Jesus beschreibt das
Handeln und die Herrschaft Gottes oft in Bildern. Viele dieser Bilder
kommen aus der Landwirtschaft und aus dem Alltag der einfachen Leute
in Israel. Mit seinen Vergleichen will Jesus deutlicher machen, worum
es ihm geht.
Im Gleichnis vom
Sämann (Mt
13,1-9) geht es ihm um die Frage, ob die Frohe Botschaft bei mir
und dir ankommt.
Allerdings ist das
Gleichnis mit Vorsicht zu genießen, denn es geht Jesus nicht um eine
Darstellung der damaligen Lebenswirklichkeit! Es ist eben „nur"
ein Bild.
Der Karmelitenpater
Reinhard Körner meint darum, dass die Kleinbauern um den See
Genezareth erst einmal gelacht haben werden, als sie hörten, wie der
Bauer in Jesu Rede vorgeht. Er stellt sich vor, wie er zwischen ihnen
steht und ihre Reaktionen mitbekommt:
Gut verwurzelt?! Wildwuchs auf Birke, Rusinowo, 2019. |
"'Na, was ist denn das
für ein Bauer!', tuscheln sich zwei Bauern neben mir zu. 'Der hat
das wohl noch nicht oft gemacht!' Sogar ich ... weiß, dass der
Ackerstreifen an einem Wegrand gesondert eingesät wird, vorsichtig,
damit ja nichts vom kostbaren Saatgut auf den Weg fällt. Erst
danach, mit dem nun möglichen Abstand vom Weltrand wird im Weitwurf
gesät ... Hat dieser Bauer das denn nicht gewusst? Und gleich nach
dem Säen wird die Saat unter die Erde gebracht, unbedingt! Damals
mit einem Holzpflug, den bei Großbauern die Knechte oder ein
Rindergespann zogen und bei Kleinbauern der Kleinbauer selbst oder
seine Kleinbauernsöhne. Denn was beim Säen auf den Weg gefallen
ist, und alles, was nicht sofort untergepflügt wird, das ist für
den Bauern verloren. Das weiß doch jeder! Und dieser Bauer weiß es
nicht?" Als Jesus die Vögel erwähnt wird es lauter: "'Das
schadet ihm gar nichts!',höre ich um mich herum die Leute sagen. Und
die Kinder machen, schon belustigt, die emsig pickenden Vögel
nach."1
Und so geht es weiter.
Körner beschreibt, wie die Bauern Jesus sicher ausgelacht haben –
und dann irgendwann stutzig wurden, als er behauptet, dass aus einem
Korn bis zu hundertfache Frucht herauskommen soll. Das bisschen, das
am Ende überhaupt wächst, soll am Ende so viel abwerfen?
Realistisch sind vielleicht 35-40 Körner auf einer Ähre, wenn es
hoch kommt auch mal 50 – aber 100, das ist so dermaßen
übertrieben, dass es schon wieder überhaupt nicht ernst gemeint
sein kann.2
Oder Jesus meint eben
etwas völlig anderes! Dann geht es nicht um Wortwörtlichkeit, wie
sie ja bei manchen christlichen Fundamentalisten gepflegt wird,
sondern um völlig andere Dinge.
Gott wird hier nicht
dargestellt wie ein kleinlicher Bauer, der an sein wertvolles Saatgut
denkt. Jesus sagt damit vielmehr: Für euch mag es völlig verrückt
klingen. "Aber was ich zu sagen habe, das säe ich aus, sei's
gelegen oder ungelegen! So schwungvoll, wie ich nur kann, und ich
kümmere mich nicht ängstlich darum, ob und wo die Saat aufgeht oder
nicht! Ich pflüge nicht erst eure Herzen und steche nicht erst die
Disteln aus euren Köpfen, ich stecke nicht erst sorgsam die Grenzen
ab zu euren festgetretenen Trampelpfaden und prüfe nicht erst, ob
ihr auch genug Tiefe habt. Die Zeit ist da, zu sagen, was ich zu
sagen habe!"3
Gott denkt nicht in
wirtschaftlichen Dimensionen, er spricht nicht nur zur Crème de la
crème und er wendet sich nicht nur an die Tüchtigen, Schuldlosen,
Schönen und Prächtigen. Sondern es geht ihm um alle, um dich und
mich. Allen will er seine frohe Botschaft sagen.
Nicht gut genug gewachsen?! Im Walde von Grünheide, 2018. |
Und er lädt uns ein, diese Botschaft in unser Herz zu pflügen.
