Wäre das heute denkbar: Eine kritisch
denkende Atheistin, die für Frauenrechte streitet und sich als
Vernunftmensch versteht, wird katholisch?
1891 in Breslau in eine jüdische
Familie geboren, erklärt Edith sich als 15jährige, sie habe sich
"auch das Beten ganz bewusst und aus freiem Entschluss
abgewöhnt."1
Das Judentum sagt ihr nichts mehr. Ab 1911 studiert sie Philosophie
und promoviert 1917 bei Edmund Husserl in Freiburg.
Dabei beginnt ihre intensive
existenzielle Suche, die sie 1922 zur Entscheidung für die Taufe und
damit in die katholische Kirche führt. 1933 schließlich tritt sie
in den Kölner Karmel ein.
Natürlich war sie auch damals eine
Ausnahmegestalt.
Treppenhaus. St. Ursula, Kirchmöser, 2017. |
Auch die Kirche, der sie sich
anschloss, hatte 1922 noch eine ganz andere Gestalt als heute. Unter
Papst Benedikt XV. war der Antimodernismus zwar gerade etwas
abgeflaut, doch die Kirche ragte immer noch wie ein Relikt aus einer
vergangenen Zeit in das 20. Jahrhundert.
Die theologische Enge ihrer Zeit teilt
Edith Stein jedenfalls nicht, als sie 1938 schreibt: "Es hat
mir immer sehr fern gelegen, zu denken, dass Gottes Barmherzigkeit
sich an die Grenzen der sichtbaren Kirche binde. Gott ist die
Wahrheit. Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist
oder nicht."2
Edith Steins Wahrheitssuche in Richtung
Christentum wurde durch eine der größten weiblichen Heiligen des
16. Jahrhunderts angestachelt, durch die Heilige Teresa von Avila,
deren Schriften zum Auslöser für ihre Bekehrung wurden.
An der Universität aber wurde Edith
Stein die Wahrheitssuche durch gesellschaftliche Widerstände
erschwert. Weil sie eine Frau war, konnte sie keine Professur
erlangen, die Arbeit als Assistentin von Edmund Husserl war der
letzte für sie mögliche Schritt in der universitären Welt.
Nach ihrer Taufe wurde sie darum
zunächst Lehrerin und Dozentin.
In dieser Zeit hielt sie auch viele
Vorträge und Reden zur Frauenfrage. Ihr ging es dabei um einen
ganzheitlichen Blick – als Pädagogin und Philosophin war ihr Thema
das Wesen und die Natur der Frau. Heute würden ihre Gedanken zu
weiblicher Mutterschaft wahrscheinlich sehr stark angegriffen werden.
Doch Edith Stein ist von einer spezifisch weiblichen Eigenart
überzeugt, in den Worten von K. Westerhorstmann: "die
ureigenste Aufgabe der Frauen lässt sich an jedem Ort verwirklichen:
Sie sollen überall, wo sie durch private, berufliche oder andere
Gründe hingestellt sind, ihren weiblichen Geist einbringen, der den
Menschen und seine Belange sieht. ... Zugleich ... sollen die Frauen
sich selbst entfalten, ihre Fähigkeiten ausbilden und diese in
Familie und Beruf einsetzen, wodurch sie unmittelbar entscheidend an
der Gestaltung der Gesellschaft beteiligt sind."3
Leider hat Edith Stein das (nach meiner
Kenntnis) nicht für die Frauen in der Kirche ausformuliert...
1 Zit
n.: U. Dobhan, Edith Stein: Vom „radikalen Unglauben“ zum
„wahren Glauben.“ In:
https://www.karmelocd.de/download.html?f=vortraege%2Fvom-unglauben-zum-glauben-edith-stein.pdf
2 Zit.
n. W. Herbstrith (Hg.), Edith Stein – Aus der Tiefe leben. Ein
Textbrevier, Kevelaer 2006, 195.
3 Mehr dazu und zu ihrem zeitgebundenen Frauenbild: K. Westerhorstmann, Bestimmung und Berufung der Frau nach Edith Stein. In: https://www.imabe.org/index.php?id=510
3 Mehr dazu und zu ihrem zeitgebundenen Frauenbild: K. Westerhorstmann, Bestimmung und Berufung der Frau nach Edith Stein. In: https://www.imabe.org/index.php?id=510
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