Wie zum letzten, so auch zu diesem
neuen Jahr eines meiner Lieblingsbibelworte. Diesmal stammt es aus
dem Galaterbrief: "Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt
in mir." (Gal 2,20)
Paulus bringt seine Überzeugung über
das neue Leben der Christen zum Audruck. Und zwar des Lebens Christi
selbst, das den Menschen nach dem Glauben der Kirche durch die Taufe
geschenkt wird.
Kirchenfenster mit Evangeliumstext. St. Johannes Baptist, Jena, 2015. |
Denn Taufe ist ja nicht nur eine Segnung
oder die Eingliederung in die Kirche oder das Abwaschen dessen, was
traditionell Erbsünde genannt wird – nein, es ist entscheidend mehr,
und zwar die Hineinnahme in das Leben Gottes, das Wiedergeborenwerden
in ein neues Leben, das das Leben Gottes selbst ist.
Im Römerbrief vertieft Paulus diese
Aussage noch und setzt sie in Beziehung zu Tod und Auferstehung Jesu:
"Wisst ihr denn nicht, dass wir alle, die wir auf Christus
Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind? Wir wurden
mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch
die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen
auch wir als neue Menschen leben." (Röm 6,3f)
Besonders sinnenfällig wird dieses
Mitsterben und Mitauferwecktwerden im "Bad der Wiedergeburt"
(Tit 3,5) bei der byzantinischen Taufliturgie, in der die Täuflinge
ein Wasserbecken auf einer Seite betreten, zum Zeichen des
Mitsterbens untergetaucht werden und das Becken zeichenhaft für das
empfangene neue Leben anschließend auf der anderen Seite wieder
verlassen.
Wenn wir darum am heutigen Sonntag das
Fest der Taufe des Herrn und damit den Abschluss der Weihnachtszeit
begehen, feiern wir zum einen weiterhin das Weihnachtsereignis, dass
Jesus durch seine Geburt und sein Leben als Mensch und eben durch
seine Taufe "mit dem ganzen Volk" (Lk 3,21) ganz
einer von uns geworden ist - auch wenn Johannes der Täufer genau wegen dieser Identifizierung Jesu mit
allen anderen Menschen Einwände gegen die Taufe erhebt.
Zum anderen aber können wir darin auch
die Gabe seines Lebens an uns in unserer eigenen Taufe feiern, eine
Gabe, die er endgültig im Osterereignis in seiner Lebenshingabe am
Kreuz vollzieht. In seiner Menschwerdung und Taufe kommt er den
Menschen so nah wie es nur möglich ist, indem er selbst Mensch wird.
In der Taufe kommen Menschen dieser Hingabe entgegen und bringen symbolisch ihr eigenes Leben mit, damit es verwandelt werde.
"Nicht mehr ich lebe, sondern
Christus lebt in mir." - Als Getaufter bin ich wiedergeboren
in Gottes Leben und damit Teilhaber am Leben Christi geworden. Das
ist eine gänzlich neue Existenz, die schon das "Leben in
Fülle" (Joh 10,10) darstellt, welches Jesus verspricht.
P.S. Ergänzend muss natürlich
klargestellt werden, dass wir als Christen und damit als solche, die
das Leben Christi mitleben, trotzdem selbst verantwortlich sind für
unser Tun und Lassen und die Verantwortung dafür nicht auf Gott
abwälzen können. Paulus selbst schränkt im Folgsatz auch schon
ein, dass die Tatsache, dass Christi Leben in uns ist, nicht
bedeutet, dass unser Ich dadurch ersetzt oder ausgelöscht wird, sondern zum Glauben
herausgefordert bleibt: "Soweit ich aber jetzt noch in dieser
Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt
und sich für mich hingegeben hat." (Gal 2,20)
Potentielles Taufwasser mit Kran. Bremen, 2015. |