Der Festtag des heiligen Ignatius fällt
in diesem Jahr auf einen Sonntag. So können die Feiernden auch aus
den Texten des Sonntags sinnreiche Anregung für die Erinnerung an
diesen großen Mann schöpfen.
In der Lesung aus dem Buch Kohelet (Koh
2,21-23) werden Sinnlosigkeit und Vergänglichkeit irdischer Freuden
und Verdienste besungen, mithin eine Relativierung des Lebens auf
Erden betrieben, die, der Logik der Leseordnung entsprechend, auch im
Evangelium (Lk 12,13-21) wiederkehrt.
Dort rügt Jesus eines Mannes
Wunsch nach Schlichtung der Erbstreitigkeiten zu seinen Gunsten und
erzählt zur Illustration die Geschichte eines Menschen, der viel
Energie daran setzt, seinen Reichtum zu horten und zu sichern. Das
aber erweist sich als völlig unnütz, wenn der Tod schneller kommt
als erwartet, denn "der Sinn des Lebens besteht nicht darin,
dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss
lebt." (v5)
Vielmehr gehe es darum, vor Gott reich
zu sein.
Dies nun ist eine Lebensmaxime, die dem
heiligen Ignatius gepasst hätte, da es ihm ja in allem um die je
größere Ehre Gottes ging, auf die hin alles andere geordnet sein
muss. Nicht also Reichtum vor Gott im Sinne einer Verbesserung des
eigenen Standes vor Gott wäre dann im Blick, sondern vielmehr
Reichtum vor Gott als leben und tun dessen, was vor Gott wertvoll ist
– und das ist dann auch der Dienst an den Nächsten oder, wie
Ignatius es nannte, die "cura animarum" (Sorge um
die Seelen). Reich sein vor Gott wäre dann die Ausrichtung des
Lebens nach Gottes Willen und der Einsatz als Mensch für Andere.
Alles in Einheit... Grünheide, 2016. |
Der Autor des Kolosserbriefes bestätigt
in der zweiten Lesung (Kol 3, 1-5.9-11) die vorgenannte Nachordnung
weltlicher Ziele, da das Leben der Gläubigen schon in Christus
"verborgen" (v3) ist. Daraus ergeben sich eine Reihe
ethischer Forderungen, wie die Ablehnung von Lüge, Unzucht,
Götzendienst usw. (v5.9), die in einer Lebenshaltung zusammengefasst
werden, welche stark im Sinne der anderen beiden Lesungen gedeutet
werden kann: "Richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht
auf das Irdische!" (v2)
Auf den ersten Blick riecht auch diese
Faustregel nach einer starken Abwertung des Irdischen. Mit den Augen
ignatianischer Spiritualität aber kann hier eine Form der
Weltfrömmigkeit eröffnet werden, die bei einer Erfahrung des
Ignatius selbst ansetzt.
In seinem Lebensbericht beschreibt er
(in der dritten Person) verschiedene Momente seiner Gotteserfahrung
und unter diesen nennt er als fünfte die folgende :
"Einmal ging er aus seiner
Andacht zu einer Kirche, die etwas mehr als eine Meile von Manresa
lag – ich glaube, sie heißt St. Paul –, und der Weg geht den
Fluß entlang. Und während er so in seinen Andachten ging, setzte er
sich ein wenig mit dem Gesicht zum Fluß, der in der Tiefe ging. Und
als er so dasaß, begannen sich ihm die Augen des Verstandes zu
öffnen.
Und nicht, daß er irgendeine Vision
gesehen hätte, sondern er verstand und erkannte viele Dinge,
ebensosehr von geistlichen Dingen wie von Dingen des Glaubens und der
Wissenschaft. Und dies mit einer so großen Erleuchtung, daß ihm
alle Dinge neu erschienen.
Und es lassen sich nicht die
Einzelheiten erläutern, die er damals verstand, obwohl es viele
waren; sondern er empfing eine große Klarheit im Verstand, so daß
ihm in der ganzen Folge seines Lebens bis über zweiundsechzig Jahre
hinaus scheint: Wenn er alle Hilfen zusammenzähle, wie er sie von
Gott erhalten habe, und alle Dinge, die er erkannt habe, selbst wenn
er sie alle in eins zusammenbringe, habe er nicht so viel erlangt wie
mit jenem Mal allein."1
Mitten auf einem Spaziergang in der
Natur also widerfährt ihm schockartig dieses Erlebnis. Sogleich
versucht er, gängige Interpretationsmuster abzuwehren und verneint
eine "Vision", vielmehr nennt er es ein "Öffnen
der Augen des Verstandes", durch das "alle Dinge neu
erschienen". Und das alles geschieht in so beeindruckender
Weise, dass er noch Jahrzehnte später beim Anfertigen des Berichtes
davon schwärmt.
Es scheint eine grundstürzende
Einsicht gewesen zu sein, die nicht einzelne Erkenntnisse oder
Gedanken oder Glaubenswahrheiten betrifft, sondern ihn die Welt in
neuem Licht sehen ließ.
Für die an Ignatius anschließende
Spiritualität und Geisteshaltung wird später die angestrebte
Haltung des "contemplativus in actione", einem
"Gesammeltsein im Tun" bedeutsam. Sie stellt eine
Modifikation dieser Erfahrung dar, insofern auch hier im Tun, in der
Welt und eben nicht nur während des eigentlichen Gebetes oder der
Liturgie Gott gefunden werden solle.
Wenn Ignatius schreibt, dass er durch
Gottes Gnade alles neu sehen konnte, dann ist darunter wohl genau das
zu verstehen: die Einheit der Welt als Schöpfung in ihrer
Bezogenheit auf Gott den Schöpfer.
Alles als Einheit in dem Einen zu
sehen, der Gott ist, das ist die Einheit von Glaube und Wissenschaft,
die Freude an der Welt um Gottes Willen, das Himmlische im Irdischen
und den Reichtum Gottes als Schatz schon im Hier und Heute.
Möge auch uns das immer mehr gelingen.
Einen gesegneten Festtag!
...und alles in Gottes Licht. Peetzsee, Brandenburg, 2016. |
1
Ignatius v. Loyola, Bericht des Pilgers. Frankfurt a.M. 1999, No.
30.