Wenn von der Stimme Gottes im Inneren
eines Menschen die Rede ist, dann wird manchmal, wenn eine Hilfe beim
Erkennen dieser Stimme gegeben werden soll, gesagt, dass wir sie
daran erkennen, dass sie uns Frieden und Ruhe schenkt. Wer Frieden in
sich hat, der spürt Gott.
Es hilft schon ein kurzer Blick in das
Grundlagenwerk von Ignatius von Loyola, der ein Meister der
Unterscheidung der Geister war und in seinen "Geistlichen
Übungen" eine Reihe von Regeln festgeschrieben hat, "um
einigermaßen die verschiedenen Regungen zu verspüren und zu
erkennen, die in der Seele verursacht werden, die guten, um sie
anzunehmen, und die bösen, um sie abzuweisen".1
Baumpilz, durchwachsen, Birkenwerder, 2014. |
Er beginnt mit den Menschen, die sich auf
schlechten Wegen befinden, sich vielleicht sogar wohlfühlen dabei
und "sinnliche Vergnügungen und Annehmlichkeiten"
vor ihrem inneren Auge haben. Hier zeigt Gott sich laut Ignatius,
indem er "ihnen durch die Urteilskraft der Vernunft die
Gewissen sticht und beißt."2
Ein solcher Mensch wird sich
wohlfühlen, wenn er seine gottabgewandten Vergnügungen genießt und
demgegenüber Gott als kritischen Stich des inneren Anstandsorgans
spüren.
Ignatius zeigt hier ein durchaus
positives Bild vom Menschen - der Mensch ist fähig, durch die
Gewissensvernunft zu spüren, dass er sich in die falsche Richtung
bewegt.
Ob das Gewissen in jedem Fall so stark
ist, mag bezweifelt werden. Gott jedenfalls wirkt für einen solchen,
hier sehr schwarzgezeichneten Fall, eindeutig eher als Unfriede denn
als Friede.
Jesu Umkehrruf dürfte einen ähnlichen
Effekt beabsichtigt haben, auch wenn Menschen sich dafür nicht in
schlimmsten Ausschweifungen befinden müssen – der Aufruf zur
Überwindung der trägen Selbstbezogenheit als Öffnung zu Gott ist
schon anstrengend genug. Der so genannte "reiche Jüngling"
jedenfalls ging traurig weg, als er von den Anforderungen Gottes an
sein Leben hörte (Mt 19,16-22).
Ähnlich ging es dem Propheten Jona –
die Stimme Gottes reißt ihn aus seinem Alltag heraus und bringt ihn
in Gefahr von den politischen Mächten für den göttlichen Bußruf
verantwortlich gemacht zu werden. Gottes Stimme versetzt ihn in
Unruhe, Jona versucht zu fliehen. Die weitere Geschichte ist bekannt.
Himmel über Marzahn, Berlin, 2014. |
Jesu Weg wiederum führt ihn in den
Garten Gethsemane, wo er sich unter Bitten und Flehen dem Willen
Gottes anheimstellt – und schließlich am Kreuz endet.
Unruhestifter, Aufrüttler,
Gewissensbiss, Herausforderer – diese Züge gehören zur Stimme
Gottes mindestens mit dazu.
Aber Gott schenkt natürlich auch
Frieden. Wer, in Ignatius Worten, "vom Guten zum Besseren"
geht, wird Gott erfahren, wie er "Mut und Kräfte,
Tröstungen, Tränen, Eingebungen und Ruhe" schenkt.3
Gottes Friede zeigt sich ihm dann
"mild, leicht und sanft wie ein Wassertropfen, der in einen
Schwamm eintritt".4
Selbst ein Mensch, der sich in allen möglichen Verirrungen
umhertreibt, kann eine andere Befriedung ersehnen, als sich ihm in
Rausch und Gier ergeben kann.
Deshalb schließlich erläutert
Ignatius anschließend, was er unter göttlicher Tröstung versteht:
"alle Zunahme an Hoffnung, Glaube und Liebe und alle innere
Freudigkeit, die zu den himmlischen Dingen ruft und hinzieht und zum
eigenen Heil seiner Seele, indem sie ihr Ruhe und Frieden in ihrem
Schöpfer und Herrn gibt."5
Dann wäre nur noch hinzuhören.
1 Ignatius
v. Loyola, Geistliche Übungen und
erläuternde Texte. Leipzig 1978, No. 313.
2 Ebd.,
No. 314.
3 Ebd.,
No. 315.
4 Ebd.,
No. 335.
5 Ebd.,
No. 316.
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