu ist wichtig zu wissen, dass Oz den
Judas als entscheidenden Strippenzieher im Hintergrund gezeichnet
hat:
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Sonntag, 14. Februar 2016
Gekreuzigt – Der Kreuzestod als Basis christlichen Erlösungsglaubens
In dieser Fastenzeit möchte ich mit
Hilfe verschiedener Texte, Bilder und Filme auf den Gekreuzigten
schauen. In unserer Kulturgeschichte ist das Leiden und Sterben Jesu
in verschiedenen Facetten nämlich immer wieder präsent – oder in
Andeutungen und Anspielungen wenigstens zu ahnen.
Über lange Jahrhunderte war der ans
Kreuz geschlagene Jesus Christus der Prototyp des Leidenden, an dem
sich den Gläubigen trotz dieses Leidens zeigte, dass Leiden und
Sterben vor Gott nicht sinnlos ist. Zu allen Zeiten vertrauten
Menschen darauf, dass Jesu Leiden nicht nur passives Er-leiden,
sondern eine stellvertretende Tat ist, die die Kraft hat,
unser jeweils persönliches Leiden aufzunehmen und zu transformieren.
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Freitag, 12. Februar 2016
"Was hab ich denn verbrochen?" – Berlinale-Empfehlung "Auf einmal" von Asli Özge
Die Berlinale ist seit gestern eröffnet
und es scheinen wieder eine Menge sehenswerter Filme im Programm zu
sein. Heute habe ich "Auf einmal" ("All of a sudden") von Asli Özge
gesehen, der eindeutig zu den besten Filmen der letzten Monate gehört.
Der Titel deutet es an – "auf
einmal" ist alles anders, eine kleine Begebenheit bringt
plötzlich eine große Geschichte in Gang und wirbelt viele Leben
durcheinander.
Dienstag, 9. Februar 2016
Was sterben muss – Aschermittwoch und Karfreitag
Was sterben muss.
- der Hass - die Ausgrenzung - die
Ängste - der Egoismus - die Gewaltanfälligkeit - das Lügen - die
Aufrechnungsmentalität - die Selbstgefälligkeit - der Kleinglaube -
das Misstrauen - die Selbstgerechtigkeit - die Unbarmherzigkeit -
Montag, 8. Februar 2016
Beschnitten – Eine Entdeckung zur Nacktheit
Vor kurzer Zeit habe ich in der Sauna
einen beschnittenen Mann nackt gesehen, zum ersten Mal in meinem
Leben.
Im Nachdenken darüber ist mir auf
einmal schlagartig klar geworden, was für eine wahnsinnige und nicht mehr aufhebbare Bindung
diese Art von religiöser Initiation erzeugt.
Wie sehr die Zugehörigkeit zur
Religion in den eigenen Körper eingeschrieben ist, so dass eine
mentale Distanzierung vielleicht möglich ist, aber durch den eigenen
Körper immer wieder konterkariert wird.
Ich bin allenfalls durch
meine Kette mit Kreuz und meinen Ehering ansatzweise
ausdeutbar, beides ist aber reversibel an meinen Körper und kann
jederzeit abgenommen werden. Für einen beschnittenen Mann dagegen
kann jedes Duschen und jede Erfahrung von Nacktheit eine Erfahrung
oder wenigstens Bewusstwerdung der eigenen Religion sein.
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Donnerstag, 4. Februar 2016
Heilsame Enttäuschung über die Kirche – Dietrich Bonhoeffer am 110. Geburtstag
Dietrich Bonhoeffer hat nicht erst in
der Zeit seiner größten Krisen im Gefängnis, sondern auch vorher
schon alles auf Gott gestellt. Denn ihm war klar, dass Gott nicht an
den Rändern voller Not und Ängste, sondern in der Mitte und Stärke
des menschlichen Lebens gefunden werden will.
Das zeigt sich auch in Bonhoeffers Bild
von kirchlicher Vergemeinschaftung, wie er es in der 1939 zum ersten
Mal veröffentlichten Schrift "Gemeinsames Leben"
zeichnet.
