Samstag, 5. Oktober 2013

Nutzlos und verschuldet – welch Glück!

Der Kernsatz im Evangelium des heutigen Sonntags (Lk 17,5-10) stellt Gott in das Bild der antiken Sklavenhaltergesellschaft, wobei die Haltung, die aufgrund dessen von uns Christen erwartet wird, von Jesus mit der Haltung von Sklaven gegenüber ihrem Herrn verglichen wird:

Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.“ (v10)


Dieser anstößigen und wenig einladenden Aussage von den Christen als unnützen Sklaven ihres Gottes will ich mich anhand der drei Hauptbegriffe nähern.

„Unnütz“ – Aus Gottes Sicht erbringen die Geschöpfe tatsächlich keinen Mehrwert. Der Eine, der alles erschaffen hat und in Händen hält, steht über den menschlichen Möglichkeiten, ihm etwas einzubringen. Was nicht heißt, dass die Menschen in seinen Augen nichts wert wären. Aber verdienen können sie sich nicht, was er schenkt.
Was wir tun, ist uns vor Gott nicht anrechenbar und insofern nutzlos. Wir bekommen immer mehr als wir verdienen. Und das nur gratis.

„Sklaven“ - Sklaven sind die ganz auf ihren Herrn Angewiesenen. Ob sie nun wollen oder nicht, sie bleiben abhängig und ausgerichtet auf ihren Herrn. Ohne ihn können sie nichts tun. Auch wenn Jesus seine Jünger an anderer Stelle nicht mehr Sklaven, sondern Freunde nennt, weil sie seine Botschaft vom Vatergott gehört haben (Joh 15,15), bleiben sie doch auch darin ganz ausgerichtet auf ihn.
Uns selbst als völlig machtlos und ausgeliefert zu begreifen – das entspricht uns nicht. Und doch ist es letztlich unser größtes Glück, bei Gott sein zu können und ihm zu gehören.

„Schuldigkeit“ – Vergleichbar formuliert Paulus in Bezug auf das menschliche Miteinander: „Bleibt niemand etwas schuldig. Nur die Liebe schuldet ihr einander immer.“ (Röm 13,8) Aus dieser Schuldigkeit, einander mit Ehrfurcht, Achtung, Liebe zu begegnen, kommen Menschen nicht heraus. Einander beigesellt, einander zugeordnet, aufeinander bezogen – als dialogisches Wesen in die Welt gestellt, wäre es für den Menschen typisch, die eigene Bezogenheit auf andere anzuerkennen und Gottes- und Menschenliebe einzuüben. Daraus ergibt sich die Schuldigkeit – dieser Bezogenheit gerecht zu werden.
Wir sind oft nicht so, kapseln uns ab und verschließen uns. Sehen die Not der Flüchtlinge nicht – oder erst, wenn es zu spät ist. Werden mit-schuldig, weil wir unsere Schuldigkeit nicht tun. Richten wir uns jedoch auf Gott und unsere Nächsten aus, erwerben wir zwar keine Ansprüche, aber tun, was eben unser Leben ausmachen sollte.

Vor Gott unnütz sein, machtlos abhängiger Sklave Gottes sein, Schulden bei Gott haben – all das als Gewinn zu erfassen braucht ein hohes Maß an Vertrauen. Darum ist der Satz und der ganze Vergleich Jesu eingebettet in die Bitte der Jünger um Glaubensstärke (v5).

Eine Bitte, der ich mich nur anschließen kann: Schenke mir, Gott, Vertrauen zu Dir, dass ich mich an Deine Liebe ausgeliefert und von ihr getragen weiß. Dass ich Dir nicht Ansprüche entgegentrage, sondern mich von Dir beschenkt weiß. Dass ich die Liebe nicht schuldig bleibe, sondern weitergebe.