In Christopher Nolans Batman-Film von
2012 geht es um verschiedene Konzepte von Erlösung, die zu einem
theologischen Kommentar herausfordern.
Und, wie sollte es auch anders sein,
die zwei Hauptakteure mit ihren nahezu gleich klingenden Namen, der
Bösewicht Bane und der Batman Wayne, präsentieren in ihren
jeweiligen Masken diese unterschiedlichen Vorstellungen.
Die Basisdaten der Story in Kürze:
Nachdem Batman im letzten Film "The Dark Knight" die
Untaten Harvey Dents auf sich nahm, verschwand er und lässt Dent als
eigentlichen Helden dastehen. Aus dieser Abgeschiedenheit kehrt er
nun zurück und nimmt den Kampf gegen den maskierten Bane auf. Der
will Gotham mit einer Söldnerarmee ins Chaos stürzen und bemächtigt
sich dafür unter anderem einer Atombombe aus Bruce Waynes Firma.
Während eines Zweikampfes zwischen Batman und Bane wird Batman stark
verletzt, so dass er erst genesen muss, bevor er wieder in den Kampf
einsteigen kann. Bane hat ihn aber in eine Gefängnis-Mine gebracht,
wo er erst dem Untergang Gothams zuschauen und dann sterben soll. Im
weiteren Verlauf des Filmes geht es vorrangig um die Versuche, die
Bombe zu entschärfen und die Menschen der von der Außenwelt
abgeschnittenen Stadt zu retten.
Frei nach dem inkarnationstheologischen
Diktum, dass nur erlöst werden kann, was auch angenommen wurde,1
muss Bruce Wayne als Batman in die Stadt zurückkehren; denn ihre
Gefährung, heißt es an einer Stelle, kann nur von innen beseitigt
werden, die an den Brücken stationierte Armee hat in all ihrer
Kampfeskraft keine Chance.
Licht im Dunkel. Staatsbibliothek Berlin, Unter den Linden, Berlin-Mitte, 2016. |
Zunächst zum Erlösungskonzept von
Bane: Nach eigenen Worten führt er einen Kampf gegen Gothams
Dekadenz, gegen Ungleichheit und Knechtung, gegen die Bereicherung
der Reichen und die Verarmung der Armen.
Erlösung besteht für ihn in der
anarchisch verstandenen Freiheit, sich gegen "das System",
gegen Unterdrückung und Lüge unserer Gesellschaft zu erheben. Unter
der Androhung der nahenden Vernichtung fallen alle Regeln, die vorher
galten – und die Befreiung wird zuerst eine Freiheit zur Gewalt.
Der Film zeigt Plünderungen und Willkür, Einschüchterung
Andersdenkender und Volkstribunale.
Diese Kritik am kapitalistischen
Wirtschaften und der damit verbundenen Ungerechtigkeiten ist
zweifelsohne zeitlos gültig und trifft in den USA sicher mehr noch
als hier einen wunden Punkt. Auch der Milliardär Wayne muss sich in
diesem Szenario fragen lassen, wo er strukturell steht in einer
Gesellschaft.
Doch bei aller Legitimität der Kritik
lässt sich das im Film so genannte Gleichgewicht der Zivilisation
nicht herstellen durch Mord und Totschlag.
Batman /Wayne sucht auch Erlösung,
einmal seine eigene, aber zunehmend auch wieder die der Menschen um
ihn. Seine Maske sitzt an einer anderen Stelle als Banes Atemhilfe.
Er steht für ein anderes Konzept von Erlösung, für eines nämlich,
das sich jüdisch-christlichen Gedanken weit annähert.
Bezugnehmend auf die Vorgeschichte mit
Harvey Dent ist er, in den Worten von Commissioner Gordon, "ein
Freund, der seine Hände in den tiefsten Morast steckt, damit Ihre
eigenen sauber erscheinen." Im Wissen darum, dass es eine
Erlöserfigur wie Harvey Dent brauchte, eine Person, mit der die
Menschen sich identifizieren können, hat er dessen Schuld auf sich
genommen und ließ den anderen leuchten.
Das erinnert stark an den
alttestamentlichen Jesaja-Text über den leidenden Gottesknecht, der
stellvertretend die Schuld anderer auf sich nimmt und dabei nicht
wohlgelitten ist: "Wie einer, vor dem man das Gesicht
verhüllt, war er verachtet; wir schätzten ihn nicht. Aber er hat
unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir
meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt.
Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer
Sünden zermalmt." (Jes 53,3-5)
Auch Batman muss während der
Filmhandlung im eigentlichsten Sinne körperlich erneuert werden. Zu
Beginn bringt ihn sein Wille für die Gerechtigkeit zu kämpfen, im
wortwörtlichsten Sinne wieder auf die Beine: zunächst wirft er
seine Krücke davon, als es nötig wird, sich wieder selbst
einzumischen in die Belange Gothams. Später bezwingt er mit Hilfe
des weisen Arztes im Gefängnis sein kaputtes Kreuz (!) und stellt
sich erneut dem Kampf.
Licht von oben. Bodemuseum, Museumsinsel, Berlin-Mitte, 2016. |
Es existieren also eine Reihe
kathartischer Momente für Bruce Wayne/Batman – nach Zurückweisung
und Ausgestoßensein ist es die körperliche Schwäche und nicht
zuletzt die Abhängigkeit von seiner Hightech-Ausrüstung, die zum
Teil in Banes Händen ist. Aber die Ambivalenz des
physisch-kämpferischen Einsatzes für die Erlösung anderer Menschen
wird nur kurz gestreift: Vor dem Ausbruch aus dem Gefängnis teilt
ihm der weise Lehrer mit, dass der Geist, nicht der Körper Überleben
möglich macht und ihn wieder ans Licht bringen kann.
Doch im Anschluss geht es sehr
körperlich, mit Schlagen, Treten, Schießen und jeder Menge
Militärtechnik weiter. Waynes/Batmans körperliches Leiden ist immer
aktiv, ist immer ein Kämpfen.
Der Einsatz des eigenen Lebens und
damit auch des eigenen Körpers wird in der finalen Rettungsszene
thematisiert. Sein vollkommener Selbsteinsatz bringt ihn dazu, mit
der in wenigen Minuten detonierenden und nicht mehr zu entschärfenden
Atombombe am Seil übers Meer zu fliegen, wo sie schließlich
explodiert.
Doch was war es, dass ihn antrieb zu
diesem Hingabe für seine Nächsten? Während Jesus Christus nach
christlicher Theologie am Kreuz als Konsequenz seiner Liebe zu allen
Menschen starb, scheint das Martyrium des Batman seinem
Verantwortungsgefühl geschuldet zu sein. Sentimentale Gefühle wie
Zuneigung oder gar Liebe spielen keine Rolle.
Dazu kommt aus christlich-theologischer
Sicht die Frage, was den Tod des Helden verursacht. Analog zum
christlichen Verständnis vom Tod durch die Sünden der Welt sind es
hier mittelbar die von Bane angeprangerten Sünden der
Zivilisation,die, in Gestalt der von Waynes eigener Firma gebauten
Bombe, die apokalyptische Gefahr darstellen.
Letztlich offen bleibt, was Waynes
Einsatz jenseits der Abwendung eines plötzlichen Todes denn genützt
hat – ob durch den Ausnahmezustand bessere Menschen aus den
Bewohnern Gothams geworden sind, darf, da Banes Vorgehen allein
negativ gezeichnet wird, bezweifelt werden. Dann würde trotz der
selbstlosen Aufopferung strukturell alles beim Alten bleiben. Einzig
eine Batman-Statue wird pathetisch-kitschig enthüllt.
Vollends verkehrt sich das Bild aus
theologischer Sicht, wenn zuletzt angedeutet wird, dass der Autopilot
das Batmobil allein aufs offene Meer geführt haben könnte und Bruce
Wayne die Situation zum Anlass nahm, sich aus dem Staub zu machen und
ein eigenes, neues Leben zu beginnen. Er steigt also, ähnlich wie
muslimische Theologen Sure 4,157ff des Korans deuten, vom Kreuz
herab. Sicher ändert das nichts an seiner Rettungstat, doch als
integre Person wird Wayne auf diese Weise disqualifiziert.
Bei allen theologischen Anfragen (von
den filmlogischen zu schweigen) also, bleibt der Blick auf die hier
angedeuteten Erlösungskonzepte eine spannend-quere Analogie für
christliches Denken.
Bunte Erlösung. Berliner Dom, Berlin-Mitte, 2015. |
1 So
schreibt der griechische Kirchenvater Gregor von Nazianz in einem
Brief über das Erlösungswerk Christi: »Das, was nicht angenommen
wurde, wurde nicht geheilt« (Ep 101,32: SC 208,50).