Dienstag, 15. August 2017

Mariä Himmelfahrt – Ein Fest der Demokratie

Der Katholik als solcher ist zutiefst Demokrat und feiert immer mal wieder ein Fest der Demokratie.
Besonders deutlich zeigt sich dies beim heutigen Hochfest Mariä Himmelfahrt.

Zum Einen rein formal, was die Entstehung des Festgrundes angeht. In der katholischen Kirche wurde über Jahrhunderte schon die (auch in der Orthodoxie verbreitete) "Entschlafung Mariens" verehrt, ohne dass es eine lehramtliche Bestätigung dieses aus dem Kirchenvolk wachsenden Glaubens gegeben hätte.
Blick hinauf. Naurod, 2017.
Erst 1950 bestätigte Papst Pius XII. kraft seiner Autorität über die Kirche, dass diese Verehrung Marias auch dem Glauben der Kirche entspricht. "Die gesamte Kirche, in der der Geist der Wahrheit wirkt, um sie unfehlbar zur vollen Erkenntnis der geoffenbarten Wahrheiten zu führen, hat im Laufe der Jahrhunderte vielfach ihren Glauben zu erkennen gegeben", heißt es in der entsprechenden Apostolischen Konstitution "Munificentissimus Deus".1 Das, was der Heilige Geist also schon über lange Zeit in den Herzen der Gläubigen wachhielt, wurde im Nachhinein von den Kirchenoberen als richtig anerkannt.
In den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils wird diese Art der Glaubensentfaltung und -entwicklung durch die Formulierung "sensus fidei fidelium" festgehalten: "Die Gesamtheit der Gläubigen, welche die Salbung von dem Heiligen haben, kann im Glauben nicht irren." Dies geschieht dann, wenn sie "ihre allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens und der Sitten äußert." (LG 12)
Im "Glaubenssinn" der Kirchenglieder wird daher quasi-demokratisch festgehalten, was der ganzen Gemeinschaft insgesamt wichtig ist. Dass es, wie in jeder politisch-demokratischen Ordnung, dabei auch zu Irrungen und Verwirrungen der (mindestens gefühlten) Mehrheit kommen kann, die nicht dem Geist Gottes entsprechen, ist klar. Die Kirchengeschichte zeigt dies z.B. mit den Hexenverfolgungen deutlich genug. 
Aktueller geht es doch kaum!

Zum Anderen ist Mariä Himmelfahrt auch inhaltlich ein Fest der Demokratie.
Denn im Gegensatz zur "Privilegienmariologie"2 der Immaculatalehre feiert die Kirche hier nicht etwas, das Maria gegenüber allen anderen auszeichnet.
Der Glaube an Mariens Himmelfahrt zeigt vielmehr, dass sie diejenige ist, in der sich der Glaube an die volle Gemeinschaft bei Gott sicher schon vollendet hat. Das, was alle angeht, hat sie exemplarisch schon erhalten. Keine Exklusivrechte werden gefeiert, sondern eine Markierung für die Universalität der Erlösung. 
Denn was der Chef gemacht hat, sollen alle nachmachen. Himmelfahrt ist nicht nur Chefsache, sondern für alle da.
Um es im politischen Vokabular zu sagen: sie repräsentiert exemplarisch, was die Sache aller ist. Und macht sich stark für jene, die noch auf dem Weg sind.
Doch im Gegensatz zu den politischen Repräsentanten, kann Maria zwar von den Gläubigen verehrt werden und auch vieles getan haben, was sie vielleicht würdig machen könnte. Aber weder der Jubel der Menschen noch ihr heiligmäßiges Tun heben sie in den Himmel. Diese Inititaive geht von Gott aus – Marias Himmelfahrt ist kein Ergebnis ihrer noch so guten Taten, sondern Gottes Geschenk. Und wie "Gott an Maria gehandelt hat, so handelt er an allen Menschen, die sich seiner Barmherzigkeit nicht verschließen."3
 
Alles noch einmal, nur gedreht und gepusht. Naurod, 2017.

1   Hier zit. nach: J. Neuner / H. Roos (Hgg.), Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung. Leipzig 1982, 333.
2   Vgl. zum Begriff und zur Sache: A. Müller / D. Sattler, Mariologie. In: T. Schneider (Hg.), Handbuch der Dogmatik II. 2. Aufl. Düsseldorf 2002, 155-187, hier: 176.

3   Ebd., 186.