Vielleicht sind meine Assoziationen zu
freizügig, aber nachdem ich bei der gestrigen Bundestagsdebatte zum
Hilfspaket für Griechenland den Linken-Fraktionsvorsitzenden Gregor
Gysi hörte, schoss mir die Ökumene und vor allem die
Eucharistiefrage quer.
Gysi hatte nämlich auf die
prophetischen Einlassungen linker Politiker vor der Einführung des
Euro hingewiesen und betont:
"Wir sagten, der Euro kann am
Ende eines Angleichungsprozesses in der Bildung, in der Kunst, in der
Wissenschaft, in der Wirtschaft und nach verabredeten Standards bei
Steuern, Löhnen, Renten und Sozialleistungen stehen. Wenn man aber
diese Arbeit nicht leistet und die europäische Integration
ausschließlich über eine Währung versucht, wird das extreme
negative Konsequenzen haben." (ab Minute 1:30)
Sprung ins Ungewisse. Herrsching am Ammersee, 2015. |
Politisch und ökonomisch stellt sich
diese Meinung mit Blick auf den (bisweilen schon nicht mehr,
bisweilen aber immer noch) taumelnden Süden Europas jetzt
tatsächlich als klug heraus. Bevor man den großen Wurf eines
gemeinsamen Währungsraumes schafft, muss, das bestätigen inzwischen
zunehmend auch die Regierungsparteien der Euro-Länder, eine
kulturelle, mentale und nicht zuletzt wirtschaftliche Verständigung
erreicht werden, damit die bestehenden möglichen Unterschiede keine
Löcher in das neue Kleid reißen. (Ob gleich von einem
Angleichungsprozess die Rede sein muss, sei nach den historischen
Erfahrungen der Sowjetunion dahin gestellt.)
Zum theologischen Punkt: Ökumenisch
ist dies grosso modo die Linie der katholischen Kirche in der Frage,
ob die Eucharistie auch von Nichtkatholiken empfangen werden kann.
Denn bei allen individuellen Ausnahmen gilt: "Nach
katholischem (und erst recht nach orthodoxem) Verständnis setzt die
Eucharistie als Sakrament der Einheit das Stehen in der vollen
Kirchengemeinschaft voraus."1
(vgl. zum Ganzen die Gedanken zur eucharistischen
Ekklesiologie)
Erst dann also, wenn alle anderen
differierenden Fragen der Gemeinschaftsbildung geklärt sind, kann
als Höhe- und Schlusspunkt gemeinsam "zeichenhaft"
miteinander Kommunion (= Gemeinschaft) gefeiert werden.
Zugleich setzt das Zweite Vatikanische
Konzil selbst aber einen Kontrapunkt und spricht über "das
wunderbare Sakrament der Eucharistie [...], durch das die Einheit der
Kirche bezeichnet und bewirkt wird."2
Gemeinschaft - zwei in einem. Taufbecken und Lesepult. StadtkircheSt. Jacobi, Dornburg / Saale, 2015. |
Nicht nur Zeichen der Einheit wird die
Eucharistie also genannt, sondern zugleich kann sie (wie die Kirche
selbst) als "Werkzeug zur Einheit" bezeichnet werden. Durch
das gemeinsame Feiern der Eucharistie, in diesem
Miteinander-Kommunizieren wird nämlich auch eine größere Einheit
und Gemeinschaft geschaffen.
Und niemand soll sich der Illusion
hingeben, alle bei der Eucharistiefeier einer Gemeinde anwesenden
katholischen Gläubigen seien schon so sehr Gemeinschaft, dass ihnen
die Eucharistie nicht zu noch größerer Gemeinschaft helfen könnte.
Ökumenisch gewendet bedeutet das, dass
ab einem gewissen theologisch begründbaren Punkt (wie der
Übereinstimmung über das Wesen der Eucharistie) und bei bestimmten,
ökumenisch bedeutsamen Anlässen auch eucharistische Communio über
den individuellen Fall hinaus möglich sein sollte.
Ebenso kann, nun ganz vorsichtig den
Rückweg zur Euro-Ökonomie antretend, gegen Gysis Vorstellung
möglicherweise eine gemeinsame Währung auch ein mögliches Mittel
zur weiteren tieferen Einheit sein, bevor alle anderen Dinge sich
angeglichen haben.
Aber das ist wieder ein anderes Thema für einen
anderen Blog.
1 W.
Kasper, Sakrament der Einheit. Eucharistie und Kirche. Freiburg
i.Br. 2004, 102.
2 Unitatis
Redintegratio 2. In: K. Rahner, H. Vorgrimler (Hgg.),
Kleines Konzilskompendium. 28. Aufl. Freiburg i.Br., Basel, Wien
2000.