Donnerstag, 2. Mai 2019

Vom Kern des Auferstehungsglaubens – Kurz gefasst von Medard Kehl

Alle paar Jahre wieder wird berichtet, wie schwer sich deutsche Christen mit dem Glauben an die Auferstehung und ein Leben über das irdische Leben hinaus tun.
Gerade in der Osterzeit ist das ein besorgniserregender Befund.

Begründet ist die Skepsis vieler Getaufter zum Einen mit dem um sich greifenden naturalistischen Weltbild, das sich als metaphysikfreie Welterklärung ohne Himmel anbietet. Dazu habe ich an anderer Stelle die spannenden Überlegungen von Holm Tetens angedeutet.

Zum Anderen versteht sich ein solcher Unglaube immer noch und immer wieder als Aufstand gegen die mythische Sprache von Bibel und Tradition.

Berührt sich da was?
Baustelle, Wildau, 2019.
Da sind die Erzählungen von den wundersamen Erscheinungen Jesu, vom leeren Grab, von sich während der Kreuzigung öffnenden Gräbern und viele weitere Sprachbilder, die auch in mir bisweilen Widerspruch wecken, wenn ich sie wörtlich verstehe.

Und manchmal verbauen diese alten Bilder den Weg zum Kern des Auferstehungsglaubens.
Medard Kehl, emeritierter Professor für Dogmatik an der Hochschule der Jesuiten St. Georgen, hat sich die Frage nach diesem Kern in einer Predigt gestellt.

"Worin aber besteht dieser Kern?
Er kommt für mich gut in dem deutschen Wort „Aufheben“ zum Ausdruck. Dieses Wort hat ja drei Bedeutungen:

1. Aufheben = Bewahren. Das erhoffe ich für uns nach unserem Tod: Von unserem Leben hier auf Erden wird all das im Leben Gottes bewahrt, was uns kostbar und wertvoll war, vor allem, was wir im Geist der Liebe und der Wahrhaftigkeit getan oder erlitten haben.

2. Aufheben = Außer-Kraft-Setzen (z. B. Gesetze oder Regeln). Bei den Verstorbenen setzt Gott all das außer Kraft, was dieses Leben hier oft so schwer macht: Unsere Schuld wird vergeben, Leid und Schmerz werden zu Ende sein und alle Tränen wird Gott von unseren Augen abwischen.

3. Aufheben = Hochheben. Die Verstorbenen, die in das Dunkel des Todes hinabgefallen und ganz unten, ganz am Ende sind, werden von Gott aufgehoben, aufgenommen in das wunderbar wärmende und bergende Licht der Liebe des dreifaltigen Gottes. Ein Licht, das uns mit unserem vergangenen Leben, mit seinen Konflikten, Mühseligkeiten und Enttäuschungen endlich versöhnt und so auch endlich zur Ruhe kommen lässt. Das aber ist keine Friedhofsruhe, kein ewiger Schlaf, sondern der Friede eines mit Gott und der Welt versöhnten Daseins."

Abseits der mythischen Sprache also wird Auferstehung in diesen verschiedenen Dimensionen für uns Menschen sichtbar.
Jene, die lieber ohne Metaphysik leben, wird dies wohl nicht überzeugen.
Andere aber mag eine solche Sprache vielleicht eher ansprechen als die bildreiche Sprache der Bibel. Für sie ist dies geschrieben.

Ein Sprung über die Grenzen der eigenen Zweifel hinaus ist allemal vonnöten.

Bilderarmes Bild.
Himmel über dem Hamburger Hauptbahnhof, 2015.