Samstag, 28. September 2019

"Lauft so, dass ihr den Siegespreis gewinnt!" (1Kor 9,24). Vom Üben und Trainieren.

So ähnlich bin ich am Sonntag, dem 29.09.2019, gegen zehn vor 6 Uhr auf Radio rbb 88,8 zu hören:

Wie habe ich es gehasst!
Immer dieses Üben, jeden Tag musste ich wenigstens ein paar Minuten an dieser blöden Gitarre sitzen. Und trotz des Übens war kein wirklicher Fortschritt spürbar. Auf eventuelle Auftritte hatte ich deshalb erst Recht keine Lust.
Alles andere in meinem Leben funktionierte doch auch so einigermaßen, warum also hier diese ganze überflüssige Anstrengung?
Ich konnte also lange Zeit nicht viel anfangen mit dem Thema Üben.
Aus Anlass des heutigen Berlin-Marathons aber möchte ich noch einmal einen neuen Anlauf wagen.

Übung macht den Steinmeister.
Schwante, 2018.
An der Gitarre bin ich nie bis zu dem Punkt gekommen, dass mir das Üben Spaß gemacht hätte. Ich habe immer nur gehofft, dass es irgendwann mal ganz leicht gehen würde. Aber diese Leichtigkeit kam einfach nicht. Und das Üben im jeweiligen Moment machte mir keine Freude.
Später habe ich es dann mit dem Laufen probiert, das lag mir irgendwie näher.
Beim Laufen kam ich schnell an einen neuen Punkt: Ich habe es gar nicht als Übung oder Training empfunden, das mich auf ein fernes Ziel vorbereitet. Sondern im regelmäßigen Laufen selbst habe ich Freude gefunden.
Wahrscheinlich braucht jeder Marathonläufer diese Freude. Denn nur mit innerem Schwung und einer guten Motivation kann man auch die schweren Abschnitte durchhalten.

Der Apostel Paulus hat das christliche Leben mit dem Laufen verglichen und die ersten Christen aufgefordert, sich anzustrengen: "Lauft so, dass ihr [den Siegespreis] gewinnt." (1Kor 9,24)
Denn auch der Kontakt mit Gott besteht darin, ausdauernd zu üben.
Wer es mit dem Beten oder Meditieren schon einmal versucht hat, der weiß, dass es meist einige Überwindung kostet, in der Stille da zu sein. Die Gedanken zu sammeln und sich auf Gottes Gegenwart zu besinnen, braucht Übung.
Und auch hier müssen die anstrengenden Momente ausgehalten werden. Immer wieder machen die Gedanken, was sie wollen und fliehen in alle möglichen Richtungen auseinander. Betende fragen sich, ob es überhaupt etwas bringt. Manchmal gibt es nur Langeweile und keine positive Erfahrung mit Gott im Gebet.
Deshalb brauchen auch Betende Ausdauer und Freude, um sich immer wieder neu zu motivieren – und weiter zu üben.

Beim Marathon treten wohl nur die wenigsten Läufer mit der Vorstellung an, dass sie wirklich den "Siegespreis gewinnen". Die meisten wissen um ihre eigenen Grenzen. Sie wissen, dass auch viel Ausdauer und Freude sie nicht zum Sieg führen werden.
Aber vielleicht suchen sie nach ihrer persönlichen Bestleistung.
So kann man auch die Aufforderung des Paulus verstehen: Lebt so, dass ihr das Beste aus euch herausholt. Gebt alles, was euch möglich ist. Bleibt mit Gott im Kontakt. Übt und trainiert immer weiter. Dann könnt ihr auch die Durststrecken des Lebens durchhalten.

Ich glaube, dass sich jeder und jede dafür die persönliche Übung suchen muss, die passt. Bei mir hat es beim Laufen eher gefunkt als beim der Gitarrespielen. Es ist gut zu wissen, dass nicht alles zu mir passen muss.
Auch beim Beten wird es für die eine ein gesungenes Gebet sein, und für den anderen das Gebet mit Psalmen. Wieder andere schweigen lieber.
Nicht jeder kann eine begabte Gitarristin oder ein enthusiastischer Läufer sein. Aber dort, wo wir innere Freude spüren, können wir uns in Ausdauer üben für unsere persönliche Bestleistung.

Bäume sind beste!
Sowjetisches Ehrenmal, Treptow, Berlin, 2017.

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