Konsequent denkt er von Gott her und
sieht im Lichte dessen auch die inneren Grenzen christlicher
Gemeinschaft sehr wohl – wie es wohl zu jeder Zeit und auch heute
Menschen gibt, die sich an eine Pfarrgemeinde, eine geistliche
Gemeinschaft oder einen Orden binden wollen und deren Grenzen
trotzdem wahrnehmen.
Hier bietet Bonhoeffer einige Sehhilfen
an, wie die Schwächen einer kirchlichen Nahgemeinschaft anzusehen
sein könnten:
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Mittwoch, 3. Februar 2016
Einen Orden verlassen – in Gesellschaft Jesu bleiben
Anfang Februar vor vier Jahren habe ich
den Jesuitenorden verlassen. Ich bin in Frankfurt am Main in ein Auto
gestiegen und mit kurzen Abstechern nach Berlin gefahren.
Das klingt zunächst einfach.
Aber diesem Tag ging selbstverständlich
ein längerer Prozess voraus – und ihm folgte ebenso ein längerer
Prozess.
Wenn ich jetzt, inzwischen als Ehemann
und Vater (und ironischerweise am Ende des von Papst Franziskus
ausgerufenen Jahr der Orden), darauf schaue, dann sehe ich einen
langen inneren und äußeren Weg. Den werde ich hier nicht
ausbreiten, wohl aber ein paar Gedanken – und Fragen. Gefühle und Zustände also anstelle von expliziten Gründen.
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Samstag, 30. Januar 2016
JosephsReligion 7 – Oden an die Nacht von Thomas Mann und Charles Péguy
Einem Herrn eine gute Nacht zu wünschen
will gelernt sein. Joseph tut es in Ägypten auf besonders angenehme
Weise mit philosophischem und theologischem Schwergewicht, wie Thomas Mann zu erzählen weiß:
"Siehe, der Tag ist ausgelebt,
er hat seine Augen zugetan, müd seiner selbst, und über alle Welt
kam die Stille. Horch, wie wundersam! Da ist ein Stampfen noch aus
dem Stall, und ein Hund gibt Laut, aber dann ist das Schweigen nur
desto tiefer; besänftigend dringt es dem Menschen auch in die Seele
ein, ihn schläfert's, und über Hof und Stadt, Fruchtland und Wüste
gehen die wachsamen Lampen Gottes auf.
Dienstag, 26. Januar 2016
Erinnern mit Widerständen und Erinnern als Widerstand - Zum Tag des Gedenkens an die Opfer des NS
Ruth Klüger schrieb Anfang der 1990er
Jahre ihre Reflexionen über die Ghettos und Lager, in denen sie
einen Großteil ihrer Kindheit verbringen musste. Damals gab es
bereits eine ansehnliche Zahl von Zeitzeugenberichten, "so
daß ich heute nicht von den Lagern erzählen kann, als wäre ich die
erste, als hätte niemand davon erzählt, als wüßte nicht jeder,
der das hier liest, schon so viel darüber, daß er meint, es sei
mehr als genug, als wäre dies alles nicht schon ausgebeutet worden -
politisch, ästhetisch und auch als Kitsch."1
Warum also heute trotzdem davon
erzählen, warum nicht besser schweigen, warum vor allem an diesem
Ort das Thema wiederum aufgreifen?
Aus Befangenheit "in einer Art
Schreckensrührung",2
wie Ruth Klüger sie in manchen wohlmeinenden Deutschen sieht oder
weil Deutschland immer noch "ein von Hitler traumatisiertes
Land" ist, wie Alain Finkielkraut jüngst in der Zeit
unterstellte?
Selbstverständlich hat das Nachdenken
über die Shoah hierzulande oft eine pädagogische und vielleicht
auch therapeutische Komponente.
Zugleich aber geht der gesellschaftlich-ethische Gehalt des Erinnerns der Shoah tiefer, als die gängigen mahnenden
Schulddiskurse und das stets wiederholte plakative (wenngleich
notwendige) "Nie wieder!" suggerieren.
Dazu zwei Erwägungen.
