Aus gegebenem Anlass habe ich mir diese
Woche den letzten Film von Michael Haneke angeschaut: "Liebe"
– ein Drama von zwei Menschen und ihrem gemeinsamen Weg im hohen
Alter. Wie sich das Zusammenleben in Spannung und Entspannung, in
Zärtlichkeit und Scham, Zuwendung und Hilflosigkeit vollzieht, das
ist grandios erzählt und gespielt.
Aber auch die Konsequenzen der
Liebe, beispielsweise in der Pflege des kranken Partners und die
Herausforderungen und Grenzen menschlichen Wollens werden gezeigt.
Was fordert die Liebe? Das Nichts-tun-Können aushalten? Zarter
werden? Nur da sein? Zeigen, dass etwas getan werden muss?Überwölbung, Hauptbahnhof Dresden, 2014. |
Und was folgt nach jahrzehntelanger
Gemeinsamkeit für denjenigen, der nach dem Tod des anderen dann
übrigbleibt? Nicht umsonst schreibt Mascha Kaléko in ihrem Gedicht
"Memento" – "Bedenkt: den eignen Tod, den stirbt
man nur, doch mit dem Tod der andern muss man leben."
Aushalten, dass man allein
zurückbleiben muss, kann vielleicht noch einmal ein Zeichen der
Liebe sein.
Das führt mich zu einem zweiten
Gedanken, der mich aktuell beschäftigt, nämlich der Text
desVermählungswortes nach dem römisch-katholischen Ritus. Da heißt
es:
"N., vor Gottes Angesicht nehme
ich dich an als meine Frau / meinen Mann.
Ich verspreche dir die Treue in
guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns
scheidet.
Ich will dich lieben, achten und
ehren alle Tage meines Lebens."
Und dann beim Anstecken des Eheringes:
"Trag diesen Ring als Zeichen
unserer Liebe und Treue: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des
Heiligen Geistes."
Zunächst fiel mir auf, was da
versprochen wird und was nicht – Treue ist das ausschlaggebende
Wort, die näherliegende Liebe dagegen wird nicht versprochen,
vielleicht weil es hier beim Versprechen des Versuches bleiben
müsste. Treue dagegen ist nicht nur eine erwünschte Haltung,
sondern viel stärker willentlich beeinflussbar. Wie die Liebe muss
auch sie sich praktisch bewähren.
Beider Zeichen ist der Ring, dessen
äußere Gestalt der Beständigkeit und der Verbundenheit sich
liebevoll und treusorgend im inneren, im alltäglichen Leben, äußern
soll. Äußere Form und innere Wahrheit hängen zusammen.
Damit die geschlossene Form des runden
Ringes nicht zum Paaregoismus führt, endet die Sequenz im Namen des
dreifaltig-einen Gottes, nach dessen Abbild sich die Liebe gestalten
soll.
Am Beginn des Versprechens steht
wiederum das Bewusstwerden, nicht losgelöst im leeren Raume zu
stehen, sondern "vor Gottes Angesicht". Seine Gegenwart
trägt alles.
Und er soll Begleiter sein in allen
Lebenslagen, für die die Treue besonders nötig ist, "bis
der Tod uns scheidet". Für den Fall des Todes gilt die Ehe
als beendet. Die Verpflichtung der Treue erstreckt sich für den
Hinterbliebenen also nicht über den Tod des Partners hinaus. Aber
(!) die Willensbekundung, den anderen "lieben, achten und
ehren" zu wollen reicht darüber hinaus: "alle Tage
meines Lebens" und nicht "alle Tage deines Lebens".
Ein markanter Unterschied! Dies ehrlich
zu wollen (und erst recht es zu leben) ist keine kleine
Herausforderung.
Zum Glück steht alles unter dem Segen
Gottes, dessen Leben den Menschen zugesagt ist:
"Wo unter
Christen geheiratet wird, wo ein Zeichen der untrennbaren Liebe in
dieser Welt aufgerichtet wird, das ein Hinweis auf die erlösende
Liebe Christi zu seiner Kirche ist, da geschieht Gnade, das heißt,
geschieht göttliches Leben, (...) da fängt eine neuere tiefere
Dynamik durch den heiligen Geist Gottes an, der diese beiden weiter
und tiefer hinein in das Leben Gottes tragen kann".1