Dieser Tage komme ich mehr und mehr auch mit ukrainischen Studierenden in Kontakt. Für sie ist die Haltung der Deutschen, wenn es um Russlands Krieg gegen ihr Heimatland geht, nicht immer einfach zu verstehen.
Denn es gibt hier die mancherorts verbreitete Annahme, aus dem aktuellen Krieg müsse man sich in Deutschland nicht nur praktisch-politisch, sondern auch mental heraushalten. Mit anderen Worten: Neutral sein, nur keine Partei für eine Seite ergreifen, denn nur so könne man in Deutschland angemessen handeln.
Ich halte das für falsch. Neutralität ist in diesem Fall keine moralisch legitime Position.
Und zwar nicht aus praktischen Erwägungen, die sich aus der Angst speisen, man würde für Russland dadurch zum Feind (das sind wir längst).Sondern wir müssen in solchen Situationen grundsätzlich parteiisch sein. Schließlich geht es, bei aller Komplexität der Vorgeschichte, darum, dass ein Land ein anderes überfällt und versucht, dessen Existenz auszulöschen. Die Rollen sind klarer verteilt, als sich viele Deutsche eingestehen wollen.
Es geht dabei nicht darum, dass es auf beiden Seiten Opfer gibt! Das hieße das Kriegsgeschehen zu verkennen. Die Opfer auf ukrainischer Seite sind oft Zivilisten, die Opfer auf russischer Seite sind Soldaten, die in ein fremdes Land einmarschiert sind. Auch sie sind bisweilen Opfer ihrer Führung und auch um sie dürfen und müssen wir trauern. Aber wir können dabei keine neutrale Haltung im Ganzen einnehmen.
Elie Wiesel bringt es glasklar auf den Punkt: "Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer, Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten."
Gerade aus christlicher Sicht ist unser Platz auf der Seite der Opfer, der Angegriffenen. Auch Gott hält sich aus dem Unrecht der Welt nicht heraus. Jesus lädt die Mühseligen und Beladenen ein, zu ihm zu kommen und stellt sich in seinem Leiden am Kreuz auf die Seite all derer, die unter ungerechter Gewalt leiden.
Und das ist heute strukturell die Ukraine, auch wenn sie selbst sich praktisch aus dieser Rolle heraus kämpfen will. Denn niemand möchte gern nur ein „Opfer“ sein.
Ich möchte den ukrainischen Studierenden und ihren Familien gern sagen, dass wir als Deutsche, dass wir als Christinnen und Christen an der Seite der Ukraine stehen. Für mich selbst kann ich das sagen. Sie als Leserinnen und Leser bitte ich: Seien Sie parteiisch!
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