In der kirchlichen Liturgie wird
immerzu Advent gefeiert. Auf die Ankunft Jesu jedenfalls verweist
eine Reihe von liturgischen Texten.
Tabernakel, St. Clara, Nürnberg, 2012. |
1
Die Feiernden singen im Sanctus:
„Hochgelobt ist der, der kommt im Namen des Herrn.“
In Anlehnung an Ps 118,26 nimmt das
Neue Testament diesen Ruf auf, wenn Jesus in Jerusalem einzieht und
die Menschen ihm huldigend zurufen (vgl. Mt 21,9).
Die Liturgie wiederum bezieht sich
damit zuvörderst auf Christus, der nun in der Eucharistie kommen
wird. Das Sanctus bereitet die Singenden vor auf die heiligen
Handlungen, die folgen und stimmt ein auf das Stehen im Angesicht der
Engel und Heiligen.
2
Doch auch die Eucharistie ist
ausgestreckt nach der vollendeten Fülle des herrlichen Kommens
Christi am Ende der Zeit. Selbst in der Gegenwart des eucharistischen
Christus streckt sich die Kirche nach ihm aus.
Denn nach der Wandlung sprechen die
Feiernden als Geheimnis ihres Glaubens: „Deinen Tod, o Herr,
verkünden wir, und Deine Auferstehung preisen wir, bis Du kommst in
Herrlichkeit.“
Das Ankommen Gottes in der Eucharistie,
dieses Kommen, das den Gläubigen durch Tod und Auferstehung
zugesichert wird, feiert die Kirche, solange seine Herrlichkeit die
Gläubigen noch nicht gänzlich erfüllt hat, solange sie noch nicht
ganz in seiner Herrlichkeit angekommen sind.
Oder vielleicht besser: solange wir
Menschen noch nicht deckungsgleich mit seiner Herrlichkeit sind,
solange wir nicht seine Herrlichkeit sind – bis dahin muss seine
Hingabe an die Welt verkündet und gefeiert werden.
Denn erst dann ist er ganz angekommen,
erst dann ist Gott wirklich ganz bei uns.
Bruder-Klaus-Feldkapelle von Peter Zumthor, Wachendorf, 2013. |
3
Schließlich das Tischgebet vor dem
Empfang der Gaben: „Dein Reich komme“ betet die Feiergemeinde im
Vaterunser, „adveniat regnum tuum“ spricht der fromme Lateiner,
„dein Reich schon im Kommen“ dichtet Huub Oosterhuis.1
Trotz angebrochenem und kommendem Reich
brauchen die Beter dabei doch das „tägliche Brot“, um das
anschließend gebetet wird.
4
Im Fleischwerdungsgeschehen der
eucharistischen Wandlung schließlich geschieht in jeder
Eucharistiefeier ein kleines Weihnachten. Gottes Wort kommt in die
Welt und wohnt unter den Menschen. Das bezeugt auch die „Brotrede“
des Johannesevangeliums, „wo die Eucharistie als sakramentale
Verlängerung und Vergegenwärtigung der Inkarnation erscheint.“2
Die Theologie vieler griechischer (und
lateinischer) Kirchenväter hat in erster Linie daraus geschöpft,
dass Gottes Bewegung und Tun in Inkarnation und Eucharistie analog
sind.
Kurz: Gott wird Fleisch.
Seine stets gegenwärtige Ankunft ist
es, die in jeder Eucharistiefeier jubilierend gefeiert werden kann.
1 Vgl.
Huub Oosterhuis, Ich steh vor dir. Meditationen, Gebete und Lieder.
Freiburg i.Br. 2004, 118.
2 M.
Figura, Eucharistie als sakramentale Inkarnation. In: IKaZ 1/2003,
43-58, hier: 46. Ebd.ff auch Beispiele zum Folgenden.