Es ist schon alles vorhanden. Fast
vollendet ist es nur noch nicht in Erscheinung getreten. Ungesehen
reift es zu Ende und wird erst dann offenbar und für alle Augen
sichtbar sein.
So oder ähnlich beschreiben die Theologen das Reich Gottes, das Jesus verkündet hat.
Dieses Gefühl, in einer Zwischenzeit von "schon" und "noch nicht" zu leben, die jederzeit vorbei sein kann, kenne ich unmittelbar vor der Geburt unseres Kindes jetzt auch.
Die werdende Mutter spürt seit Monaten
die Kindsbewegungen in sich, ich stehe daneben und werde mehr und
mehr unsicher, was da tatsächlich auf uns zukommt.
Schon in der Welt, aber noch nicht
geboren und entbunden ist dieses kleine Lebewesen.
Blume unter Wasser, Rixdorf, Berlin, 2014. |
Ein Vater bin ich – irgendwie schon
und irgendwie noch nicht.
Wir könnten heute schon so leben, wie
wir morgen erst sein werden, so hat mein Professor für Neues
Testament die Auswirkungen der Gottesherrschaft in der Welt
beschrieben.
Vor einer Geburt wird das vielleicht
nachvollziehbar – das Ungeborene hört die Musik, die wir hören,
es hört noch viel mehr unsere Stimmen, es ist überall dabei, es
wird beeinflusst durch unsere Essenszeiten, unser Ruhen und Gehen
kennt es auswendig.
Es lebt schon mit und wird doch morgen erst "auf der Welt" sein. Und wir leben auch schon etwas von dem, was wir morgen erst so richtig sind.
Auch die Rede von Gott als dem anwesend
Abwesenden gewinnt existenzielle Plausibilität für mich.
Es könnte jetzt schon jederzeit so
weit sein. Ein neues Leben mitten unter uns.
Unvorstellbar.
Nein, U N V O R S T E L L B A R.
Ein Wahnsinn. Ein Wunder. Ein neues Leben.
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