Der Sabbat, für Christen der Sonntag,
hat die Funktion, Ruhe zu ermöglichen. So können Menschen Kraft
sammeln, sie haben Zeit für Außergewöhnliches oder können einfach
eine Pause machen. Diesen Sinn einer Unterbrechung des Alltags gibt
es auch jenseits einer religiösen Begründung.
Religiös betrachtet kann der Sabbat
Zeit für eine Begegnung mit Gott schaffen.
Heilung nötig. San Gimignano, 2018. |
Wenn Jesus im heutigen Evangelium
(Mk 3,1-6) am Sabbat einen Mann heilt, dann liegt sein Fokus jedoch nicht
auf der Pause an sich, sondern auf der Ermöglichung heilsamer Begegnung durch diese Pause.
Er macht aus der freien Zeit eine Zeit
der Heilung.
Denn das ist es, was Gott will: dass
wir heil werden. Auch wir können in den Unterbrechungen und Pausen,
vielleicht auch in der leeren Zeit der Haft und noch mehr hier im
Krankenhaus eine Begegnung machen, die heilsam wirkt.
Denn von Gott geht Kraft aus, die in
der Liebe stark ist.
Dort,
wo wertschätzende Begegnungen
stattfinden,
wo Vergebung möglich ist,
wo grundlos geschenkt und geteilt wird,
wo gegen alle Hoffnung gehofft wird,
wo nicht der eigene Nutzen im
Vordergrund steht,
wo Gebrechlichkeit und Schlechtigkeit
nicht einfach aussortiert werden,
wo jemand aufbricht und aus sich
herausgeht
– dort kann Gott eintreten.
Dann ist unser Alltag wie die Synagoge,
in die Jesus kommt und heilen kann.
Machen wir solche eben genannten
Erlebnisse (oder noch andere in der Art), dann müssen wir ihm unsere
Heilungsbedürftigkeit nur noch hinhalten.
Aber nicht für alle steht dieser
Aspekt des Sabbats im Vordergrund.
Die im Text genannten "Pharisäer"
und "Anhänger des Herodes" (Mk 3,6) stehen, wie
auch viele Juden heute noch, für die strikte Pause ein. Und auch das
ist eine legitime Sicht, die den Sabbat über Jahrhunderte bewahrt
hat.
Keine Arbeit, kein langer Weg, kein
Feuer im Herd.
Nur Notfälle zählen gerade noch als
erlaubte Handlung.
Doch in der Geschichte entsteht dadurch
bei den Anwesenden das Problem, dass ihr Herz dabei stehenbleibt: es
sieht nicht Gottes liebevolle Zuwendung und Jesu heilende Nähe, es
sieht nur die Grenzüberschreitung. Da tut jemand etwas, als eigentlich nichts getan werden darf. Mehr sehen sie nicht. Diese Verstocktheit macht Jesus
zornig.
Aber der Zorn hilft, wie so oft,
nichts.
Denn durch die verstockte Verengung des
Blicks kommt es zur radikalsten Ablehnung: Sie wollen Jesus
umbringen.
Jesus rührt nicht am Glauben an den
einen Gott. Aber immerhin am Dritten Gebot des Dekalogs. Das ist
nicht nichts, auch wenn uns das vielleicht so vorkommen mag.
Und dafür gehen sie sogar in den
Konflikt mit dem Fünften Gebot, in dem ja der Mord verboten wird. Es
scheint, dass religiöse Kategorien hier gar keine Rolle mehr
spielen, sondern dass in sinnloser Wut über Jesu Regelübertretung
das größtmögliche Geschütz aufgefahren wird.
Doch Jesus nimmt das auf sich, um
weiterhin seinen Weg unbeirrt zu gehen.
Trotz seines Zorns über die
Verstocktheit gibt er nicht auf und verkündet einen Gott, der
Heilung bringt, der Vergebung ermöglicht, der Leben rettet (vgl.
v4).
Für diese Botschaft geht er bis ins
Äußerste: Nicht im kalkulierten Niederreißen aller Regeln und
Gesetze des Volkes Israel, wohl aber in seiner Bereitschaft, für
seine Botschaft bis in den Tod zu gehen.
Denn für Jesus ist heilsame Begegnung
nötig. Die Zeit der Heilung beginnt sofort. Eines Menschen Rettung
kann keinen Aufschub vertragen.
Für diese Überzeugung scheut Jesus
keinen Konflikt.
Steiler Aufstieg. San Gimignano, 2018. |