Sonntag, 20. Februar 2022

Die österreichische Sitzbank. Von Sinnsprüchen und Feindesliebe


Während meiner Exerzitien (gerade beendet) war ich zwischen den Gebetszeiten viel im österreichischen Wald unterwegs. Schnee so weit das Auge reichte, aber auch erste Durchbrüche der kleinen Tannen durch die Schneedecke. Eine echte Freude! 

Und an den Wanderwegen stehen viele Bänke, die (bei anderen Temperaturen) zum Verweilen einladen. Und das tun sie nicht gerade zurückhaltend, sondern mit flotten Sprüchen: „Schön, dass du da bist“ steht dort oder „Zeit zum Genießen“ oder auch „Schöne Aussicht“. Aber auch weniger sitzbezogene Sinnsprüche finden sich: „Let it be“ und „Vertraue dir“ oder „Tief durchatmen“ wird den Wanderern da geraten. 


In einer Gegend, die außerdem noch mit vielen Kapellen und Wegekreuzen oder Marienbildern aufwarten kann, setzen diese Bänke einen frischen und launigen Ton. 

Und ich frage mich, warum wir Christen das meistens nicht schaffen. Warum wird unsere lebensbejahende Botschaft nicht viel besser in Szene gesetzt? Warum steht die Botschaft eines liebenden Gottes so oft hinter einer Moralschranke? Oder unter einem blutigen Gekreuzigten?


Natürlich liegt manches davon in unserer Botschaft begründet. Wahrscheinlich hatte manches auch mit kirchlicher Macht und mit einer ganz bestimmten, uns heute nicht mehr so sehr zusagenden Perspektive auf die christliche Botschaft zu tun. 


Aber als ich dann das heutige Evangelium (Lk 6,27-38) hörte, traf mich noch eine Einsicht. „Liebt eure Feinde“ hieß es da, „Segnet die, die euch verfluchen“ und „Verurteilt nicht“. Und das ist nur ein Bruchteil der zu verlesenden Aufforderungen. 

Da spricht eine Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit, die mich herausforderte. (Und auch etwas überforderte.)


Wahrscheinlich aber passt eine solche Ernsthaftigkeit besser in die Realität der Welt, wie sie nun einmal ist, mit ihren Konflikten, Kriegen und Katastrophen. Die Bibel kennt die Welt ganz genau. Ein lockerer Spruch auf einer Bank wie „Heute ist ein guter Tag“ mag zwar auf einem Wanderweg erheitern (wobei auch Wanderwege ziemlich anstrengend sein können!), allerdings trägt er in Not- und Krisensituationen vielleicht nicht besonders weit. 


Muss er auch gar nicht, deshalb steht er ja auf einer Sitzbank. 

Christsein aber ist nicht nur für Wanderwege, sondern für das ganze Leben gedacht (ja, auch für die Politik). 

Vom Schwung der Wanderwege und ihrer Bänke können wir uns als Christinnen und Christen aber gern etwas mitnehmen in unsere Verkündigung und in die harte Welt. 


Feindesliebe: Ersatzlos. 


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