Der Katholik als solcher ist
zutiefst Demokrat und feiert immer mal wieder ein Fest der Demokratie.
Besonders deutlich zeigt
sich dies beim heutigen Hochfest Mariä Himmelfahrt.
Zum Einen rein formal, was
die Entstehung des Festgrundes angeht. In der katholischen Kirche
wurde über Jahrhunderte schon die (auch in der Orthodoxie
verbreitete) "Entschlafung Mariens" verehrt, ohne dass es
eine lehramtliche Bestätigung dieses aus dem Kirchenvolk wachsenden
Glaubens gegeben hätte.
Blick hinauf. Naurod, 2017. |
Erst 1950 bestätigte Papst
Pius XII. kraft seiner Autorität über die Kirche, dass diese
Verehrung Marias auch dem Glauben der Kirche entspricht. "Die
gesamte Kirche, in der der Geist der Wahrheit wirkt, um sie unfehlbar
zur vollen Erkenntnis der geoffenbarten Wahrheiten zu führen, hat im
Laufe der Jahrhunderte vielfach ihren Glauben zu erkennen gegeben",
heißt es in der entsprechenden Apostolischen Konstitution
"Munificentissimus Deus".1
Das, was der Heilige Geist also schon über lange Zeit in den Herzen
der Gläubigen wachhielt, wurde im Nachhinein von den Kirchenoberen
als richtig anerkannt.
In den Dokumenten des
Zweiten Vatikanischen Konzils wird diese Art der Glaubensentfaltung
und -entwicklung durch die Formulierung "sensus fidei
fidelium" festgehalten: "Die Gesamtheit der
Gläubigen, welche die Salbung von dem Heiligen haben, kann im
Glauben nicht irren." Dies geschieht dann, wenn sie "ihre
allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens und der Sitten
äußert." (LG 12)
Im "Glaubenssinn"
der Kirchenglieder wird daher quasi-demokratisch festgehalten, was
der ganzen Gemeinschaft insgesamt wichtig ist. Dass es, wie in jeder
politisch-demokratischen Ordnung, dabei auch zu Irrungen und
Verwirrungen der (mindestens gefühlten) Mehrheit kommen kann, die
nicht dem Geist Gottes entsprechen, ist klar. Die Kirchengeschichte
zeigt dies z.B. mit den Hexenverfolgungen deutlich genug.
Aktueller geht es doch kaum!
Zum Anderen ist Mariä
Himmelfahrt auch inhaltlich ein Fest der Demokratie.
Denn im Gegensatz zur
"Privilegienmariologie"2
der Immaculatalehre feiert die Kirche hier nicht etwas, das Maria
gegenüber allen anderen auszeichnet.
Der Glaube an Mariens
Himmelfahrt zeigt vielmehr, dass sie diejenige ist, in der sich der
Glaube an die volle Gemeinschaft bei Gott sicher schon vollendet hat.
Das, was alle angeht, hat sie exemplarisch schon erhalten. Keine
Exklusivrechte werden gefeiert, sondern eine Markierung für die
Universalität der Erlösung.
Denn was der Chef gemacht hat, sollen alle nachmachen. Himmelfahrt ist nicht nur Chefsache, sondern für alle da.
Um es im politischen
Vokabular zu sagen: sie repräsentiert exemplarisch, was die Sache
aller ist. Und macht sich stark für jene, die noch auf dem Weg sind.
Doch im Gegensatz zu den
politischen Repräsentanten, kann Maria zwar von den Gläubigen
verehrt werden und auch vieles getan haben, was sie vielleicht würdig
machen könnte. Aber weder der Jubel der Menschen noch ihr
heiligmäßiges Tun heben sie in den Himmel. Diese Inititaive geht von
Gott aus – Marias Himmelfahrt ist kein Ergebnis ihrer noch so guten
Taten, sondern Gottes Geschenk. Und wie "Gott an Maria
gehandelt hat, so handelt er an allen Menschen, die sich seiner
Barmherzigkeit nicht verschließen."3
1 Hier
zit. nach: J. Neuner / H. Roos (Hgg.), Der Glaube der Kirche in den
Urkunden der Lehrverkündigung. Leipzig 1982, 333.
2 Vgl.
zum Begriff und zur Sache: A. Müller / D. Sattler, Mariologie. In:
T. Schneider (Hg.), Handbuch der Dogmatik II. 2. Aufl. Düsseldorf
2002, 155-187, hier: 176.