Was heißt das aber konkret?
"Als er säte,
fiel ein Teil der Körner auf den Weg, und die Vögel kamen und
fraßen sie." (v4)
Eine Botschaft des von
Jesus verkündeten Evangeliums ist, dass du bei Gott immer noch
einmal neu anfangen kannst. Was bedeutet es also, wenn es hier heißt,
dass diese Botschaft von den Vögeln weggepickt wird?
Es bedeutet, dass es da
beispielsweise Leute gibt, die behaupten, dass irgendwann doch mal
genug sein muss. Die sagen, dass du dein Limit erreicht hast und nun
keine Chance mehr bekommst. Die dir einreden wollen, dass du es nicht
wert bist, dass man sich noch einmal mit dir abgibt.
Die dich hier im Gefängnis
vielleicht spüren lassen, dass du dein Leben versaut hast und sie
sich deswegen viel besser fühlen dürfen als du.
Aber Gott ist nicht so!
Deshalb: Pflüge diese
Botschaft in dein Herz und vertrau darauf, dass Gott dir immer noch
eine Chance gibt, wenn du zu ihm kommst. Denn du bist es wert.
"Ein anderer Teil
fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort
auf, weil das Erdreich nicht tief war; als aber die Sonne hochstieg,
wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte."
(v5f)
Eine etwas beunruhigendere
Botschaft, die Jesus seinen Nachfolgern immer wieder sagt, ist: Es
wird nicht leicht. Wenn du vergibst, wird man es nicht verstehen.
Wenn du nachgibst, wird man dich ausnutzen. Wenn schenkst, wird man
dich für verrückt halten. Wenn du zu denen gehst, die niemand mag,
wird man dich auslachen. Wenn du nicht nur an dich denkst, wird man
dich nicht ernst nehmen und Gutmensch nennen.
Der Großteil der
Menschen, auch in unserem Land, hat keine Ahnung, was es wirklich
heißt, wie ein Christ zu handeln. Alle reden von Respekt und
Nächstenliebe und so fort, aber wer Jesus genau zuhört, wird
merken, wie realistisch er ist. Er weiß, dass Menschen auch darunter leiden werden, wenn sie sich an ihm
orientieren. Jesus spricht immer wieder davon (vgl. Mt
8,19ff; Mk
3,21; Mt
5,11f u.ö.).
Wer also glaubt, Christsein schaffe man auf einer Pobacke, der täuscht sich. So
einfach ist es nicht, und deshalb empfiehlt Jesus denen, die es mit
ihm halten, sich gut einzuwurzeln und sich Kraft aus der Tiefe zu
holen.
Deshalb: Pflüge auch
diese Botschaft in dein Herz und halte dich in deiner tiefstenTiefe
an Gott fest. Er ist dein Halt, auch wenn es hart wird.
"Wieder ein
anderer Teil fiel in die Dornen, und die Dornen wuchsen und
erstickten die Saat." (v7)
Eine weitere Botschaft des
Evangeliums ist schließlich, dass du dir Gottes Liebe nicht
erarbeiten musst, sondern dass Gott sie dir immer schenkt. Gott will
dich lieben. Du musst dich nur an ihn wenden und kannst es spüren.
Aber tief in unserem
Innern glauben wir manchmal, wir müssten doch lieber etwas dafür
tun – wir wollen Gott kaufen, anstatt uns beschenken zu lassen.
Glauben, wir bräuchten das nicht oder haben Angst, dafür in seiner
Schuld zu stehen.
Doch Gott will dir seine
Liebe schenken.
Deshalb: Pflüge auch
diese Botschaft tief in dein Herz und lass die Dornen deines Zweifels
nicht darüber wachsen. Gott liebt dich kostenlos als sein Kind, auch
wenn es dir schwer fällt, das anzunehmen und du lieber dafür
bezahlen würdest.
Wenn du dich daran
orientierst,
wenn du Gott vertraust,
dass er dir noch eine Chance geben will,
wenn du dich tief in ihm
verwurzelst und er selber dein Halt wird,
wenn du dich gratis von ihm lieben
lässt,
dann wirst du Frucht
bringen und das heißt, du wirst auch anderen noch eine Chance geben, du wirst selbst ein Halt für andere sein können und auch du wirst
von Herzen lieben ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten.
Keine Gegenleistung für Schönheit!? Lichterfelde, Berlin, 2019. |