Wie oft hat mich diese
Frage überfordert!
"Liebst du mich
mehr als diese?" (Joh 21,15)
Wann immer ich in
der Vergangenheit bei Schriftbetrachtungen oder Exerzitien mit dieser
Frage Jesu an Petrus aus dem heutigen Sonntagsevangelium
(Joh 21,1-19) konfrontiert war, fühlte ich mich in der Pflicht. Damals, als
Seminarist oder Ordensmann, hatte ich das Bedürfnis, ebenso wie
Petrus antworten zu können. Und hinter dem Bedürfnis stand ein
unausgesprochener Druck, genauso müsse es sein – wenn ich Jesus
folgen will, dann muss ich auf die Frage nach der Liebe auch
antworten können wie der Erste der Apostel: "Ja,
Herr, du weißt, dass ich dich liebe."
(Joh 21,15)
Flammen in der Asche. Schwante, 2018. |
Oder ist es gar keine
Unsicherheit, die aus der Frage spricht, sondern soll dieses Gefrage
ein Test sein? Das wäre ja noch schlimmer! Ich muss geprüft werden,
ob ich wirklich würdig bin? Ist das die Basis der Beziehung?
Was es auch ist: Für den
Gefragten stellt sich bei solch einer Befragung kein gutes Gefühl
ein.
Vielleicht kommt auch aus
diesem unbewussten Hintergrund mein damaliges Gefühl der
Überforderung, das ich mir nur ungern eingestehen wollte.
Wie wäre die Frage Jesu
nun zu retten?
Beim Blick auf Petrus, den
Einzigen, der sich aus der Lethargie der nachösterlichen Depression
reißt und wieder fischen geht (v3), auf denjenigen, der sofort ins
Wasser springt, als er endlich merkt, dass Hoffnung auf einen
Neuanfang besteht (v7), auf ihn, der das zum Bersten gefüllte Netz
an Land ziehen kann (v11), beim Blick auf diesen Petrus klärt sich
einiges.
Jesus fragt seinen besten
Mann: Petrus hat viel Einsatz gezeigt und ist ein engagierter
Anpacker.
Dass Jesus gerade ihn
trotzdem fragt, zeigt doch, dass es um mehr als um Engagement geht.
Jesus sagt quasi: Deines
Einsatzes bin ich mir schon sicher, den hast du oft genug gezeigt.
Aber ich will nicht nur deinen Einsatz, sondern dein Herz. Denn auf
dem Einsatz kann man sich leichter ausruhen, als es von außen
aussieht. Auch wer Pfarrer oder Ordensschwester werden will (oder
ist), kann mit äußerem Einsatz viel überspielen, wo innerlich
längst alles ausgebrannt ist.
Insofern ist die Frage
auch als eine kritische Selbstvergewisserung zu sehen: Bin ich
wirklich noch aus dem richtigen Grund dabei? Nicht für mich und mein
Ego, sondern für ihn? Bin ich an der Beziehung interessiert oder an
meinem Status?
Und weil wir uns bei
dieser Frage schneller in die Tasche lügen als wir zugeben wollen
(oder auch nur merken!), fragt Jesus lieber mehrmals.
Insofern geht es nicht um
den Druck, die richtige Intensität im Glauben zu haben (wie es
manche freikirchlich geprägte Spiritualität insinuiert), sondern
dann wäre der Hintergrund der Frage die nach der grundsätzlichen
Ausrichtung meines christlichen Lebens. Und das christliche Leben
besteht im Kern nicht im Abhaken von Listen oder im Festhalten an
Richtigkeiten, sondern in einer Beziehung.
Heute kann ich die Frage
auch als Wertschätzung verstehen.
Denn Jesus zeigt durch seine
Fragen auch: Du bist mir wichtig. Es ist egal, ob du manchmal etwas
Hilfe brauchst, bis du merkst, was los ist (v7). Es ist egal, wenn du
nicht immer durchhältst (vgl. Joh 18,17-27).
Zu dir bin ich jetzt
gekommen.
Genau dich will ich nahe bei mir haben.
Sei dabei!
Auch du gehörst dazu! Niedergrunstedt, 2017. |