Anfang Juli hat der Generalobere der
Jesuiten, Adolfo Nicolás, bei einem Treffen von Ordensleuten in
Taizé ein kurzes Referat gehalten, in dem er, der viele Jahrzehnte
in Japan verbracht hat, die Weisheit Asiens würdigte und sie in
Beziehung setzte zum Denken und zur Spiritualität des heiligen
Ignatius.
Östliche und westliche Spiritualität. Ujazdów, Warschau, 2015. |
Die christlichen Missionare legten, so
stellte er dar, bei ihrer Tätigkeit lange Zeit viel Nachdruck auf
die Wahrheit des Christentums, getreu der Aussage Jesu im
Johannesevangelium, dass Er selbst die Wahrheit sei. Es zeigte sich
aber, dass die weisheitlichen Traditionen Asiens besser Jesus als den
Weg verstünden.
Dies sei nun eine Schnittstelle zur
ignatianischen Spiritualität – ohne dass hier ein Gegensatz
zwischen „Weg“ und „Wahrheit“ aufgebaut werden soll, immerhin
haben Jesuiten über Jahrhunderte auch in Deutschland kräftig für
die Wahrheit der katholischen Kirche gestritten.
Ignatius ging es jedoch zuerst, so
Nicolás, um die Vermittlung eines Weges, um ein „how to“.
Auf die Art und Weise, wie etwas zu tun
sei, zu achten und dementsprechend vorzugehen, ist ein Schlüssel zum
ignatianischen Denken. Bekannt geworden sind besonders die
ignatianischen Regeln zur Unterscheidung
der Geister, mit denen die inneren Regungen erkannt und
eingeordnet werden können. Auch das Exerzitienbuch ist ja als ganzes
ein Werkbuch und eine Anleitung zum Gebet und zur Ordnung des eigenen
Lebens.
In seinen Briefen an die in die Welt
verstreuten Mitbrüder gibt Ignatius vielerlei Hinweise dazu, wie
bestimmte Dinge zu tun seien – zugleich lässt er aber auch die
Freiheit, anders zu entscheiden, wenn die Umstände anders sind.
Für Entscheidungen legt er als ein
Kriterium vor, ob die entscheidende Person die Art und Weise, wie
entschieden wurde, auch auf dem Sterbebett noch guten Gewissens
bejahen könnte.
Drei nicht-ignatianische Haltungen und ein Pferd. Lazienki Królewskie, Warschau, 2015. |
Zurück zu den Ausführungen von Adolfo
Nicolás: Damit eine solche gute Entscheidung möglich wird, braucht
es seiner Meinung nach innere Freiheit – und die werde erlangt
durch Konversion, also durch eine erneute Hinwendung zu Gott. Erst
wenn sich das Unbewusste, also die menschliche Intuition „bekehrt“
hat – und damit die innerste Haltung, mit der „automatisch“
entschieden, gehandelt und mit
Gott kommuniziert wird, dann ist Freiheit möglich.
Ignatius
betont in diesem Zusammenhang die „ungeordneten Anhänglichkeiten“
mit denen Menschen etwas ersehnen. Solange diese Abhängigkeiten
herrschen, gibt es keine Freiheit.
Wenn wir aber, so Nicolás weiter, mit
dem Tiefsten in uns in Kontakt kommen und es annehmen können, dann
ist Freiheit möglich. Dazu wollte Ignatius eine Methode vermitteln.
Wer mit Hilfe dieser Methode vorangeht, wird sich selbst vor Gott und
den Menschen besser verstehen können und dementsprechend handeln.