Seit 2013 begleitet mich die
abgebildete Krippe, die ich von einer Reise ins Heilige Land
mitgebracht habe und die mir immer wieder zu denken gibt.
Krippe mit Mauer. |
1. Die Kommenden
Im Osten packt es ein paar Leute. Wir
erfahren aus den Quellen nicht, wie viele es waren, wir wissen nicht,
was genau sie sich erhofften. Aber es hat sie motiviert, sich aus dem
Eigenen zu erheben und den Zeichen nachzugehen in der Hoffnung auf
etwas Heiles. Bis sie gestoppt werden und nicht weiterkommen.
Diese Beschreibung würde sowohl auf
die DDR-Flüchtlinge wie auch auf die heutigen Flüchtlinge aus
Syrien und dem Irak zutreffen.
Und eben auch auf die so genannten Drei
Heiligen Könige.
Diese aber werden nicht aufgehalten von des Herodes
Angst und Hass, sondern reisen weiter, nachdem sie mit dem Herrscher
und seinen Beratern Informationen ausgetauscht haben.
Theologisch bedeutet es, dass sich aus
der Ferne die Nichtjuden aufmachen, um den fremden Gott zu verehren.
Menschen von außerhalb zeigen auf diese Weise denen, die "drinnen"
sind, hier den Juden im Lande Israel, was wirklich wichtig ist.
Möglicherweise lässt sich hier auch von den Flüchtlingen lernen,
die uns aus unserer Bequemlichkeit reißen und uns auf unsere
"christlichen" Werte stoßen.
Ein Fazit lautet also: Die Kommenden
können die Sitzenden bescheren.
Das andere dagegen: Zur Gemeinschaft
mit Jesus sind alle berufen; die ersten Christen bezeugen nicht
umsonst von Gott, "dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer
ihn fürchtet und tut, was recht ist." (Apg 10,35)
2. Das Hindernis
Was hindert Menschen, zur Krippe zu
kommen?
Der politische Kontext, in dem ich die
Krippe erstanden habe, spricht zunächst für sich: Die
Trennungsmauer vor Bethlehem schließt nicht nur Terroristen, sondern
alle muslimischen wie christlichen Palästinenser vom Kontakt mit
Israel aus - genauso wie Touristen und Pilger es schwerer haben, nach Bethlehem zu gelangen. Die politischen Gründe für den Mauerbau und ihre
beabsichtigten oder unbeabsichtigten Folgen für die Zivilbevölkerung
bilden einen Hexenkessel an Vorwürfen, Anschuldigungen und Gewalt.
Weiter gedacht – wer kann nicht zur
Gemeinschaft mit Christus kommen, aufgrund welcher Mauern auch immer?
Schließen Angehörige anderer Religionen sich selbst aus, wenn sie
kein Bekenntnis zum "eingeborenen Sohn Gottes" ablegen?
Schließen kirchliche Hierarchen Menschen mit gebrochenen Lebensentwürfen aus oder solche, die von sexualethischen Normen
abweichen, besonders Homosexuelle?
Schließe ich mich selbst von der
Gemeinschaft mit Jesus Christus aus und errichte Mauern, wenn ich
nicht meines Herzens Tore und Türen weit und hoch mache?
In theologischer Perspektive muss
gesagt werden, dass wir von uns aus nicht fähig sind, zu Gott zu
gelangen. Diese grundsätzliche Mauer ist da. Aber durch die Geburt
im Stall, durch die Krippe, durch die Verkündigung an die Ärmsten
weit draußen, die Hirten, kam Gott herunter zu uns und bricht
seinerseits alles weg, was im Wege steht.
Nur von Seiten der Menschen errichten
wir in unserer Hartherzigkeit und Kaltschnäuzigkeit immer wieder
Mauern zwischen uns und ihm und zwischen uns Menschen.
3. Das Ziel
Die sternkundigen Weisen finden statt
des gesuchten Königs – ein Arme-Leute-Kind in einem Stall an der
Peripherie der Macht. Von Enttäuschung steht nichts geschrieben,
aber wer weiß, wie es ihnen damit ging, den erwarteteten König
ausgerechnet so zu sehen.
Was Flüchtende heute Erwartbares oder
Enttäuschendes in unserem Lande vorfinden, sehen wir gerade mit
eigenen Augen.
Pyramide ohne Mitte. |
Was allerdings der Großteil der
deutschen Bevölkerung an Weihnachten findet, weiß ich nicht so
recht. Mir kommt es oft so vor, als sei es ein Rennen um eine leere
Mitte, als wäre da nichts, was den Menschen einen Halt geben könnte, so dass sie sofort zum nächsten verkaufsoffenen Sonntag (jedenfalls in Berlin) in die Läden laufen und weiter konsumieren müssen.
Auch für diesen Eindruck findet sich zugegebenermaßen in meinem
Haushalt ein Objekt, das nebenan zu sehen ist. Rasende Pyramidenfiguren und
eine schöne Kulisse – allein Jesus fehlt.
Es ist ein wenig wie die Berichterstattung der
Nachrichtenanstalten über die Festtagspredigten – immer wird zu
Frieden und Solidarität aufgerufen, so als würde der Grund unseres
Friedens dort nie erwähnt, als wäre Weihnachten tatsächlich nur
ein familienseliges Lichterfest ohne näher bestimmbaren Inhalt.
Das schließlich sollten wir als
Christen wieder mehr im Munde führen: nicht nur die
allgemeinverständlich und human klingenden Floskeln von
Nächstenliebe und Friedensverantwortung. Sondern die unterscheidend
christliche Botschaft, dass Gott uns sein Leben anbietet – denn in
Jesus Christus will er uns "Leben in Fülle"
schenken (Joh 10,10).
Dieses sein eigenes Leben bietet er
allen Menschen an, woher auch immer sie kommen und welche Hindernisse
zwischen ihnen und seiner Liebe auch noch stehen mögen.
Er selbst will unser Ziel, unser Leben,
unser Mauerbrecher, unser Aufbruch sein.