Jesus verkündet den Evangelien am Ende
des Kirchenjahres eine Zeit, in der alles endet.
Vom Tempel, der wichtigsten Stätte der
Gottesanbetung für Israel über die Beziehungen zwischen den Völkern
und diverse Klimakatastrophen auf der Erde bis hin zu den
traditionellen Familiengefügen – alles wird auseinanderfallen (Lk
21,5-19).
Die Endlichkeit gilt für alles, nicht
nur für den Menschen!
Andreas Knapp sieht die Schöpfung
angesichts ihres Vergehens selber trauern.
sunt lacrimae rerum*
Am Ende ein kahler Ast. Zinnowitz, 2019. |
nach millionen von jahren
werden selbst die steine weich
und bitter schmeckt das meer
sammelbecken unsichtbarer tränen
winde heulen haben heimweh
in einem letzten zucken
verglüht der sternenstaub
wunschlos traurig
am übernächtigten himmel
unhörbar das schluchzen
der steine und sterne
weltschmerz wohnt
in allen elementen
die dinge haben
ihre tränen
wessen tränen aber
sind wir menschen
* "Die Dinge haben ihre
Tränen." (Virgil)1
Jesus spitzt seine Darstellung der
Situation auf den Glauben hin zu – angesichts des großen Zerfalls
wird den Jüngern verheißen: "Wenn ihr standhaft bleibt,
werdet ihr da Leben gewinnen." (v19)
Vielleicht bedeutet Standhaftigkeit im
Sinne des Gedichts manchmal einfach die Traurigkeit der Welt
auszuhalten. Glaube wäre dann: Gottes Schmerz in der Schöpfung nicht wegschieben.
Oder eben: Eine Träne Gottes zu sein
angesichts dessen, was wir selbst unserem Planeten antun.
Aber das ist ein ganz anderes Thema.
1 A.
Knapp, Beim Anblick eines Grashalms. Naturgedichte. Würzburg 2017,
16.
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