Samstag, 1. Juni 2019

Ohne Legitimität und Glaubwürdigkeit. Kirchen und Parteien im Angesicht der Jugend

Kirchen und Parteien haben die Jugend verloren.

In den Gotteshäusern ist das schon seit langer Zeit zu besichtigen. Für die in Parteien organisierte Politik zeigt sich der Riss gerade besonders schmerzhaft anhand der Fridays for future, des Wahlverhaltens der Erstwählerschaft, der Debatte um die Uploadfilter und zuletzt der Rezo-AKK-Krise.

Auch wenn SPD und CDU sich weiterhin Volksparteien nennen und die Kirchen sich in manchen Regionen immer noch volkskirchlich fühlen, würde ein gesunder Realismus doch gebieten, den Relevanzverlust der großen Institutionen einfach anzuerkennen.

Da muss noch ein bisschen was getan werden, damit...
Parallel zum Bedeutungsverlust der großen Akteure steigt jedoch das Interesse an bestimmten großen Fragen wieder – jedenfalls ist der Klimawandel ein Thema, das Jugendliche ungeheuer politisiert.

Denn weder inhaltlich noch medial ist der Spalt zwischen den Generationen – es ist in erster Linie fehlende Glaubwürdigkeit. Parteien und Kirchen fehlt einfach die Legitimität, um zur Jugend zu sprechen. Sie haben der Jugend nichts mehr zu sagen.

Dabei geht es ja mindestens bei der Klimafrage inhaltlich genau um etwas, das auch vielen parteipolitisch Engagierten am Herzen liegt, nur eben nicht in der Weise wie der Jugend.

Und rein formal geschieht mit den Jugendlichen genau das, was Jesus im Sonntagsevangelium (Joh 17,20-26) formuliert: Aus der Einsicht in die alles verschlingende Klimakrise werden alle eins (vgl. v21). Alle anderen Fragen, die trennend wirken könnten, bleiben hinter der drohenden Apokalypse zurück.

Das ist die säkularisierte Erfüllung der Bitte Jesu: die Begeisterung für die eine gute Sache erreicht die Herzen. Voller Sehnsucht nach einem großen Ziel vereinigen sie sich. Für diese Sache schrecken sie auch vor Konflikten und Anfeindungen nicht zurück. Selten sonst findet man solch einen Einsatz.

Das müssten Kirchen und Parteien wohl lernen: Mit einem Thema, das mitreißt, können sie viele junge Menschen erreichen, wenigstens für eine gewisse Zeit.
Und gerade die Kirche hat in ihrer Botschaft enormes Potenzial.
Die überbordende und sich verschenkende, die zu Herzen gehende und herzerweichende "Liebe, mit der du mich geliebt hast", sagt Jesus, soll "in ihnen" sein, damit auch "ich in ihnen bin." (v26)

Das ist doch ein Pfund, mit dem gewuchert werden muss!
Tut es "die Kirche"? Tue ich es?
Ich gestehe, auch ich rede zu wenig von der Liebe, zumal von der Liebe Gottes, die alles umgreift und uns wirklich und für immer eins machen will. Aber ich glaube, dass in der Liebe, verkündet und gelebt in Wort und Tat (!), der Schlüssel zum Herzen junger Menschen liegt.

...das wieder eins wird.
Reste eines grünen Balles, Neukölln, Berlin, 2019.