Karl Rahner hat Ignatius von Loyola in
seiner unnachahmlichen Weise eine feurige Rede in den Mund gelegt, in
der dieser heutige Jesuiten darauf hinweist, wie sein Wirken zur
größeren Ehre Gottes und im Dienste der Kirche zu verstehen ist.
Besonders die Frage, wie die Begegnung
mit dem lebendigen Gott im Leben der einzelnen Menschen fruchtbar
werden kann, steht im Zentrum des Textes "Das Alte neu sagen".1
Hier einer der zentralen Gedanken zum
Verhältnis von Kirche und Erfahrung Gottes, in dem sich
ignatianisches Denken und Rahnersche Theologie grandios mischen:
Theaterbühne auf dem Theaterplatz, Weimar, 2014. |
"Da ist der Boden eines
Herzens. Soll er ewig zu Unfruchtbarkeit verdammt werden, eine Wüste,
in der die Dämonen hausen, oder ein fruchtbares Land, das Früchte
der Ewigkeit bringt? Die Kirche, so kann es einem scheinen, errichtet
ungeheure und komplizierte Bewässerungssysteme, um das Land dieses
Herzens zu bewässern und fruchtbar zu machen, durch ihr Wort, ihre
Sakramente, ihre Einrichtungen und Lebenspraxen. Nun sind alle diese
"Bewässerungssysteme", wenn man einmal so sagen darf,
sicher gut und notwendig (selbst wenn auch die Kirche selber gesteht,
daß auch dort ein solcher Herzensboden Früchte der Ewigkeit bringen
kann, wohin die "Bewässerungsanlagen" der Kirche nicht
gediehen sind). Natürlich ist dieses Bild mißverständlich.
Selbstverständlich hat das Tun der Kirche in Evangelium und
Sakrament Aspekte, Gründe und Notwendigkeiten, die mit diesem Bild
nicht deutlicher werden.
Aber bleiben wir bei diesem Bild. Da
meine ich dann: neben diesen gleichsam von außen kommenden, von
außen eingeleiteten Wassern, die dieses Land der Seele tränken
sollen (ohne Bild: neben den religiösen Indoktrinationen, über die
Sätze von Gott und seinen Geboten hinaus, über all das hinaus, was
als anderes nur auf Gott hinweist, wozu auch Kirche, Schriftwort,
Sakrament usw. gehören), gibt es gewissermaßen eine Tiefenbohrung
auf diesem Land selbst, so daß aus einer solchen Quelle, so erbohrt,
inmitten dieses Landes selbst die Wasser des lebendigen Geistes
emporsprudeln in das ewige Leben, wie es doch eigentlich bei Johannes
schon steht. Wie gesagt, das Bild ist schief; es gibt keinen letzten
Gegensatz zwischen dieser eigenen Quelle und dem "Bewässerungssystem"
von außen her.
Selbstverständlich bedingen sich
diese beiden Wirklichkeiten gegenseitig. Aller Anruf von außen im
Namen Gottes (ein anderes Bild) will nur die innere Selbstzusage
Gottes selber deutlich machen, und diese bedarf auch jenes Anrufes in
irgendeiner irdischen Gestalt, wenn auch diese viel vielfältiger und
bescheidener sein kann als es früher eure Theologen erlaubten; wenn
auch ein solcher Anruf von außen, ein Anruf der Verantwortung, der
Liebe und Treue, eines selbstlosen Einsatzes für Freiheit und
Gerechtigkeit in der Gesellschaft, viel weltlicher klingen mag als
eure Theologen es gerne hören würden.
Aber, eigensinnig betone ich es
immer wieder: Solche Indoktrinationen und solche Imperative von
außen, solche Zuleitungen der Gnade von außen nützen im letzten
nur, wenn sie der letzten Gnade von innen her begegnen."
1
K. Rahner, Das Alte neu sagen. Eine fiktive "Rede des Ignatius
von Loyola an einen Jesuiten von heute". In: Schriften zur
Theologie XV. Wissenschaft und christlicher Glaube. Zürich /
Einsiedeln / Köln 1983, 373-408.