Samstag, 7. Februar 2015

Durch ihn und mit ihm und in ihm

Eine liturgische Formel, die ich immer schon faszinierend finde, ist die Große Doxologie am Ende des Eucharistischen Hochgebets. Nach der Erinnerung an die Heilstaten Gottes in der Geschichte, nach der Einreihung in die weltumfassende Christenheit, nach der Vergegenwärtigung der himmlischen Kirche und nach der Hoffnungsbitte für die Verstorbenen, wenn also alle und alles im Geiste vor Gott gebracht wurde, dann spricht der Priester als dankenden Abschluss all dessen im Blick auf Jesus Christus:

"Durch ihn und mit ihm und in ihm ist Dir, Gott, allmächtiger Vater, in der Einheit des Heiligen Geistes alle Herrlichkeit und Ehre jetzt und in Ewigkeit."

Feiergesellschaft. Lübbenau, Spreewald, 2015.
Zugleich mit der Faszination klingt der Satz mir immer unverständlicher, je öfter ich ihn höre, denn was es mit durch", "mit" und "in" (ich bleibe, der lateinischen / griechischen Philologie zu wenig kundig, beim Deutschen) in Bezug auf Christus und Gott nun genau auf sich hat, verschwimmt doch hinter einem wohlmeinend verbindenden "Gott-Vater und Jesus und wir in Ewigkeit Amen".
diesen drei Präpositionen "

Darum also zwei Gedanken dazu:

1
Biblisch wird Gott der Vater beschrieben als der, der "über allem und durch alles und in allem ist" (Eph 4,6), also als gleichzeitig transzendent und immanent, allem enthoben, alles überragend und zugleich allem innewohnend, alles durchdringend.
Der sogenannte "Grabspruch des Loyola", der im 17. Jahrhundert in einer Jesuiten-Festschrift zu finden ist und als Vorspruch Hölderlins zu seinem "Hyperion" dient, lautet demgemäß auch:
"Nicht begrenzt werden vom Größten
und dennoch einbeschlossen sein vom Geringsten,
das ist göttlich."1
Gott kann also genannt werden einer, der über alles hinaus und in allem verborgen ist.
Demgegenüber heißt es von Jesus Christus, dass "in ihm" und "durch ihn und auf ihn hin" (Kol 1,16) alles geschaffen wurde, und dass zugleich Gott "mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen" (Kol 1,19) wollte. Die Schöpfung durch den Logos ist ein zumeist mit dem Johannesevangelium verbundener Gedanke, aber auch hier zeigt sich: wenn die Schöpfung "durch" Christus gemacht ist, kann sie auch "durch" Christus den Schöpfer loben.
"Durch" und "in" werden also schon in verschiedener Weise auf das Verhältnis Gottes (des Vaters und des Sohnes) zur Schöpfung und auf das innergöttliche Verhältnis angewendet.

2
Die Gegenwart Christi in den Mahlgestalten von Brot und Wein auf dem Altar wird zum Anlass genommen, um nach dem Dank und den Bitten des Hochgebets in der Gegenwart Christi den Vatergott, der all das schenkt und ermöglicht, abschließend feierlich zu loben – woraufhin die Gemeinschaft mit ihm im symbolischen Mahl in intimster Weise vollzogen wird.

DURCH Christus wird die Dreifaltigkeit gepriesen – laut Duden gibt die Präposition "durch" u.a. die "vermittelnde, bewirkende Person, das Mittel, den Grund, die Ursache an".
Der in der liturgischen Feier anwesende Gottessohn ist ebendas – zuerst mittelnd den Lobpreis bewirkende Person, dann aber auch Grund der Verherrlichung und Ursache des Lobpreises. Vermittels seiner Stellung als Gott-Mensch, eine Stellung in der Mitte der Welt, in welcher er zum Mittler wird, können wir "durch" ihn beten.

MIT Christus ist Gott-Vater und Heiligem Geist Herrlichkeit und Ehre – als menschgewordener Gott ist er Adressat und Absender in einem. Nicht nur dem all-transzendenten Gott in den Höhen und dem überall schwebenden Geist wird das Lob gesungen, sondern "mit" ihnen auch Ihm, dem Sohn. Er ist der Gott mitten unter uns und "mit" uns, der Immanuel. Aber zugleich ist er "mit" seiner auferstandenen Menschlichkeit schon angekommen im Himmel und kann darum "mit" verehrt werden.

IN Christus können die Christen Gott lobsingen – denn nicht nur Brot und Wein zeigen seine Gegenwart an, sondern auch die feiernde Gemeinde selbst stellt den "Leib Christi" dar, "in" dem die Feiernden sind.
Und wenn man, wie oben erwähnt, hinzuzieht, dass Gott "in" seinem menschgewordenen Sohn wohnen will, wird verständlich, dass dieses in-in genau das darstellt, was im Verzehr des eucharistischen Brotes geschieht: im Brot empfangen die Gläubigen Christus, und in ihm Gemeinschaft mit dem Vater.

Himmel über St. Dominicus, Gropiusstadt, Berlin, 2014.

1   Vgl. zum Text, zur Geschichte und zur Deutung A. Keller, Uns vom Größten nicht eingegrenzt und deshalb im Kleinsten ganz zu finden, das ist göttlich. Zu Hölderlins "Hyperion" und ignatianischer Gesinnung. In: GuL 1975 (48), 327-340.