Überall wird davon gesprochen, dass
die USA unter ihrem Präsidenten Donald Trump demnächst in einen
Krieg stolpern würde. Erst die Kriegsrhetorik gegenüber Nordkorea,
dann die Provokationen in Richtung des Iran wegen des angeblich
unzureichenden Atomabkommens und nun die Ankündigung eines Angriffs
gegen das syrische Regime mit seinem Unterstützer Russland.
Wenngleich ich die ständigen Drohungen
und Kraftmeiereien unsäglich finde, sehe ich doch auch, dass die
Möglichkeiten völkerrechtlicher Beschlussfassungen auf dem Boden
der UN augenscheinlich an ein Ende kommen.
Die vielgenannte "responsibility
to protect" wirkt wie ein großer Luftballon, aus dem
immerzu Luft abgelassen wird bis nichts mehr übrig bleibt.
Die Welt - ein Affenfelsen? Zoologischer Garten, Berlin, 2017. |
Natürlich kann kein Staat und keine
Blauhelmmission einfach überall einmarschieren und so regionale oder
nationale Konflikte zu internationaler Größe aufpumpen, um noch
Schlimmeres zu vermeiden. Aber immer nur zuzuschauen, wie es die
internationale Gemeinschaft seit Jahren in Syrien tut, kann auch
keine Lösung sein. So reiht sich Bombardement an Bombardement,
Giftgasattake an Giftgasattacke und das Blut vieler unschuldiger
Opfer fließt weiter und weiter.
In dieses aktuelle Nachrichtengemenge
und in diese innere Dilemma-Situation hinein stieß ich heute auf
einen Abschnitt aus Monika Marons letztem Roman "Munin oder
Chaos im Kopf". Der Ich-Erzählerin gehen angesichts der
Weltlage und eines eskalierenden Nachbarschaftskonflikts ähnliche
Gedanken durch den Kopf, zudem schreibt sie an einem Aufsatz zum
400jährigen Gedenken des Dreißigjährigen Krieges für eine lokale
Festschrift, so dass sich grundsätzliche mit persönlichen
Erwägungen mischen:
„Kriege enden, wenn alles Blut vergossen ist, alle Ressourcen erschöpft sind, wenn niemand mehr Kraft hat, in die nächste Schlacht zu ziehen. Kriege sollte man einsperren, Mauern um sie bauen, einen Deckel darüberstülpen und ihn irgendwann ganz vorsichtig anheben, um zu sehen, was daraus geworden ist. Ein Krieg musste sich selbst verzehren und durfte kein Futter bekommen. Es war herzlos, so zu denken, aber das lag am Krieg.“1
Ein abstoßend harter Gedanke, war meine erste Reaktion.
Auch ich leide angesichts der Lage in
Syrien unter dem Dilemmata, ob dieser Krieg durch einen Einsatz, von
Truppen welchen Landes auch immer, nur noch mehr Nahrung bekommt oder
ob vielleicht doch Menschen geschützt und gerettet werden
können.
Aber in diesen Sätzen liegt meines Erachtens ein entscheidender Fehler.
Aber in diesen Sätzen liegt meines Erachtens ein entscheidender Fehler.
Es geht eben um Menschen. Der Krieg ist eine Abstraktion. Aber die leidenden, sterbenden und fliehenden Menschen sind etwas Konkretes.
Natürlich will niemand, der Frieden
sucht, "dem Krieg" Nahrung geben. Aber ein humanitärer
Eingriff in einen kriegerischen Konflikt (was immer man von dieser
Wortschöpfung halten mag!), kann eine Möglichkeit sein,
Menschenleben zu retten.
Natürlich muss das im jeweiligen Einzelfall entschieden werden und ich bin nicht firm genug in der Sache des Syrienkonflikts, um dies einzuschätzen.
Eine ähnliche Stoßrichtung kommt von
der äußeren linken Seite des politischen Spektrums, wenngleich mit
anderer Motivation: Sich jeglicher kriegerischen Handlung enthalten,
keine schmutzigen Hände bekommen und zudem den Weltfrieden
antizipieren?
Die Handlungsabstinenz tarnt sich hier
als Menschenfreundlichkeit. Meiner Meinung nach ist sie aber Ausdruck
einer Ignoranz, die von der romantischen Illusion lebt, dass ja doch
alle Frieden wollten und nicht zu handeln immer das Bessere wäre (vgl. dazu einen Beitrag von 2014 hier).
Ja, wenn die Welt ganz anders wäre, dann müsste man und könnte man
und sollte man. Aber leider ist die Welt so, wie sie ist.
Egal, ob sich die Verantwortlichen nun
für kriegerische Handlungen entscheiden oder nicht: Was ich für die
wichtigste Motivation halte, ist, dass wir uns die Herzlosigkeit der
Welt nicht zu eigen
machen!
Wer unterm Glasdach sitzt... Klinikum Neukölln, Berlin, 2017. |
1 M.
Maron, Munin oder Chaos im Kopf . 2. Aufl. Frankfurt a.M. 2018, 66.