Bekanntlich schaut die Adventszeit in
drei verschiedene und zugleich miteinander verknüpfte Richtungen:
das dreifache Kommen Gottes zu den Menschen.
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Da ist zum einen der Blick nach vorn in
die Zukunft, auf das zukünftige Kommen eines Retters in den letzten
Tagen. Davon spricht zum Beispiel die Evangelienlesung
an diesem Ersten Advent. Die Endzeit war ein bestimmendes Thema der
Verkündigung Jesu und dementsprechend voll sind die Evangelien mit
diesbezüglichen Hinweisen und Ausmalungen.
Für heutige Menschen gibt es ähnlich
viele Vorstellungen und vor allem Ängste bezüglich der Zukunft und
der bedrohlichen klimatischen, politischen oder sozialen
Verwerfungsschatten, die sie augenscheinlich schon vorauswirft.
Als nächstes gibt es den Blick zurück
auf die Erwartung des Volkes Israel: ein Retter sollte kommen; einer,
der Frieden bringt und Befreiung von fremden Herrschern; einer, der
das Joch des Volkes stellvertretend trägt und ein Reich des Friedens
und der Gerechtigkeit aufrichtet. An vielen Stellen vermischte sich
die Vorstellung vom Erscheinen eines Retters mit dem Weltende, so
dass sich die Erwartung des Retters mit den endzeitlichen Bildern
überschnitt. Als Christen schauen wir auf Jesus aus Nazareth und
erkennen in ihm diesen verheißenen Messias.
Für heutige Menschen stellt sich die
Frage, welche Heilsfiguren wir kreieren und wem wir die Last
messianischer Ansprüche auferlegen. Einige politische Akteure
scheinen sich mit ihren Antworten auf die komplexen Fragen der Welt
selbst als schnelle Heilsbringer anbieten zu wollen.
3
Schließlich der Blick nach innen, der
sich auch in vielen romantisierenden Adventsliedern findet: das
Bereiten des Herzenskämmerleins, in das ein Herrscher einziehen
will, wenn wir nur unsere Tore weit machen und dem fremden Gast
öffnen. Jenseits der altertümlichen (wenngleich im kollektiven
Unterbewussten gelandeten) Sprachbilder steckt in diesem Punkt aber
ein spiritueller Kern dieses Blickes auf das Ankommen Gottes.
Gerade für heutige Menschen nämlich
entscheidet sich hier die religiöse Ausrichtung des Lebens. Nicht
mehr im hoffend-angstvollen Himmelslohn-oder-Höllenstrafe-Diskurs
und auch nicht in der Rückwendung zu Rettervorstellungen aus einer
vergangenen Vorstellungswelt besteht unsere Spiritualität. Sondern
in der Achtsamkeit, dem Hören auf das Innere und der eigenen
Gotteserfahrung.
Aber gerade dies lässt sich aus dem
nach innen gekehrten Blick noch einmal wenden in Richtung Mitmensch –
schließlich will Gott nicht nur in meine kleines Leben kommen,
sondern auch in das meines Nächsten, ja er hat die ganze Welt im
Blick, wenn er kommt.
Und ich darf sogar annehmen, dass er es
sich dort schon gemütlich gemacht hat. Jedenfalls kann ich das
Gegenteil nicht wissen und setze Gottes Gegenwart im Herzen des
Nächsten voraus.
So werde ich meinen Advent dadurch
prägen lassen, ihm einmal hinterher zu gehen zu den Menschen und neu
zu manchen Freunden, Verwandten und Bekannten aufzubrechen.