Jede der göttlichen Personen hat eine
bestimmte Form des Weltbezugs. Der Vater schuf und erhält alles, was
nicht Gott ist, der Sohn kommt in die Welt und verkündet den Vater.
Der Geist schließlich heiligt und vollendet die Welt – und im
Heiligen Geist werden wir Menschen beteiligt an dieser Aufgabe.
Doch die Welt bleibt dabei Welt.
Allerdings kann Gott schon mit der Schöpfung und viel mehr noch seit
der Menschwerdung des Sohnes mitten in ihr gefunden werden.
Durchsichtig auf was? Möhre an Herd, Rixdorf, Berlin, 2016. |
Das Pfingstereignis hat den Jüngern
Augen und Ohren aufgetan für die Pluralität und den Reichtum der
Welt und hat ihre Münder geöffnet, damit sie im Heiligen Geist
Gottes Herrlichkeit in dieser Vielfalt offenbar machen.
Durch den Geist wird der Alltag eines
Menschen in besonderer Weise durchsichtig auf Gott hin. Mitten in der
Weltlichkeit der Welt lässt Gott sich finden - und lässt die Menschen dabei frei. Denn er reißt die
Welt nicht in eine Eindeutigkeit seiner Gegenwart in ihr hinein,
sondern lässt Raum für Zweifel und Mehrdeutigkeit, Raum für
Glauben und Unglauben.
In diesem geöffneten Raum kann der
Geist erfahren werden,
"- wo eine Verantwortung in
Freiheit auch dort noch angenommen und durchgetragen wird, wo sie
keinen angebbaren Ausweis an Erfolg und Nutzen mehr hat,
- wo ein Mensch seine letzte
Freiheit erfährt und annimmt, die ihm keine irdischen Zwänge nehmen
können,
- wo der Sturz in die Finsternis des
Todes noch einmal gelassen angenommen wird als Aufgang
unbegreiflicher Verheißung,
- wo die Summe aller
Lebensrechnungen, die man nicht selber noch einmal berechnen kann,
von einem unbegreiflichen anderen her als gut verstanden wird, obwohl
man es nicht nochmals ..beweisen" kann,
- wo die bruchstückhafte Erfahrung
von Liebe, Schönheit, Freude als Verheißung von Liebe, Schönheit,
Freude schlechthin erlebt und angenommen wird, ohne in einem letzten
zynischen Skeptizismus als billiger Trost vor der letzten
Trostlosigkeit verstanden zu werden,
- wo der bittere, enttäuschende und
zerrinnende Alltag heiter gelassen durchgestanden wird bis zum
angenommenen Ende aus einer Kraft, deren letzte Quelle von uns nicht
noch einmal gefaßt und so uns untertan gemacht werden kann,
- wo man in eine schweigende
Finsternis hinein zu beten wagt und sich auf jeden Fall erhört weiß,
obwohl von dort her keine Antwort zu kommen scheint, über die man
noch einmal räsonieren und disputieren kann,
- wo man sich losläßt, ohne
Bedingung und diese Kapitulation als den wahren Sieg erfährt, - wo
Fallen das wahre Stehen wird,
- wo die Verzweiflung angenommen und
geheimnisvoll nochmals als getröstet ohne billigen Trost erfahren
wird".1
1 K.
Rahner, Erfahrung des Geistes. Meditation auf Pfingsten. Freiburg
i.Br. 1977, 43f.