Spargelhof Klaistow, 2014. |
Was aber, wenn die Heutigen etwas völlig anderes wollen als es die christliche Botschaft bieten kann?
Ich habe Inspiration bei Samuel Beckett gefunden, denn er reduziert in seinen Charakteren das menschliche Verhalten radikal:
Estragon: Ich bin müde. (Pause)
Komm, wir gehen.
Wladimir: Wir können nicht.
Estragon: Warum nicht?
Wladimir: Wir warten auf Godot.
Estragon: Ach ja. (Pause) Also, was
sollen wir machen?
Wladimir: Da ist nichts zu machen.
Estragon: Ich kann aber nicht mehr.
Wladimir: Willst du ein Radieschen?
Estragon: Ist das alles, was da ist?
Wladimir: Es gibt Radieschen und
weiße Rüben.
Estragon: Sind keine gelben mehr da?
Wladimir: Nein. Du übertreibst es
mit den gelben.
Estragon: Dann gib mir ein
Radieschen.
(Wladimir sucht in seinen Taschen,
findet nur weiße Rüben. Er kramt endlich ein Radieschen hervor, das
er Estragon gibt, der es untersucht und beschnuppert. Es ist
schwarz!)
Wladimir: Es ist ein Radieschen.
Estragon: Ich mag nur die roten, das
weißt du doch.
Wladimir: Du willst es also nicht.
Estragon: Ich mag nur die roten.
Wladimir: Dann gib es her.
(Estragon gibt es ihm zurück)
Estragon: Ich geh mir eine gelbe
Rübe suchen.
(Er rührt sich nicht)
Wladimir: Nun wird es wirklich
sinnlos.
Estragon: Noch nicht genug.
(Schweigen)1
Die Botschaft von Ostern ist, dass wir
Anteil am Leben Christi bekommen. Und alles, was in diesen
österlichen Tagen geschieht, weist hin auf die Möglichkeit, Anteil
zu erhalten an dem Leben, das Jesus Christus gibt: ein gemeinsames
Abendessen, ein politisch-religiös motivierter Mord, eine
erschreckende Stille, ein radikaler Neuanfang, der mit großem
Schrecken und enormer, ungläubiger Freude einhergeht.
Am Gründonnerstagsgeschehen deutet
Jesus seinen bevorstehenden Tod als Hingabe: "Das ist mein
Leib, der für euch hingegeben wird." – "Dieser Kelch ist
der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird."
(Lk 22,19.20)
Wollen wir diese Gabe überhaupt?
Wollen wir, so wie Paulus es deutet, Jesu Leben in uns? Denn ein
Christus folgender Glaube würde bedeuten: "Ich bin mit
Christus gekreuzigt worden; nicht mehr ich lebe, sondern Christus
lebt in mir." (Gal 2,19f)
Das wäre auch für unser Leben
Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag, Ostermorgen.
1 S.
Beckett, Warten auf Godot. Berlin und Frankfurt a.M. 2006
(Covertext: Faksimile eines Handexemplars, das Beckett zur
Vorbereitung der legendären Godot-Inszenierung 1975 am Berliner
Schiller-Theater diente.), 82f.