In einer
feministisch sensibel gewordenen Gesellschaft kann dieses Bild
bestenfalls peinlich wirken. Eher noch wird es – noch schlimmer –
wie eine paternalistische Geste wirken: Es zeigt die Mutter Jesu als
die im Himmel Gekrönte und ist eine der häufigsten Darstellungen
Marias im Mittelalter und darüber hinaus. Die "Krönung
Mariens" – das Bild zum Fest Mariä Himmelfahrt.
Heute würden bei einem
solchen Motiv sofort alle roten Lampen angehen: Ein Mann setzt einer
hübschen jungen Frau eine Krone auf.
Das Motiv ist altbekannt:
Schmuck und Geld, Macht und Scheinwerferlicht ersetzen bei reichen
weißen (und meistens alten) Männern oft genug andere Formen der Beziehungsgestaltung
oder gar der Männlichkeit.
Ihr Glanz ist die junge
Frau, mit der sie sich schmücken.
Das
öffentlichkeitswirksame Überreichen von goldenem Schmuck ist eine
Variante, um dies sinnenhaft manifest zu machen.
Krönung, undeutlich. Schattenbild, 2017 |
Auch in der kirchlichen
und theologischen Präsentation Maria wurde Paralleles festgestellt:
Hier wird eine junge Frau auf ihre Reinheit reduziert, als passiv,
demütig und duldsam hingestellt und unter der Überschrift
"makellose Jungfrau" zum Vorbild erhoben.
Nun lassen sich die
biblischen Befunde sachgemäß nur schwerlich dahingehend
interpretieren, dass am Ende eine emanzipiert-aktive Frau, die ihr
Leben selbst in die Hand nimmt, mithin das Idealbild unserer Tage,
herauskommt.
Aber das muss auch gar
nicht sein. Und es muss weder das Marienbild vergangener Jahrhunderte
reaktiviert werden noch muss die Rede von der Krönung Mariens
vollkommen aus der Zeit gefallen rüberkommen.
Allerdings ist zu
konstatieren, dass gerade die Krönung Mariens etwas ist, das sie
nicht selber tut, sondern das an ihr geschieht. Sie ist nicht aktiv,
nicht selbstmächtig, nicht groß aus sich. Das steht quer zum
heutigen Empfinden von Größe und Ehre. Die Krönung ist Geschenk
(s. andererseits hier).
Entscheidend für eine
positive Interpretation dieses Bildmotivs sind meines Ermessens drei
Dinge:
Zum Einen stellt sich die
Frage, wer hier etwas tut. Und da stellt sich heraus, dass es kein
reicher alter Knacker ist, sondern ihr eigener Sohn, der sie krönt,
manchmal zusammen mit dem ewig-alten Gott-Vater.
Der ewige Sohn ehrt die
Mutter – er, der sie am besten kennt und sowohl ihre Schwächen und
Grenzen als auch ihre Stärken und Talente kennt, macht sie zur
Ersten derer, die bei ihm sein sollen.
Denn das ist das Zweite:
die Intention des Gegenübers – wird eine Frau hier benutzt und zum
Objekt degradiert, dient sie der Aufwertung eines Anderen? Oder geht
es wirklich um ihre "Erhöhung"?
Ein Mann, der durch den
Schmuck der Frau nur sein Geld zur Schau stellen oder (in der
alternden Version) seine Macht über die attraktive Lady zeigen will,
disqualifiziert sich selbst, denn nicht er selbst, sondern sein
Status wird entscheidend für die Beziehung.
Hier aber ist es die
Anerkennung, dass sie in die Runde dieser gekrönten Häupter des
Himmels passt. Bei allen übertriebenen Anthropomorphismen in den
künstlerischen Darstellungen geht es also darum, wer eine
himmelsgemäße Person ist.
Also: Es geht um Maria
selbst, nicht darum, dass Jesus ihretwegen gut dasteht.
Zugleich aber, und das ist
der dritte Punkt, handelt es sich um eine stellvertretende Krönung,
stellvertretend für die ganze Schöpfung, die auf Erlösung und
„Krönung“ wartet. Das monarchische Motiv, ebenfalls angreifbar
und deutlich über seine Haltbarkeitsdauer hinaus in Gebrauch, wird
hier zur Vorbereitung einer Demokratisierung
des Himmels.
Das mag nicht alle
kritischen Fragen beantworten – mir aber reicht's erstmal...
Krone, überdeutlich. Aufgeblasen, 2019. |