Was ist von uns Christen verlangt?
Dass wir von unserer Hoffnung
auf die Auferstehung sprechen, die aus dem Zeugnis der Apostel von der
Auferweckung Jesu folgt.
In den Evangelien nach Ostern
jedenfalls geht es dauernd darum. Das heutige Sonntagsevangelium (Lk 24,34-48)
handelt von einer Erscheinung des Auferstandenen vor seinen
zweifelnden Jüngern und endet mit dem Satz: "Ihr seid Zeugen
dafür." (v48)
Leider ist die Auferstehungshoffnung
nicht unter allen heutigen Christen angekommen, und nicht überall wird sie bezeugt, aber ohne sie ist kein
Christsein.
Beim Lesen eines Gedichtes habe ich
mich an die Aufforderung zum Zeugnis erinnert.
Hilde Domin spricht in einem ihrer
Texte einen namenlosen geliebten Menschen an, dessen sie sich
augenscheinlich bei einer "Fahrt durch Kastilien"1
(so der Titel des betreffenden Gedichts) erinnert.
Passenderweise geht es vor einer Kirche
um den inneren Dialog miteinander:
Steinerne Zeugen. Frankfurter Tor, Berlin, 2017. |
"Bei den Männern aus grauem
Stein
vor der honigfarbenen Kirche,
Jahrhunderte
einander zugewandt,
Gespräch das nie verwittert,
wend ich mich nach dir um
und neige mich zu dir
– du, aus Traum –
und höre deine Stimme,
die schweigt.
Unser Gespräch ohne Gesicht."
Im Kontext des erwähnten Evangeliums
habe ich einen zwiespältigen Eindruck: Zwar sprechen die steinernen
Männer immer noch, aber augenscheinlich nur miteinander. Das war
nicht der Sinn des Apostelseins. (Wenngleich auch wir in unserer
Kirche oft genug diesen Eindruck erwecken, nur noch mit einander im
Gespräch zu sein.)
Immerhin inspiriert dieser Anblick die
Autorin, neuen Kontakt aufzunehmen zu jenem, der nicht an ihrer Seite
ist und doch in inniger Beziehung mit ihr steht. Und dieser Kontakt
ist ein "Umwenden", das "Zuneigung" ist – und
doch schweigt.
Anschließend wird Hilde Domin
grundsätzlicher – und auch diese Worte über das Aussprechen des
geliebten Namens scheinen mir passend:
"Dein Name auf meinen Lippen,
immer am Rande des Rufs,
er darf nicht zu Boden fallen.
Kein Tropfen deines Namens
darf zu Boden fallen.
Ich trage das volle Gefäß
mit Vorsicht."
Hätten wir Christen doch nur diese
Zuneigung, diese Achtsamkeit und Zärtlichkeit, wenn es um das
Zeugnisgeben von der Auferstehung Jesu geht!
Wäre uns diese Botschaft doch ebenso
wichtig, wie es die Liebe zu unseren geliebten Menschen ist!
Schließlich:
"So leise kann er nicht fallen,
dein Name,
daß nicht der Tag zerbirst."
Solche Kraft nämlich hat der Name
eines Geliebten, solche Kraft und Größe, vergleichbar dem
biblischen Gottesnamen, den auszusprechen sich fromme Juden seit
jeher weigern.
Denn so wie der Name Gottes, so ist
auch diese Botschaft nicht nur so wichtig, dass nichts von ihr
verloren gehen darf, sie ist auch so kraftvoll, dass vor ihr
zerbricht, was nicht zerbrechen kann.
Zerborstener Himmel. Hiddensee, 2017. |
1 H.
Domin, Rückkehr der Schiffe. Gedichte. Frankfurt a.M. 1994, 32-34.