Es geht auf den Advent zu und die Welt
scheint schon in den Startlöchern zu sitzen. Allerorten (auch im
Gefängnis!) wird Schmuck angebracht und erwartet, dass es endlich
gemütlich wird.
Beim Blick in die biblischen Texte, die
die Ankunft (denn nichts anderes bedeutet adventus ja)
thematisieren, zeigt sich allerdings, dass es dabei oft um das
unerwartete Kommen eines Rechenschaft einfordernden Herren geht.
Dementsprechend
wird alles geordnet, die Bücher müssen stimmen, Zahlen werden
schnell geprüft, Löhne ausgezahlt, denn wenn etwas nicht stimmt,
wird es ungemütlich.
Wirklich Weihnachtsbaum? Friedhof in Neukölln, Berlin 2015. |
Als Aufgabe für uns gewendet heißt
das wohl auch, dass es Fingerspitzengefühl und Einfühlung braucht,
um sein Leben zu ordnen und verantwortlich mit allen Menschen
umzugehen.
Wer das aber nicht tut, sondern
"anfängt, seine Mitknechte zu schlagen" oder "mit
Trinkern Gelage feiert" (v49) – hier darf jeder selbst
schauen, was je persönlich passend ist – und sein Leben
anderweitig vernachlässigt, zu dem kommt der Herr unerwartet und
heftig.
Anschließend sprechen die
unterschiedlichen Übersetzungen davon, dass ein solcher zu den
"Heuchlern" (Einheitsübersetzung/Luther) oder
"Scheinheiligen" (Klaus Berger) oder "Blendern"
(Fridolin Stier) gesteckt wird.
Wo die "Heuchler"
schon gar nicht mehr wirklich aussagen, was das Problem ist, bringen
die anderen beiden Begriffe es gut auf den Punkt: Nicht
Unachtsamkeit, Pflichtvernachlässigung oder Bosheit bilden das
eigentliche Problem, sondern die Tatsache, dass da einer versucht
hat, dem Herrn etwas vorzugaukeln. Ein gewiefter Hochstapler, ein
mitunter sogar charmant wirkender Betrüger – einer, der den
Lebensernst verkennt, auf der Bühne glänzt und hinter dem Vorhang
alles sofort fallen lässt. Oder wenn der Herr ferne scheint.
Vielleicht ist das eine passende
Anregung für den Start in den Advent:
Mit dem Schmücken der Wohnung oder des
Arbeitsplatzes, mit Weihnachtsmarktbummel und sanfter Musik nicht zu
versuchen, das Lebenschaos dahinter zu verbergen und auf diese Weise
Gott und auch sich selbst in die Tasche zu lügen.
Vielmehr (wieder) einmal zu beginnen,
Sein und Schein in Einklang zu bringen.
Denn Gott ist nicht ferne!
Gott ist nicht ferne. Außenansicht einer JVA, 2016. |