Eine Frage leitet das heutige
Evangelium am Dritten Advent (Mt 11,2-11) ein. Der Täufer stellt sie
aus dem Gefängnis heraus an Jesus: "Bist du der, der kommen
soll oder müssen wir auf einen anderen warten?" (v 3)
Mir kam dabei sofort ein Text von Nick
Cave in den Sinn, der dieselbe Frage im Kontext der Beziehung von
Mann und Frau stellt: Bist Du es? "Are you the one that I've
been waiting for?"1
Die große Frage, die sich Liebende
stellen. Ist es jetzt, dass sich mein Leben entscheidet, dass es
eine, dass es die
große Liebe des Lebens tatsächlich ist – "Are you my
destiny?"
Ähnliches fragten sich wohl in den
letzten Wochen die Mitglieder der SPD vor ihrer Entscheidung für
oder gegen die hoch emotionalisierte Große Koalition: Ist dies
die richtige Option für unsere Zukunft?
Stresemann- Ecke Wilhelmstraße, Berlin-Kreuzberg, 2013. |
Die Absolutheit der Frage treibt
Johannes ebenso um: Hat er seine Aufgabe erfüllt und kann beruhigt
sein, dass der Angekündigte, der Erwartete nun tatsächlich da ist?
Johannes, so wird seine Frage
eingeleitet, "hörte im Gefängnis von den Taten Christi"
(v 2) und will Sicherheit darüber, ob er die Zeichen richtig deutet.
"Is this how you'll appear?"
fragt genauso der Sänger und gibt gleich darauf ein Kriterium: "My
soul has comforted and assured me".
Comfort – den Trost der Seele
bezeichnet auch Ignatius von Loyola als die beste Möglichkeit, die
inneren Regungen und Geister zu unterscheiden und zu verstehen, was
sich unter der Oberfläche der Emotionen und Neigungen alles tummelt
– und in welche Richtung es letztlich führt. Unter Trost
versteht Ignatius anhaltenden inneren Frieden und gelassene Freude,
die näher zu Gott führen.2
Wer sich auf einen geistlichen Weg
begibt und nach Antwort auf die sich stellenden verschiedenen
Lebensfragen sucht, wird nach dieser inneren Tröstung schauen, die
Hinweis auf eine Antwort sein kann.
Trotz all der Geschichten, die Johannes
über Jesus berichtet werden, scheint er noch keine letzte Klarheit
zu haben über diesen ungewöhnlichen Mann. Der Wunsch nach sicherer
Gewissheit, die alle Zweifel ausräumt, treibt auch die Liebenden um,
die Nick Cave im Lied in schöne, fragende Bilder gekleidet hat:
O we will know, won't we?
The stars will explode in the sky,
but they don't, do they?
Stars have their moment and then they die.
Stars have their moment and then they die.
Werden wir es als gewaltige mentale
Sternenexplosion erleben, wenn es die richtige Person ist? Oder ist
der Vergleich zu weit gespannt, sterben nicht die Sterne zu schnell
für die Sehnsucht der Liebenden? Bleibt am Ende ein Trost, wenn die
Emotionen aufschäumend knallen? Politisch gewendet: Welcher Trost
bleibt am Ende einer Parteien-Vernunftehe, die halb gewollt, halb
machtpolitisch notwendig erscheint? Wer hat am Ende wirklich etwas
davon?
Füße des Täufers, [Ausschnitt aus: Bartolomeo Montagna, Der auferstandene Christus mit Maria Magdalena, sowie den hll. Johannes d.T. und Hieronymus.Um 1492.], Gemäldegalerie Berlin, 2013 |
Jesus antwortet dem Johannes mit dem
Kriterium der Frucht, das ihm auch im Blick auf andere Menschen
wichtig ist (vgl. Mt 7,15-20), nämlich mit dem, was zu hören und zu
sehen ist: "Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige
werden rein und Taube hören; Tote werden auferweckt und den Armen
wird das Evangelium verkündet." (v 5)
Ihre Tröstung ist Klarheit genug: Er
ist es.
Kein Star, dessen Leuchten rasch wieder
verglüht, sondern der Tröster.
1 Vgl.
den Song auf der CD "The boatman's call:
http://www.nickcave.com/music/nickcaveandthebadseeds/the-boatmans-call/
2 Vgl.
Ignatius von Loyola, Geistliche Übungen und erläuternde Texte.
Leipzig 1978, Nr. 316.
Oder, theologischer: "Echter Trost ist getragen vom Glauben an einen Gott, der nicht in sich ruht, sondern lebendige Begegnung ist und dies in der Schöpfung und in seinem Heilswirken erkennen lässt, ist getragen von der Hoffnung auf Gott, der den langen und schmerzhaften Prozess der Rückkehr von Schöpfung und Mensch geduldig und treu begleitet und führt, von der Liebe zu Gott, der durch das Paschamysterium Jesu Christi diesem Prozess eine definitive, wenn auch noch nicht abgeschlossene Richtung gegeben hat." (H. Zollner, Zunahme an geistlicher Tröstung (EB 316). Wesen und Kriterien der ignatianischen "Unterscheidung der Geister", GuL 2005, 264–279, hier: 274.)
Oder, theologischer: "Echter Trost ist getragen vom Glauben an einen Gott, der nicht in sich ruht, sondern lebendige Begegnung ist und dies in der Schöpfung und in seinem Heilswirken erkennen lässt, ist getragen von der Hoffnung auf Gott, der den langen und schmerzhaften Prozess der Rückkehr von Schöpfung und Mensch geduldig und treu begleitet und führt, von der Liebe zu Gott, der durch das Paschamysterium Jesu Christi diesem Prozess eine definitive, wenn auch noch nicht abgeschlossene Richtung gegeben hat." (H. Zollner, Zunahme an geistlicher Tröstung (EB 316). Wesen und Kriterien der ignatianischen "Unterscheidung der Geister", GuL 2005, 264–279, hier: 274.)