Wie sie sich geschämt haben müssen!
Weggelaufen waren sie, hatten sich
verkrochen und waren tagelang nicht mehr aufgetaucht, um auch ja
nicht mit ihm in Verbindung gebracht zu werden, hatten abgestritten,
mit ihm unterwegs gewesen zu sein und bisweilen sogar geleugnet, ihn
überhaupt zu kennen.
Und nun steht er da, mitten unter
ihnen, als Lebendiger!
Grüßt sie, wünscht ihnen Frieden!
Wie peinlich!
Das Kreuz lässt Licht herein. Propsteikirche, Leipzig, 2018. |
Aber nicht nur das, er beauftragt sie
sogar, ihn nun zu vertreten, seine Nachfolger zu werden, in seinem
Namen Sünden zu vergeben und das Reich Gottes zu verkünden.
Sie, die Jammerlappen, Feiglinge und
Nestbeschmutzer!
Angesichts ihrer Ohnmacht und Trauer,
ihrer Angst vor den Römern und ihr Zorn über sich selbst,
angesichts der Illusionen über die Stärke ihres Glaubens,
angesichts der Erfahrung, wie klein ihr Vertrauen tatsächlich war,
ist ihr Osterglaube – "ein verwandeltes Weinen."1
Als ich diese Worte bei Christian
Lehnert gelesen habe, trafen sie mich sofort. Denn es ist genau das,
was Ostern für mich ausmacht: dass die Tränen aufgefangen und in
Zuversicht umgeprägt werden.
Dass Gott ein großes "Trotzdem"
zur Kleinlichkeit und Verlorenheit, zur Rohheit und Langeweile mit
sich selbst, zur Ungeduld mit den Kindern, zu den seltenen
Gebetszeiten und dem falschen Lächeln zu den Nachbarn und zu all dem
spricht, was unser Versagen ausmacht.
Es ist alles nicht wichtig!
Nicht unsere bitteren Tränen, nicht
die Tränen der Wut oder das Geschrei der Enttäuschung über sich
selbst.
Denn all das wird überbordend erfüllt
von der Liebe des Auferstandenen und der Gabe seines eigenen Lebens
mitten hinein in unsere Schwachheit. Seine ständige Neuheit lässt das Alte als aussehen.
Alles wird verwandelt! Alles kann neu
und in seiner Relativität angesehen werden!
Nicht immer ist es tatsächlich auf diese Weise spürbar, aber das ist die Hoffnung, die uns Ostern schenken will.
Am Grab vorbeischauen! Kleinbrembach, 2015. |
1 C.
Lehnert, Der Gott in einer Nuß. Fliegende Blätter von Kult und
Gebet. 2. Aufl. Berlin 2017, 152.