Samstag, 23. Januar 2016
"Dabei hielten sie sich an die Überlieferung..." – Geistesgegenwart durch Tradition
Als Sozialwesen stehen wir Menschen
nicht nur in biologischer Beziehung zu unseren Vorfahren, sondern in
einer langen Reihe von Traditionen und Überlieferungen, die über
unsere persönlichen Herkünfte und Überzeugungen hinausgehen. Das
mögen wir im Einzelfall schätzen oder nicht, wir haben immerhin die
(relative) Freiheit, uns dazu zu verhalten.
Wenn in einigen Tagen zum Beispiel der
Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird, kann uns dieses Gedenken
beunruhigen oder erschüttern oder aggressiv machen oder wir können
es als nicht zu uns gehörig abweisen – inwieweit wir mit einer
Reaktion der Sache und uns selbst gerecht werden, steht dann wiederum
verschiedenen Interpretationen und Werturteilen offen.
Das Evangelium des heutigen Sonntags
berichtet ebenso vom spezifischen Verhältnis, in das sich Menschen
zu einer vorgegebenen Tradition stellen.
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Dienstag, 19. Januar 2016
JosephsReligion 6 – Alttestamentliche Trinitätstheologie und Theologie der Religionen
Es ist nun einmal so: Das
Weihnachtsfest ist lange her und auch für Christen schon fast
vergessen. Dabei wäre jetzt Zeit, die Konsequenz der Menschwerdung Gottes
zu bedenken und deshalb die Entwicklung des göttlichen Wortes im
jahrelangen Lebensweg Jesu vom krabbelnden Kind bis zur Mannesreife
zu verfolgen.
Doch alles eilt schon weiter – während
Er weiter unter uns gegenwärtig ist.
Als gegendrehende Bewegung zum
Weitereilen hier ein paar Gedanken zum breiteren Kontext des Themas,
wie das göttliche Wort in der Welt anwesend ist – je nach Wahl
eher theologisch oder literarisch aufgetischt.
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Weihnacht
Donnerstag, 14. Januar 2016
"Ich will euch trösten" – Über die Jahreslosung 2016
2016 scheint ein Jahr zu werden, das
Trost besonders nötig hat – sei es wegen terroristischer
Gewaltakte, sei es wegen sexueller oder rassistischer Übergriffe.
Politischerseits braucht es gewiss mehr
als Trost, aber gesellschaftlich und individuell scheint die
Jahreslosung wie für den Beginn dieses Jahres 2016 ausgesucht:
"Gott spricht: Ich will euch
trösten, wie einen seine Mutter tröstet." (Jes 66,13)1
Sonntag, 10. Januar 2016
Taufe des Herrn - Teilhabe am Leben Christi
Wie zum letzten, so auch zu diesem
neuen Jahr eines meiner Lieblingsbibelworte. Diesmal stammt es aus
dem Galaterbrief: "Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt
in mir." (Gal 2,20)
Paulus bringt seine Überzeugung über
das neue Leben der Christen zum Audruck. Und zwar des Lebens Christi
selbst, das den Menschen nach dem Glauben der Kirche durch die Taufe
geschenkt wird.
Donnerstag, 7. Januar 2016
Köln, Warschau und die Glienicker Brücke – Vom Härtegrad des Rechtsstaats
Angesichts der massenhaften sexuellen
Übergriffe auf Frauen in Köln und anderswo ruft man allerorten nach
der "Härte des Rechtsstaats", was nach meinem Verständnis
so viel heißt wie die konsequente Anwendung der bestehenden Regeln
und Gesetze, um Täter zur Rechenschaft zu ziehen und den Kern des
Rechts zur Geltung zu bringen. Dieser Kern ist in Deutschland durch
den Ersten Artikel des Grundgesetzes und damit durch die Würde des
Menschen bestimmt, deren Schutz in vielen weiteren Artikeln und
Gesetzestexten ausdekliniert wird.
Dienstag, 5. Januar 2016
Krippe mit Mauer und Pyramide ohne Mitte - Heilige Drei Könige
Seit 2013 begleitet mich die
abgebildete Krippe, die ich von einer Reise ins Heilige Land
mitgebracht habe und die mir immer wieder zu denken gibt.
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