Mittwoch, 7. Oktober 2015

Soldatenfamilienerntedankwochenendgestaltung

Der Blog hat zur Zeit das Nachsehen, denn ich bin zu Genüge mit einer Reihe anderer Dinge beschäftigt. Neben dem Kinde, der täglichen Erwerbsarbeit und vielen kleinen und großen Nichtigkeiten gestalte ich von Zeit zu Zeit auch das Programm von Familienveranstaltungen der Militärseelsorge. Am letzten Wochenende war dies ein Familienwochenende zum Thema "Erntedank". Ein paar meiner Gedanken zum Erntedank in der Familie passen vielleicht auch hierher, zumal passenderweise ja auch die Bischofssynode zum Thema Familie in Rom begann.

Strauß. Neukölln, Berlin, 2015.
Wenn ich das Bild vom Erntedank auf die Familiensituation übertrage, zeigt sich, dass es auch in der
Familie Früchte gibt, die entstehen, indem wir an ihrem Werden arbeiten und indem etwas von selbst wächst. In anderen Worten: wir müssen einerseits etwas tun, damit unser Zusammenleben klappt – und andererseits können wir eine gute Familienatmosphäre nicht anbefehlen, sie muss selbstständig entstehen können.

Was aber sind die guten Früchte eines Familienlebens? Ganz allgemein würde ich formulieren: Alles, was wir aneinander genießen können, was uns gut tut im Zusammenleben. Was das konkret bedeutet, muss jede Familie für sich ausloten.

Natürlich hängt das Bild der Ernte schief, wenn Früchte im Familienleben als etwas konsumierbares angesehen würden, das verschwunden wäre, wenn es genossen ist. Vielleicht hilft eher das Bild der Nektar sammelnden Biene, die aus einer Blüte sammelt und die Blüte unversehrt weiter Nektar produzieren lässt.

Ebenso gilt: wie der Jahreskreis sich weiter dreht, so geht auch das Familienleben weiter und nach Freude und Dankbarkeit über eine "Ernte" muss anderes wachsen und reifen. Wenngleich eine Familie natürlich anders als Natur nicht in erster Linie von Jahreszeiten abhängig ist – bei uns können mehrere Schritte im Zugehen auf eine Ernte gleichzeitig anstehen, wie Pflanzen, Düngen, Beschneiden.
Für die Familie kann das bedeuten:

Pflanzen und den Boden bereiten – Was steht gerade an, was treibt uns aktuell um?
  • Was müsste einmal gründlich umgegraben werden in unserer Familie?
  • Welche neuen Entwicklungen im Familienleben zeigen sich zur Zeit?
  • Was würde ich gern neu beginnen und welche neuen Dinge stehen an, für die wir uns vorbereiten müssen?
Düngen – Was hilft uns wachsen?
Kahle Baumkronen. Jena, 2015.
  • Welche konkreten Unterstützungen oder Werkzeuge oder welchen Schädlingsschutz brauchen wir?
  • Wer kann Dünger sein und an wem hängt das Weiterwachsen unserer Familie auch: Eltern und Schwiegereltern, Arbeitgeber, Gemeinde, Freunde, Nachbarn, Kollegen ... ?
Beschneiden – Was hindert uns am Wachsen?
  • Was müsste am besten beseitigt werden in unserer Familie?
  • Welche Angewohnheiten oder Sitten oder Wörter müssten wir beschneiden?
Ernten – Was nährt uns, woran können wir uns freuen?
  • Wofür kann ich heute dankbar sein, was sind Früchte unseres Familienlebens für mich?
  • Welche Entwicklungen waren überraschend und haben uns als Familie gut getan?

Solche Fragen bieten sich an. Tiefer gehend fielen mir bei einigen "klassischen" biblischen Texten mit dem Erntebild auf, dass sie sich auch für interessante Akzentuierungen und Impulse eignen.
Hier eine Auswahl mit jeweils passenden Fragen für die Reflexion:

"Der Bauer, der die ganze Arbeit tut, soll als Erster seinen Teil von der Ernte erhalten." (2Tim 2,6)

Wer trägt in unserer Familie den Hauptanteil an der Atmosphäre und dem Zusammenleben?
Wer hat etwas von den Mühen für das gemeinsame Leben?

"Hier hat das Sprichwort recht: Einer sät und ein anderer erntet." (Joh 4,37)

Wer hat in unserer Familie etwas davon, wenn sich jemand einbringt und anstrengt?
Gibt es bei uns eine gesunde Aufgabenteilung, wenn es um die Sorge für das Familienleben geht?
Gilt dieses Sprichwort im schlechten Sinn in unserer Familie – leben die einen auf Kosten der anderen?

"Wenn ihr die Ernte eures Landes einbringt, sollt ihr das Feld nicht bis zum äußersten Rand abernten. Du sollst keine Nachlese von deiner Ernte halten. ... Du sollst sie dem Armen und dem Fremden überlassen." (Lev 9,9.10b)

Hat in unserer Familie jede und jeder etwas von den Früchten des Zusammenlebens?
Gibt es einen Überschuss an Gutem, den wir auch anderen zugute kommen lassen könnten?

"Dein Feld sollst du nicht mit zweierlei Arten besäen." (Lev 19,19)

Sind die Prioritäten (der Eltern) sehr verschieden, z.B. in Fragen des Familienlebens oder der Erziehung?
Wird in unserer Familie bisweilen mit zweierlei Maß gemessen?

"Jeder Baum, der keine guten Früchte hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen."
Wachsen oder nicht. Bremen, 2015.
(Mt 7,19)

Wie gehen wir in unserer Familie mit Fehlern um?
Halten wir in der Familie auch Zeiten aus, die (scheinbar) unfruchtbar sind?

Besonders das letzte Jesuswort vom umgehauenen fruchtlosen Baum macht mir in solchen Zusammenhängen besonders zu schaffen – denn einerseits bietet die Bibel auch noch das Bild vom nachsichtigen Gärtner (Lk 13,6ff), andererseits stellt sich die Frage, wer denn über die Qualität der Früchte entscheidet.
Und im Kontext des Gleichnisses vom Unkraut unter dem Weizen mahnt Jesus selbst zur Geduld, wenn er will, dass die Unterscheidung von Frucht und Nichtfrucht bei Gott liegt:

Die eifrigen Knechte fragen: "Sollen wir gehen und das Unkraut ausreißen? Er entgegnete: Nein, sonst reißt ihr zusammen mit dem Unkraut auch den Weizen aus. Lasst beides wachsen bis zur Ernte." (Mt 13,28ff)

Hier drängt sich die Frage auf, wer denn in einer Familie Probleme anspricht – und wie das getan wird, ob mit Geduld oder unter Entscheidungsdruck.

Und neben vielem anderen fragt sich bei "Ernte-Dank" selbstverständlich: Wem können wir alles dankbar sein für das Familienleben?