Samstag, 15. Januar 2022

Dein Wasser reicht gegen den Frust. Predigt zum Weinwunder in Kana (Joh 2,1-11)

Ich kann die Angst vor der Unzufriedenheit der Gäste förmlich spüren. Da sind das ganze Dorf und viele auswärtige Gäste zusammengekommen und wollen feiern. Sie wollen den tristen Alltag endlich mal für ein paar Stunden (oder Tage!) verlassen und es sich richtig gut gehen lassen.
Und dann ist der Wein alle. Das heißt, die Party wird bald vorbei sein.
Was muss das für ein Ärger für die Einladenden sein, wenn sogar schon bis zu den Gästen durchdringt, dass nicht mehr weitergefeiert werden kann! Was für eine Enttäuschung, was für ein Frust.

Aber wozu bei der biblischen Geschichte stehenbleiben?


Enttäuschung - schon wieder nur Wiesen!
Nebel am Fluss, 2021.
Frust, Ärger, Unzufriedenheit, all das kann man auch heutzutage spüren. Selbst wenn man nicht zu irgendwelchen obskuren Demonstrationen geht, die sich Spaziergang nennen.
In dieser Pandemiezeit haben wir reichlich Grund dazu, unzufrieden, ärgerlich und frustriert zu sein.
Wir wollen in den meisten Fällen ja noch nicht einmal große Partys machen, sondern nur in Ruhe unseren normalen Alltag leben.
Und doch ist der Stecker bei vielen Sachen raus. Wein alle. Urlaubsplanung futsch. Und so fort. Sie haben selbst Ihre Erfahrungen gemacht.

Wie geht man also mit der Enttäuschung um? Das ist die große Frage.
In der Geschichte hören wir: Jesus wird von Maria darauf angesprochen, dass es brenzlig wird. Sie kümmert sich also, vertraut ihm. Und obwohl Jesus zunächst unwirsch reagiert, tut er doch, was nötig ist.
Jesus geht es nicht in erster Linie darum, Alkohol zur Party beizusteuern. Jedenfalls nicht als Selbstzweck. Es geht ihm darum, dass die Menschen Freude haben.
Dazu nutzt er das Wasser, das im Überfluss vorhanden ist und die Krüge, die sowieso da sind.

Und bei uns?
Was wird aus unserer Frustration, unserem Ärger über diese scheinbar nie enden wollende Pandemie und all die Einschränkungen, die damit verbunden sind?

Zunächst scheint es gut zu sein, Gott davon zu erzählen, so wie es Maria stellvertretend tut. Vielleicht tun einige das ja im Gebet auch schon und fühlen vielleicht fühlen auch sie sich etwas abgewiesen, so als würde es Gott gar nicht interessieren, was auf dieser Welt los ist.

Aber dann kommt der entscheidende Satz: „Füllt die Krüge mit Wasser!“ (Joh 2,7)
Wie eben schon gesagt: Es ist etwas, das sowieso schon im Überfluss vorhanden ist. Das für ein frohmachendes Leben wertlos scheint.
Anstelle des Wassers könnten nun bei jeder und jedem etwas anderes stehen. Dann wäre es schwierig hier weiter zu predigen.

Was aber haben wir alle, das wir in unsere Krüge fühlen könnten, das im Überfluss da ist und das von Gott verwandelt werden muss?

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Ich glaube, das Wasser der Geschichte können wir leicht übersetzen als unseren Alltag.
Er ist im Überfluss vorhanden, immer da und oft glauben wir nicht, dass er unser Leben wertvoller und freudvoller machen könnte.

Doch genau das hat Gott vor. Unser Wasser reicht für ein frohes Leben. Unser Alltag genügt für das Fest des Lebens.
Denn Gott möchte unser Leben ebenso verwandeln wie Jesus das Wasser zu Wein verwandelt hat.
Er möchte keinen freudlosen inneren Lockdown für dich, sondern lädt dich ein, ihm dein Wasser zu zeigen.

Er will es für dich zu Wein machen und deinen Alltag mit Freude erfüllen.
So. Klingt doch alles wunderbar!
Damit könnte ich enden.
Doch das wäre doch reichlich unkonkret und würde alles sehr im Vagen lassen.
Darum wenigstens ein kleiner Hinweis, was wir dazu tun können.

Abendlicher Blick in den Himmel.
Frankfurt, 2021.
In der Tradition der Jesuiten, der ich nahestehe, gibt es eine Übung am Abend jeden Tages. Es ist der Rückblick auf den Tag. Nicht auf einen besonderen Tag, sondern auf diesen alltäglichen Tag, der gerade vorbei ist.
Wenn Sie sich am Abend ein paar Minuten Zeit nehmen dann können Sie zur Ruhe kommen. Und sich Gott mit einem kurzen Gebet zuwenden.
Dann schauen Sie auf den Tag, auf die einzelnen Stationen – und vor allem auf das, was Sie dabei bewegt hat. Manches wird gelungen sein, anderes nicht. Manche Momente werden hervorstechen, andere nicht.
Gott wollte mit Ihnen diesen Tag leben. Er wollte in Ihrem Alltag bei Ihnen sein.
Verweilen Sie dort, wo Sie angesprochen sind, sei es im Guten oder im Schlechten. Und legen Sie diese Momente des Tages vor Gott hin. Danken Sie ihm, bitten Sie ihn um Vergebung, loben Sie ihn. Je nachdem, was dran ist.
Wenn Sie diese Übung öfter machen, werden Sie auch in Ihrem Alltag schon ein Gespür dafür bekommen, wo Gott Ihnen besonders nahe sein will oder wo Sie Gefahr laufen, besonders weit weg zu driften.
Aber vor allem können Sie in Ihrem Alltag Gottes Spuren entdecken. Und seine Gegenwart schenkt Ihnen Freude.

Jesus tat in Kana in Galiläa sein erstes Zeichen. Es ist im Johannesevangelium der Einstieg in sein öffentliches Wirken. Und es ist ein sehr sympathischer Einstieg. Während er im Markusevangelium als erstes zur Umkehr aufruft, schenkt er hier als erstes einer Hochzeitsgesellschaft Freude.

Ich wünsche Ihnen diese Freude auch in Ihrem Leben!

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